Anwendbarkeit des § 935 BGB auf den Fruchterwerb nach §§ 955,957,935 BGB

Überblick

Überblick: Streitig ist, ob auf den Fruchterwerb nach §§ 955,57 BGB der § 935 BGB entsprechend anwendbar ist.

Die Auffassungen und ihre Argumente

1. Ansicht - analogen Verwendung des § 935 BGB

Der § 935 BGB ist auf den Eigentumserwerb von Sachfrüchten nach §§ 955,957 BGB entsprechend anwendbar.1

Argumente für diese Ansicht

§ 935 hat auch Geltung für gestohlene Sachen

Ein Dieb kann einem Dritten Eigentum an Teilen der gestohlenen Sache auch nicht dadurch verschaffen, dass er dem Erwerber die Zerlegung und anschließende Aneignung der einzelnen Bestandteile gestattet. Daraus resultiert, dass kein Anlass besteht, Früchte anders zu behandeln. Denn diese sind bis zur Trennung Bestandteil der Muttersache.

2. Ansicht - Nichtanwendung des § 935 BGB

§ 935 kann nicht entsprechend angewendet werden. Denn der Eigentumserwerb nach §§ 955,957 BGB tritt auch dann ein, wenn die Muttersache abhanden gekommen, die Frucht aber bereits zum Zeitpunkt des Abhandenkommens vorhanden war.2

Argumente für diese Ansicht

Frucht wird zur eigenständigen, neuen Sache

Selbst wenn die organische Frucht zum Zeitpunkt des Abhandenkommens bereits in der Entwicklung war, kann sie nicht abhanden gekommen sein, da sie, sobald sie von der Muttersache getrennt ist, als neue, selbstständige Sache gilt.

Kein Verlust für den Eigentümer

Sinn und Zweck des § 935 BGB ist die Verhinderung eines Rechtsverlustes des Eigentümers. Eine Trennung der zur Fruchtgewinnung bestimmten Sache kann jedoch nicht als Minderung der Muttersache angesehen werden. Die Sache als solches und ihre Fähigkeit Früchte zu produzieren bleibt erhalten. Erwirbt also jemand Eigentum an der getrennten Frucht, tritt für den Eigentümer der Muttersache damit kein Verlust ein.

Schutz verschiedener Interessen

Eine Anwendung des § 935 BGB ist schon aufgrund der unterschiedlichen Interessen nicht geboten. Während § 935 BGB das Verkehrsinteresse schützt, schützen die §§ 955,957 BGB das Produktionsinteresse. In diesen Fällen wird die Arbeitsleistung des Fruchtziehers geschützt, zwar setzt der Fruchterwerb nach §§ 955,957 BGB nicht notwendigerweise eine Arbeitsleistung voraus, jedoch ist die Fruchtgewinnung typischerweise die Folge einer eben solchen. Daher darf der Eigentumserwerb des Fruchtziehers nicht daran scheitern, dass die Muttersache abhandengekommen war.

  • 1. Palandt/Degenhart, 74.Auflage,§ 955, Anm. 1.
  • 2. Baur/Stürner, SachenR,18. Auflage, § 53, Rn. 53; Jauernig/Berger, 15. Auflage, § 955, Rn. 3.

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