Kann die Berufung auf § 34 StGB versagt werden, wenn die Notstandshandlung eine Verletzung der Menschenwürde bedeuten würde?

Überblick

Der vorliegende Meinungsstreit wird dann deutlich, wenn man sich das Beispiel vorstellt, dass ein Mensch nur aufgrund einer Bluttransfusion mit einer seltenen Blutgruppe gerettet werden kann. Zu fragen ist dann, ob man dem vermeintlichen Spender auch entgegen seinem Willen gewaltsam Blut entnehmen kann, um das Leben des anderen zu retten.1 Dies ist umstritten.

Die Ansichten und ihre Argumente

1. Ansicht - Ein Eingriff, der mit einer Verletzung der Menschenwürde o.ä. verbunden ist, kann nicht durch § 34 StGB gerechtfertigt werden.2

Argumente für diese Ansicht

Instrumentalisierung des menschlichen Körpers.

Die zwangsweise Blutentnahme verletzt unantastbare Freiheitsrechte und führt zu einer Instrumentalisierung des menschlichen Körpers, die mit der Menschenwürde nicht vereinbar ist.3

Gefahr etwaiger Dammbrucheffekte.4

Dies gilt vor allem in Bezug auf andere Körperteile (Stichwort: „Organspende“).

Bereits kein überwiegendes Interesse.

Dieses Ergebnis lässt sich bereits damit begründen, dass im Hinblick auf die elementaren Freiheitsrechte und die Menschenwürde bereits ein wesentliches Überwiegen des Überlebensinteresses des Gefährdeten zu verneinen ist.5

2. Ansicht - Auch solche Eingriffe können durch § 34 StGB gerechtfertigt sein.6

Argumente für diese Ansicht

Es es nicht richtig, dass auch geringe körperliche Zwangseingriffe zum Schutz anderer Rechtsgüter unter allen Umständen gegen die Menschenwürde verstoßen.

Das beweisen bereits geltende Impfgesetze. Auch nach §§ 81a I 2, 81c StPO und § 372s ZPO sind zwangsweise Blutentnahmen sogar zur Aufklärung relativ geringfügiger Delikte oder zur Feststellung der Abstammung zulässig. Die Verfassungsmäßigkeit dieser Vorschriften wurde zudem durch das BVerfG bestätigt. Daher kann ein ähnlicher Eingriff nicht unzulässig sein, wenn er der Rettung eines Menschenlebens dient.7

  • 1. s. Rengier, AT, § 19, Rn. 59, Aufl. 7.
  • 2. Schönke/Schröder/Perron, StGB, § 34, Rn. 41e., Aufl. 29.; NK/Neumann, StGB, § 34, Rn. 188, Aufl. 4.; Rengier, AT, § 19, Rn. 60, Aufl. 7.
  • 3. Rengier, AT, § 19, Rn. 60, Aufl. 7.
  • 4. Rengier, AT, § 19, Rn. 60, Aufl. 7.
  • 5. NK/Neumann, StGB, § 34, Rn. 188, Aufl. 4.
  • 6. Roxin, AT I, § 16, Rn. 48ff., 92, Aufl. 4.; Baumann/Weber/Mitsch, AT, § 17, Rn. 78, Aufl. 11.
  • 7. Roxin, AT I, § 16, Rn. 49, Aufl. 4.

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