Wann ist eine tatbestandsmäßige Handlung kausal für den eingetretenen Erfolg?

Überblick

Soweit es sich bei dem jeweiligen Tatbestand um ein Erfolgsdelikt handelt, die Strafbarkeit des Täters mithin an den Eintritt eines bestimmten Erfolges geknüpft ist, muss als ungeschriebenes objektives Tatbestandsmerkmal geprüft werden, ob das Verhalten des Täters und der Eintritt des tatbestandsmäßigen Erfolges in einem Kausalzusammenhang stehen. Die Bestimmung dieses Kausalzusammenhangs ist umstritten, wobei sich der Streit auf die zwei relevanten Auffassungen reduzieren lässt, namentlich die Äquivalenztheorie und die Lehre von der gesetzmäßigen Bedingung. Daneben existieren weiterhin die Adäquanztheorie sowie die Relevanztheorie, die sich in der strafrechtlichen Praxis nicht durchsetzen konnten, aber dem Grunde nach in die Grundsätze über die objektive Zurechnung eingeflossen sind. Sie sind daher im Folgenden nicht weiter dargestellt.

Die Ansichten und ihre Argumente

1. Ansicht - Äquivalenztheorie (conditio sine qua non – Formel).

Zwischen dem Verhalten des Täters und dem tatbestandsmäßigen Erfolg besteht dann ein Kausalzusammenhang, wenn die Handlung des Täters nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der Erfolg in seiner konkreten Gestalt entfiele.1 Dabei sind alle Bedingung gleichwertig.

Argumente für diese Ansicht

Vergleiche Kritik zu M2!


Argumente gegen diese Ansicht

Die Äquivalenztheorie versagt, wenn die Wirkungsweise der Handlung ungewiss ist.

Die Frage, ob ein bestimmter Erfolg auch ohne das Verhalten eingetreten wäre, kan nur beantwortet werden, wenn die Beziehung zwischen einem Verhalten und einem Erfolg bekannt ist. Daher ist die Äquivalenztheorie wertlos, wenn die Wirkungsweise der Handlung unbekannt ist, so z.B. ist die Ursächlichkeit von Contergan für embryonale Missbildung ungewiss.2

Hypothetische Reserveursachen.

Zudem versagt die Äquivalenztheorie dann, wenn hypothetische Reserveursachen vorhanden sind, die zum gleichen Zeitpunkt, in gleicher Weise zum selben Erfolg geführt hätten, oder der Erfolg von mehreren und unabhängig voneinander wirksamen Bedingungen herbeigeführt worden ist (sog. alternative Kausalität). In diesen Fällen kann die Kausalität nicht deshalb verneint werden, weil das Handeln des Täters hinweggedacht werden kann, ohne dass der Erfolg entfällt. Maßgeblich dafür, ob etwas ursächlich geworden ist, ist nicht, was geschehen wäre, sondern allein das, was tatsächlich geschehen ist.3

2. Ansicht - Lehre von der gesetzmäßigen Bedingung.

Nach dieser Lehre ist ein Verhalten dann für einen Erfolg ursächlich, wenn dieser Erfolg mit dem Verhalten durch eine Reihe von Veränderungen gesetzmäßig verbunden ist.4 Zu fragen ist demnach nicht, ob der Erfolg auch ohne die Handlung eingetreten wäre, sondern, ob die konkrete Handlung im konkreten Erfolg tatsächlich wirksam geworden ist.

Argumente für diese Ansicht

Vergleiche die Kritik zu M1!


Argumente gegen diese Ansicht

Naturgesetzliche Veränderungen können nicht erklärt werden, sodass die Lehre bei der psychischen Kausalität fehlgeht.

Für die psychisch vermittelte Ursächlichkeit lassen sich gesetzmäßige Bedingungen weder nennen noch nachweisen. Dabei geht es in der Praxis häufig um psychische Änderungen. Beispielsweise bei der Anstiftung um einen Tatentschluss, beim Betrug um einen Irrtum, bei der Erregung öffentlichen Ärgernisses um das Wertgefühl eines Zeugen. All diese Änderungen folgen keinem Naturgesetz, sondern den Launen menschlicher Willens- und Gefühlsbildung.5

  • 1. BGHSt 1, 322.; Fischer, StGB, vor §§ 13ff., Rn. 21, Aufl. 60.; LK/Walter, StGB, vor §§ 13ff., Rn. 73f., Aufl. 12.
  • 2. Schönke/Schröder/Eisele, StGB, vor §§ 13ff., Rn. 74, Aufl. 29.
  • 3. Schönke/Schröder/Eisele, StGB, vor §§ 13ff., Rn. 74, Aufl. 29.; NK/Puppe, StGB, vor §§ 13ff., Rn. 95, Aufl. 2.
  • 4. MüKo/Freund, StGB, vor §§ 13ff., Rn. 334, Aufl. 2.; Schönke/Schröder/Eisele, StGB, vor §§ 13ff., Rn. 75ff., Aufl. 29.; ähnlich: NK/Puppe, StGB, vor §§ 13ff., Rn. 102ff., Aufl. 2.
  • 5. LK/Walter, StGB, vor §§ 13ff., Rn. 74, Aufl. 12.

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