Fallen unter den Automatenmissbrauch nach § 265a I Var. 1. StGB auch Warenautomaten?
Überblick
Fraglich ist, ob der Tatbestand des Erschleichens von Leistungen auch dann erfüllt sein kann, wenn im Rahmen des Automatenmissbrauchs nach § 265a I Var. 1 StGB ein Warenautomat benutzt wird, bei dem die darin gesicherten Waren nach ordnungsgemäßer Bedienung übereignet werden sollen. Über diese Frage wird deswegen gestritten, weil der Missbrauch eines Warenautomaten typischerweise unter § 242 StGB (Diebstahl) fällt, soweit eine Zueignungsabsicht des Täters besteht.
Folgen und Auswirkungen des Meinungstreites
1. Ansicht - Auch der Warenautomat muss unter das Tatbestandsmerkmal des Automatenmissbrauchs subsumiert werden.1 Allerdings wird § 265a StGB in der Regel konkurrenzrechtlich hinter § 242 StGB zurücktreten.
Argumente für diese Ansicht
Der Wortlaut „Automat“ legt nahe, dass sowohl Leistungsautomaten als auch Warenautomaten erfasst werden sollen2
Der Begriff „Leistung“ steht nicht entgegen
Der Begriff „Leistung“ kann sich auch auf eine Sache, bzw. auf deren Besitz- und Eigentumsverschaffung beziehen. Darin kann also eine eigenständige, vom Entgelt umfasste, Leistung in dem vom Automaten vollzogenen Übergabeakt gesehen werden. Leistung meint nicht zwangsläufig eine Verrichtung.3
Auch der Warenautomatenmissbrauch ohne Zueignungsabsicht wird so strafrechtlich erfasst
Würde man davon ausgehen, dass der Missbrauch eines Warenautomaten allein unter § 242 StGB fällt, wäre der Warenautomatenmissbrauch ohne Zueignungsabsicht strafrechtlich nicht geschützt. Subsumiert man den Warenautomaten unter das Tatbestandsmerkmal „Automaten“ iSd. § 265a StGB, dann macht der Täter – wenn § 242 StGB entfällt – sich zumindest wegen Erschleichens von Leistungen strafbar.4
2. Ansicht – Warenautomaten können nicht unter „Automaten“ iSd. § 265a StGB subsumiert werden.5
Argumente für diese Ansicht
§ 265a StGB fordert explizit das Erschleichen einer „Leistung“
Aus dem Wortlaut des § 265 und aus der Unterscheidung von Waren- und Leistungsautomaten folgt, dass § 265a StGB nur Leistungsautomaten erfassen soll. Leistungsgegenstand bei Warenautomaten ist allein eine Sache, nicht aber eine um ihrer selbst willen produzierte „Leistung“ des Automaten.6
Der Tatbestand hat allein die Funktion eines Auffangtatbestandes zum Betrug
§ 265a StGB ist nur auf Leistungsautomaten anzuwenden, weil der Leistungserschleichung die Funktion eines Auffangtatbestandes zum Betrug zukommt und damit nur für Fälle gelten soll, die mangels Täuschung eines Menschen nicht unter § 263 StGB fallen. Die Erlangung einer Ware durch Überlisten des Automaten erfüllt den Tatbestand des Diebstahls, weswegen keine Gesetzeslücke besteht, die durch § 265a StGB geschlossen werden müsste.7
- 1. LK-StGB/Tiedemann, 12. Auflage 2012, § 265a Rn. 21.
- 2. LK-StGB/Tiedemann, 12. Auflage 2012, § 265a Rn. 21.
- 3. LK-StGB/Tiedemann, 12. Auflage 2012, § 265a Rn. 21.
- 4. AK-StGB/Gercke/Hembach, 3. Auflage 2020, § 265a Rn. 10.
- 5. BGH NJW 2000, 158; Schönke/Schröder/Perron, StGB, 30. Auflage 2019, § 265a Rn. 4.
- 6. AK-StGB/Gercke/Hembach, 3. Auflage 2020, § 265a Rn. 10.
- 7. Schönke/Schröder/Perron, StGB, 30. Auflage 2019, § 265a Rn. 4.
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