Erlangt ein beschränkt geschäftsfähiger Minderjähriger durch die unentgeltliche Zuwendung eines Grundstückes einen lediglich rechtlichen Vorteil gem. § 107 BGB?

Folgen und Auswirkungen des Meinungstreites


1. Ansicht - Schenkung von Grundstück ist kein rechtlicher Nachteil1

Nach dieser Ansicht stellt die unentgeltliche Zuwendung eines Grundstückes an einen Minderjährigen keinen rechtlichen Nachteil dar.

Argumente für diese Ansicht

Gesamtbetrachtung der Verträge

Bei Gesamtbetrachtung des schuldrechtlichen und des dinglichen Vertrages ist abzuwägen, ob das Geschäft lediglich rechtlich vorteilhaft ist. Entscheidend bei dieser Abwägung ist, den Minderjährigen vor einer Gefährdung seines Vermögens zu schützen. Die persönlichen Verpflichtungen eines Grundstückseigentümers sind hierbei unter dem Aspekt ihrer Begrenzung zu betrachten. Ergibt sich bei dieser Betrachtung keine Gefährdung des Vermögens des Minderjährigen, etwa durch eine persönliche Haftung des Eigentümers bei belasteten Grundstücken.

Bloß theoretische Möglichkeiten

Bei der Beurteilung eines lediglich rechtlichen Vorteils muss bei zukünftigen Ereignissen auf die bloß theoretischen Möglichkeiten abgestellt werden. Die Prognosenmöglichkeit muss hierbei beachtet werden, so sind bestehende Ansprüche zu berücksichtigen, auch wenn ihre Geltendmachung wenig wahrscheinlich ist und im Hinblick auf den Zeitraum bis zur Volljährigkeit abzuwägen.

Ungefährliche Rechtsnachteile

Für das Vermögen des Minderjährigen sind auch solche Rechtsnachteile, die den wirtschaftlichen Zuwachs den die Übertragung des Grundstückes mit sich bringt lediglich aufzehren, sind als rechtlich Vorteilhaft zu sehen.

2. Ansicht - Schenkung von Grundstück ist nicht lediglich rechtlich vorteilhaft2

Nach dieser Ansicht stellt die unentgeltliche Zuwendung eines Grundstückes an einen Minderjährigen keinen lediglich rechtlichen Vorteil dar.

Argumente für diese Ansicht

Mittelbare Nachteile

Als Grundeigentümer bestehen mittelbare Nachteile im Hinblick auf das Grundstück. So muss der Minderjährige als Grundeigentümer z.B. gem. § 823 ff BGB haften. Ebenso sind unmittelbare mit dem Erwerb des Grundstückes Steuern und Abgaben verbunden. Weiterhin sind mit Grundbesitz untrennbar auch öffentliche Lasten verbunden, die der Eigentümer - demnach der Minderjährige - leisten muss.

Grunderwerb kann nie vorteilhaft sein

Die Schenkung als solches ist als lediglich rechtlich vorteilhaft zu sehen, denn diese bringt keinen Nachteil für den Minderjährigen mit sich. Jedoch wird der Minderjährige als neuer Eigentümer im Nachgang an die Schenkung mit Belastungen, in Form von öffentlichen Lasten, konfrontiert, die dem Minderjährigenschutz in keinster Weise entsprechen. Weiterhin haftet der Minderjährige mit seinem Vermögen für diese öffentlichen Lasten, schon allein deswegen kann der Grunderwerb nicht lediglich rechtlich vorteilhaft sein.

Gesamtbetrachtungslehre verstößt gegen die Prinzipien des BGB

Die Gesamtbetrachtungslehre verstößt eklatant gegen das Trennungs- und Abstraktionsprinzip des BGB. Das Erfüllungs- und das Verpflichtungsgeschäft sind zwei voneinander zu trennende Rechtsgeschäfte.

  • 1. BGH NJW 2005, 415 (418)
  • 2. Röthel/Krackhardt, Jura 2006, 161 (164).

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