Wann ist eine Aussage falsch iSd. §§ 153 ff. StGB?
Überblick
Umstritten ist, wann eine Aussage nach §§ 153 ff. StGB falsch ist.
Die Ansichten und ihre Argumente
1. Ansicht - Objektive Theorie
Eine Aussage ist falsch, wenn sie inhaltlich nicht mit dem tatsächlichen Sachverhalt übereinstimmt. Auf die Vorstellung des Täters von dem Sachverhalt kommt es nicht an. Der Gegenstand der Aussage kann dabei äußere wie auch innere Tatsachen, sprich ebenso Wahrnehmungen und Erinnerungen betreffen.1
Argumente für diese Ansicht
Ansonsten könnte eine Aussage, die dem tatsächlichen Sachverhalt entspricht, dennoch falsch sein.
Würde man anstatt auf den tatsächlichen Sachverhalt, auf das Wissen des Täters abstellen – und daher nur zur Strafbarkeit nach § 153 StGB kommen, wenn der Täter wider besseren Wissens aussagt – wäre der Fall möglich, dass eine Aussage, die dem wirklich Sachverhalt entspricht, durch einen falschen Eid bekräftigt werden könnte.2
Nur dann wird die Rechtspflege als Schutzgut der §§ 153 ff. StGB gefährdet.
Die Rechtspflege wird typischerweise nur durch eine der Wirklichkeit widersprechenden Aussage gefährdet.3
Auch in den §§ 164, 263 StGB wird die Falschheit objektiv bestimmt.4
Der Tatbestand des § 160 StGB lässt sich nur durch die objektive Theorie erklären.
Der Tatbestand, der die Verleitung eines Gutgläubigen zur falschen Aussage zum Gegenstand hat, lässt sich nur auf dem Boden der objektiven Theorie sinnvoll erklären.5
Der Aussagende macht sich erst strafbar, wenn er auch mit entsprechendem Vorsatz handelt.
Da ein tatbestandsmäßiges Unrecht bei einer objektiv falschen Aussage erst bei Hinzukommen des Vorsatzes vorliegt, bedeutet die objektive Theorie nicht, dass Handlungen zum Unrecht werden, deren Bestrafung ungeeignet oder unnötig sind. Daher wird durch sie auch vom Normadressaten nichts gefordert, was er nicht leisten kann oder wozu er nicht verpflichtet ist.6
2. Ansicht - Subjektive Theorie
Unabhängig von ihrem objektiven Wahrheitsgehalt ist eine Aussage falsch, wenn sie von dem Vorstellungsbild und Wissen des Täters zum Zeitpunkt der Aussage abweicht. Daher kann eine Aussage, die zwar objektiv zutreffend ist, aber bewusste nicht mit der Erinnerung des Aussagenden übereinstimmt, falsch sein.7
Argumente gegen diese Ansicht
Systemwidrige Gleichsetzung
Die Annahme der subjektiven Theorie würde zu einer systemwidrigen Gleichsetzung der subjektiven Pflichtwidrigkeit mit dem objektiven Tatbestandsmerkmal „falsch“ führen.8
3. Ansicht - Pflichtentheorie
Eine Aussage ist falsch, wenn sie nicht das Wissen des Aussagenden wiedergibt, das dieser bei pflichtgemäßer Prüfung seines Wahrnehmungs- und Erinnerungsvermögens haben könnte.9
Argumente für diese Ansicht
Die objektive Wiedergabe der Wahrheit kann nicht gefordert werden.
Es kann von dem Aussagenden nicht verlangt werden, dass er die objektive Wahrheit wiedergibt, sondern nur, dass er sein subjektives Erleben aus der Erinnerung heraushole und angemessen reproduziere.10
Die subjektive Wahrheit lässt dem Aussagenden zu viel Freiraum.
Es kann dem Aussagenden andererseits auch nicht gestattet sein, nur für den Augenblick der Aussage sein aktuelles Wissen wiederzugeben, wenn die angemessene Bemühung zur Wiedergabe eines anderen Erinnerungsbildes führen würde.11
- 1. BGHSt 7, 147 (148).; Rengier, BT II, § 49, Rn. 8, Aufl. 15.; Schönke/Schröder/Lenckner/Bosch, StGB, vor §§ 153 ff., Rn. 6, Aufl. 29.; Fischer, StGB, § 153, Rn. 4, Aufl. 63.
- 2. BGHSt 7, 147 (149).; Fischer, StGB, § 153, Rn. 5, Aufl. 63.
- 3. Rengier, BT II, § 49, Rn. 8, Aufl. 15.
- 4. Folgt aus: Schönke/Schröder/Lenckner/Bosch, StGB, vor §§ 153 ff., Rn. 6, Aufl. 29.; Rengier, BT II, § 49, Rn. 8, Aufl. 15.
- 5. Rengier, BT II, § 49, Rn. 8, Aufl. 15.; Schönke/Schröder/Lenckner/Bosch, StGB, vor §§ 153 ff., Rn. 6, Aufl. 29.
- 6. Schönke/Schröder/Lenckner/Bosch, StGB, vor §§ 153ff., Rn. 6, Aufl. 29.
- 7. Gallas in GA 1957, 315ff.
- 8. Schönke/Schröder/Lenckner/Bosch, StGB, vor §§ 153 ff., Rn. 6, Aufl. 29.
- 9. Otto, BT, § 97 Rn. 7, Aufl. 7.; Schmidhäuser, BT, 23/10, Aufl. 2.
- 10. Schmidhäuser, BT, 23/10, Aufl. 2.
- 11. Schmidhäuser, BT, 23/10, Aufl. 2.
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