Kann das Mordmerkmal der Gemeingefährlichkeit auch durch Unterlassen verwirklicht werden?

Überblick

Es besteht Streit darüber, ob auch derjenige mit gemeingefährlichen Mitteln tötet und sich mithin des Mordes nach § 211 StGB schuldig macht, der diese Mittel zwar nicht aktiv einsetzt, aber passiv dahingehend ausnutzt, dass er es als Garant unterlässt, den durch das gemeingefährliche Mittel drohenden Schaden abzuwenden.

Die Auffassungen und ihre Argumente

1. Ansicht - Der Täter erfüllt das Mordmerkmal nur, wenn er ein gemeingefährliches Mittel tatsächlich einsetzt oder mit gemeingefährlichen Mitteln tötet.1

Etwas anderes gilt nur, wenn der Täter bereits bei der Gefahrensetzung mit Tötungsvorsatz gehandelt hat.2

Argumente für diese Ansicht

Einsetzen des gemeingefährlichen Mittels schließt eine Verwirklichung durch Unterlassen aus

Das Bloße Ausnutzen einer bereits vorhandenen gemeingefährlichen Situation reicht nicht aus, um das Mordmerkmal zu verwirklichen. Das gilt unabhängig davon, ob die Gefahr zufällig entstanden oder vom Täter verursacht worden ist. Dies ergibt sich bereits aus dem Erfordernis des Einsatzes des Mittels. Begriffsnotwendig wird dadurch eine Begehung durch Unterlassen ausgeschlossen.3

Grundlage der Qualifikation ist die Schaffung einer gemeingefährlichen Lage.

Die Qualifikation hat ihren Grund in der besonderen Rücksichtslosigkeit des Täters , der sein Ziel durch die Schaffung unberechenbarer Gefahren für andere durchzusetzen sucht. Sie ist darum nicht gegeben, wenn der Täter eine bereits vorhandene gemeingefährliche Situation nur zur Tat ausnutzt.4

2. Ansicht - Der Täter erfüllt das Mordmerkmal auch dann, wenn er es als Garant aus Ingerenz für die gemeingefährliche Situation verantwortlich ist und es unterlässt, den Schaden abzuwenden, sondern die Situation vielmehr zur Tötung ausnutzt.5

Argumente für diese Ansicht

Kein Unterschied zwischen aktiven Verwenden des gemeingefährlichen Mittel und Unterlassen der Abwendung der gemeingefährlichen Situation durch einen Garanten.

Es geht nicht darum, dass der Täter eine gemeingefährliche Lage zur Tat ausnutzt. Es geht vielmehr um eine Tötung durch garantenpflichtwidriges Unterlassen der Abwendung einer vom Täter als unkontrollierbar erkannten Gefahr. Es ist demnach nicht ersichtlich wieso bei Vorliegen von Tötungsvorsatz für den Garanten nicht auch § 211 StGB gelten soll.6

  • 1. BGHSt 34, 13.; MüKo/Schneider, § 211, Rn. 128, Aufl. 2.; Lackner/Kühl, StGB, § 211, Rn. 11, Aufl. 28.; Schönke/Schröder/Eser/Sterneberg-Lieben, StGB, § 211, Rn. 29, Aufl. 29.; NK/Neumann, § 211, Rn. 89, Aufl. 3.
  • 2. BGHSt 34, 13f.; Kindhäuser, LPK-StGB, § 211, Rn. 27, Aufl. 6.
  • 3. MüKo/Schneider, § 211, Rn. 128, Aufl. 2.; BGHSt 34, 13 (14).
  • 4. BGHSt 34, 13 (14).
  • 5. Fischer, StGB, § 211, Rn. 61, Aufl. 62.; Rengier, BT II; § 4, Rn. 47d, Aufl. 13.
  • 6. Fischer, StGB, § 211, Rn. 61, Aufl. 62.

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