Ist der Staat auch dann an die Grundrechte gebunden, wenn er privatrechtlich handelt?

Überblick

Sobald der Staat nicht mehr in seiner Funktion als Staat handelt, sondern sich in den privatrechtlichen Bereich bewegt, müsste er nicht an die Grundrechte gebunden sein, da er dann erwerbswirtschaftlich tätig ist und es an der Hoheitsfunktion mangelt. Dem hält eine Ansicht entgegen, dass der Staat nie rein privatrechtlich sein kann und stets an die Grundrechte gebunden ist.

Die Meinungen und ihre Argumente

1. Ansicht - Ablehnende Meinung1

Nach dieser Meinung ist der Staat dann nicht an Grundrechte gebunden, wenn er fiskalische Hilfsgeschäfte abschliesst oder erwerbswirtschaftlich tätig ist.

Argumente für diese Ansicht

Privatautonomie

Wird der Staat außerhalb des Verwaltungsprivatrechts tätig und nimmt dabei keine hoheitlichen Aufgaben wahr, handelt er rein privatrechtlich und macht von seiner ihm zustehenden Privatautonomie Gebrauch. Damit ist eine Bindung an die Grundrechte nicht gegeben.

Keine vollziehende Gewalt

Gem. Art. 1 III GG ist die Grundrechtsbindung für die vollziehende Gewalt vorgeschrieben, wird der Staat privatrechtlich tätig, ist er gerade keine vollziehende Gewalt.

Privatrecht bietet Schutz

Eine Grundrechtsbindung bei der privatrechtlichen Betätigung des Staates ist schon deshalb nicht notwendig, weil das Privatrecht genau für diesen Fall genügend Vorschriften bietet, die sowohl den Staat als auch den Vertragspartner schützen. Eine Grundrechtsbindung ist daher nicht notwendig.

Unbilligkeit gegenüber dem Staat

Billigt man dem Staat zu privatrechtlich tätig zu werden, wäre es unbillig ihn den strengeren Regelungen der Grundrechtsbindung zu unterwerfen.

2. Ansicht - Bejahende Meinung2

Nach dieser Ansicht ist der Staat auch dann an die Grundrechte gebunden, wenn er privatrechtlich tätig wird.

Argumente für diese Ansicht

Art. 1 III GG

Art. 1 III GG bindet die vollziehende Gewalt an die Grundrechte, unabhängig davon wie diese tätig wird. Die privatrechtliche Betätigung ist davon nicht ausgenommen.

Formfreiheit des Verwaltungshandelns ist keine Befreiung

Verwendet die Verwaltung bei ihrem Handeln privatrechtliche Formen, so kann dies die Betätigung der Verwaltung vereinfachen, insbesondere für den Geschäftspartner. Dies bedeutet aber keine Befreiung von der Grundrechtsbindung, denn die Grundrechte beinhalten vorrangig materiell-rechtliche Verbürgungen für den Staat.

  • 1. BGHZ 52, 325 (327); BGHZ 29, 76 (80); Emmerich JuS 1970, 332 (334ff.).
  • 2. BVerfGE 98, 365 (395);Schnapp JuS 1989, 1 (6).

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