Unterlassen oder Tun?

A lässt durch den Arzt B eine operation durchführen, er würde diesbezüglich auch ordnungsgemäß aufgeklärt. Während der Op sackt As Kreislauf plötzlich zusammen. Obwohl B das mitbekam und erkannte das Lebensgefahr bestand, setzt er die Op fort, in der Hoffnung diese ohne Unterbrechungen erfolgreich durchzuführen. Nur wenn sofortige Rettungsmaßnahmen eingeleitet worden wären, wäre A nicht verstorben. 

Ich würde hier den Totschlag durch Unterlassen prüfen § 212, 13 I StGB. Allerdings würde dann der der Umstand, dass B auf einen guten Ausgang hofft nicht berücksichtigt werden. 

 



Hallo Aleksandra, 

An sich bereitet die Abgrenzung zwischen Tun und Unterlassen nur dann Probleme, wenn beide Verhaltensweisen zusammenfallen. So liegt es hier in deinem Fall. Der B operiert hier weiter (Tun) und verzichtet auf die erforderlichen Rettungsmaßnahmen (Unterlassen). Hierbei handelt es sich um eine sogenannte "Koinzidenz der Verhaltensformen", da Tun und Unterlassen sogar in zeitlicher Hinsicht zusammenfallen. Das gewöhnliche Abgrenzungskriterium hilft hier also nicht weiter. 

Ein Großteil der Literatur und auch die Rechtsprechung beurteilt das Verhalten in solchen Fällen nach dem Schwerpunkt der strafrechtlichen Vorwerfbarkeit. Entscheidend ist hier, ob das strafrechtlich relevante Verhalten des B in seinem Tun oder seinem Unterlassen angesiedelt ist.

Vorliegend wird man hier sagen müssen, dass der strafrechtlich relevante Aspekt seines Verhaltens das Unterlassen ist. Er operiert nach Aufklärung mit Einverständnis des Patienten. Sein Tun (die Operation) ist also von keiner (genauer, da der B auch durch die Operation einen Tatbestand verwirklicht, die Strafbarkeit aufgrund des Einverständnisses des A aber entfällt: geringer) strafrechtlicher Relevanz. Der Schwerpunkt der Vorwerfbarkeit liegt indes in dem Verzicht auf die Einleitung von Rettungsmaßnahmen. 

Ich teile also deine Auffassung, dass hier 212, 13 StGB zu prüfen ist. Im Rahmen des Vorsatzes kannst du die Hoffnung des B, das alles gut gehen wird, thematisieren und den Vorsatz entsprechend bejahen oder ablehnen. Dies ist aber kein Problem der Abgrenzung zwischen Tun und Unterlassen.