Kann die Benennung eines Zeugen eine Garantenstellung aus Ingerenz begründen?
Überblick
Im Grundsatz steht zumindest unstreitig fest, dass sich der Angeklagte nicht wegen Beihilfe oder Anstiftung zu den §§ 153, 154 StGB durch aktives Tun strafbar machen kann, wenn er im Prozess einen Zeugen benennt, von dem er erwartet, dass er ihm zugunsten eine falsche Aussage tätigen wird, solange sich der Angeklagte prozessordnungsgemäß verhält, den Zeugen also nicht zu einer Falschaussage veranlasst.
Fraglich ist nun aber, ob sich durch diese, vom Angeklagten geschaffene Lage, eine Garantenstellung aus Ingerenz ergibt, mit der Folge, dass der Angeklagte die Falschaussage verhindern muss, da er ansonsten Beihilfe zur Falschaussage durch Unterlassen begehen würde.
Die Ansichten und ihre Argumente
1. Ansicht
Durch die Benennung eines (Mittäters) als Entlastungszeugen, wird angesichts der für den Zeugen bestehenden besonderen Gefahrenlage eine Garantenpflicht aus Ingerenz derart begründet, dass der Angeklagte die erwartete Falschaussage des Zeugen notfalls durch Bekennen der Wahrheit verhindern bzw. dies versuchen muss.1
Argumente für diese Ansicht
Der Angeklagte hat aufgrund eines vorangegangen gefahrbegründenden Verhaltens die Rechtspflicht, die erkennbare Falschaussage des Zeugen, zu verhindern.2
Die Benennung des Zeugen stellt insoweit das gefahrbegründende Verhalten dar.
2. Ansicht
Die Benennung eines Zeugen begründet bei rechtmäßigem prozessualen Verhalten des Angeklagten keine Garantenstellung aus Ingerenz. Der Angeklagte ist mithin nicht dazu verpflichtet, die Falschaussage zu verhindern, soweit er sich prozessordnungsgemäß verhält.3
Argumente für diese Ansicht
Der Angeklagte wäre ansonsten dazu verpflichtet, sich selbst zu belasten.
Würde man aus der bloßen Benennung von Zeugen eine Garantenstellung aus Ingerenz herleiten, mit der korrespondierenden Pflicht des Angeklagten eine Falschaussage zu verhindern, würde man trotz zulässigen Verteidigungsverhaltens mittelbar eine Verpflichtung zur Selbstbelastung schaffen. Dies widerspricht allerdings dem in den §§ 136 I 2, 243 IV 1 StPO verankerte Schweigerecht.4
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