Berufsunfähigkeitsabsicherung für Juristen

von iurastudent · Aktuelles und Gemischtes

Wer sich als Jurist hinsichtlich seiner eigenen Absicherung beraten lässt, der wird unweigerlich mit dem Thema der Berufsunfähigkeitsabsicherung (BU) konfrontiert werden. Das eine solche Absicherung unerlässlich ist möchte ich an dieser Stelle als gegeben voraussetzen, da das Risiko einmal berufsunfähig zu werden bei rund 20 % liegt und die Expertenmeinungen da ebenfalls übereinstimmen.
 

Bei dem Thema Berufsunfähigkeit, gibt es drei Bausteine, die man als solche losgelöst voneinander kennen sollte:

  • Baustein 1: Berufsunfähigkeitsrente
Die Berufsunfähigkeitsrente wird monatlich gezahlt, wenn der Versicherungsnehmer nicht mehr im Stande ist zu arbeiten und ein unabhängiger Arzt diagnostiziert hat, dass eine vorübergehende oder dauernde krankheits-, unfall- oder invaliditätsbedingte Unfähigkeit besteht die es zu weniger als 50 % erlaubt den Beruf auszuüben, der der Qualifikation und Erfahrung entspricht. Die Höhe der Berufsunfähigkeitsrente richtet sich nach der eigenen Absicherungshöhe, die man für sich mit der Versicherung festgelegt hat.
 
  • Baustein 2: Private Altersrente
Wie der Name es schon erkennen lässt, ist hierbei die altersbedingte Rentenzahlung gemeint, die Personen ab dem Renteneintrittsalter aus privater Vorsorge ausgezahlt bekommen. Diese private Renten- oder Einmalauszahlung kommt auf die gesetzliche Rente / Rente aus dem Versorgungswerk (sofern anfallend) drauf. Eine private Altersvorsorge funktioniert natürlich nur dann, wenn man in der erwerbstätigen Zeit auch selbst in diese eigenen Sparverträge eingezahlt hat.
 
  • Baustein 3: Airbag
Einen Airbag kann man an manche privaten Altersvorsorgeprodukte koppeln und sichert damit ab, dass wenn der Fall der Berufsunfähigkeit eintritt, die Versicherung neben der monatlichen Berufsunfähigkeitsrente auch zusätzlich den privaten Rentenbaustein fürs Alter weiter bespart. Diese monatliche Sparrate wird zudem jährliche um bis zu 10 % gesteigert. Eine wichtige Feinheit, die viele Juristen nicht für sich bedenken. Die Berufsunfähigkeitsrente wird nämlich maximal nur bis zum 67. Lebensjahr gezahlt und dadurch, dass man selbst aufgrund der Berufsunfähigkeit nicht mehr gearbeitet hat und somit auch nicht mehr ins gesetzliche Rentensystem eingezahlt hat, wenig bis sehr wenig Altersrente zu erwarten hat.
 
Wer den Sinn der Berufsunfähigkeitsversicherung erkannt hat, der wird bei dem Thema BU unweigerlich – zumindest wenn eine Beratung stattgefunden hat und kein sinnloser Produktverkauf - mit zwei Möglichkeiten konfrontiert werden.
 
  • Möglichkeit 1: Selbstständige Berufsunfähigkeitsversicherung
  • Möglichkeit 2: Basisrente mit Berufsunfähigkeitszusatzversicherung
 
Beide Absicherungsmöglichkeiten sind zunächst einmal auf allgemeine Merkmale zu überprüfen. Sind diese Kriterien nur zum Teil oder gar nicht gegeben, ist von einer unzureichenden Absicherung auszugehen, von der man tunlichst die Finger lassen sollte.
 
Folgende Merkmale muss eine BU in jedem Fall aufweisen, damit sie auch tatsächlich Schutz verleiht.
 

Verzicht auf abstrakte Verweisung

Der Verzicht auf eine abstrakte Verweisung ist unerlässlich für Juristen. Der Verzicht regelt, dass der zuletzt ausgeübte Beruf des Juristen die alleinige Maßgabe für die Einschätzung seiner Berufsfähigkeit ist. Ist eine abstrakte Verweisung für den Versicherer möglich, so wird geprüft, ob der Betroffene gar keinen anderen Beruf mehr ausüben kann. Um dies zu umgehen muss der Verzicht auf die abstrakte Verweisung unbedingt vom Versicherer in den Bedingungen erklärt werden!
 
Vorsicht: Manche Versicherer locken mit dem Verzicht auf eine abstrakten Verweisen, die jedoch zeitlich begrenzt ist. Das ist für den Schutz nicht ausreichend und ausreden des Vermittlers wie: "Davon macht die Versicherung aber so gut wie nie Gebrauch" sollten keinen Anklang finden. Will eine Versicherung tatsächlich von der abstrakten Verweisung keinen Gebrauch machen, dann erklärt sie dies auch und begrenzt es nicht nur zeitlich! 
 

Beitragsdynamik mit Widerspruchsmöglichkeit

Die Reduzierung der Versicherungsleistung ist immer unproblematisch möglich, weil das Risiko der Versicherung dabei abnimmt. Wenn der Versicherungsnehmer jedoch die Leistung nach oben hin anpassen möchte (konkret seine monatliche Absicherungshöhe der BU-Rente anheben möchte), dann ist dies über zwei Optionen möglich.
  • Die Absicherungshöhe wird über die jährlich vereinbarte Beitragsdynamik erhöht.
Hierbei empfiehlt sich eine Vereinbarung über 10% Beitragsdynamik. 10% klingt zunächst einmal nach „zu viel“, weil man nicht jedes Jahr die BU-Absicherung um 10% anheben möchte, allerdings ist es so, dass man der Beitragsdynamik regelmäßig 2 Jahre in Folge widersprechen kann und erst im 3. Jahr die Dynamik annehmen muss. (Selbst, wenn man es im dritten Jahr eigentlich nicht möchte, ist es möglich eine Dynamik für 6 Monate anzunehmen und danach wieder runterzufahren, weil die Absicherung nach unten immer leicht korrigiert werden kann.) In sehr guten Versicherungsbedingungen ist es auch möglich, dass in unbegrenzter Anzahl an aufeinander folgenden Jahren der Dynamik widersprochen werden kann.
 
Vorsicht! Nicht alle Verträge berücksichtigen eine Beitragsdynamik. Sie wird von Versicherungsvertretern gerne weggelassen, damit der Beitrag zu späteren Zeitpunkten monatlich günstiger erscheint. Die Anpassungsmöglichkeit ist sehr wichtig, denn sie ermöglicht es auf die Inflation oder ein steigendes Gehalt adäquat zu reagieren.
 
  • Die Absicherungshöhe wird über „objektive Ereignisse“ erhöht, die durch die Versicherungsbedingungen vereinbart worden sind.
Auch dort lohnt es sich genau hinzusehen und darauf zu achten, dass möglichst viele dieser „objektiven Ereignisse“ von den Versicherungsbedingungen erfasst sind. Bspw. fallen unter diese "objektiven Ereignisse" die Hochzeit, der Bau eines Hauses, Kinder, berufliche Umorientierung, Gang in die Selbstständigkeit, Gehaltssteigerung von >10%, etc. Liegt ein solches Ereignis vor, so kann vom Versicherungsnehmer die Absicherungshöhe neu definiert werden und er ist nicht „nur“ auf die jährliche Anpassung von 10% reduziert. 

Versicherer lassen die Erhöhung nur über diese Möglichkeiten zu, weil bei einer Erhöhung der Absicherung durch einen Kunden, die keinen objektiven Grund erkennen lässt, meistens ein verschlechternder Gesundheitszustand unterstellt wird, durch den der Kunde die Gefahr erkannt hat und für sich schnell nochmal mehr Geld bei der Versicherung rausholen möchte. Es ist insofern nachvollziehbar, dass die Versicherungen dies vermeiden wollen und Gründe, weshalb die Absicherung erhöht werden kann, klar definiert.  
 

Leistungsdynamik bei Berufsunfähigkeit (passive Dynamik)

Von der Beitragsdynamik abzugrenzen ist die Leistungsdynamik. Die Leistungsdynamik wird relevant, wenn „das Kind in den Brunnen gefallen ist“ und der Berufsunfähigkeitsfall eingetreten ist. Wenn man dann die Leistung monatlich bekommt, bspw. 3.000 € brutto im Monat, dann ist es wichtig, dass die Kaufkraft auch in 10 Jahren noch erhalten bleibt. Dies ist jedoch nur der Fall, wenn die BU-Leistung vom Versicherer jährlich auch um ca. 2 % nach oben angeglichen wird. (Warum 2 % ?! Weil es die durchschnittliche Inflation (Inflation = Geldwertverlust) der letzten 20 Jahre ist und zudem von der EZB als Inflationsziel ausgewiesen ist.)
 

Maximale Leistungsdauer

Die maximale Leistungsdauer sollte wenigstens bis zum 67. Lebensjahr gehen. Auch hier wird leider von Vertretern häufig der monatliche Zahlbeitrag künstlich tief gehalten, um das eigene Produkt attraktiv günstig erscheinen zu lassen. Dies ist mit größter Vorsicht zu genießen, denn die letzten Versicherungsjahre sind der mit Abstand riskantesten Absicherungszeitraum.
 

Mindestgrad der Berufsunfähigkeit

Ab einem Berufsunfähigkeitsgrad von 50 % sollte die BU-Rente in vollem Umfang ausgezahlt werden.
Für wen ergibt denn eigentlich die Basisrente mit Berufsunfähigkeitszusatzversicherung (Meist abgekürzt mit BUZ) Sinn und für wen ist die Selbstständige Berufsunfähigkeitsabsicherung (Meist abgekürzt mit SBU) sinnvoll? Zwei Beispiele führe ich an, um den Anwendungsbereich der SBU und der BUZ zu erläutern.
 

Bsp. 1: Friseur/in

Das Gehalt einer 30 jährigen Friseurin liegt im Bundesdurchschnitt bei rund 20.000 Euro brutto pro Jahr. Damit hat die Friseurin einen Grenzsteuersatz von ca. 30 % und erhält von der Berufsunfähigkeitsversicherung eine mäßig gute Berufsgruppeneinstufung, weil sie unter anderem auch viel körperliche Arbeit verrichten muss.
 
Wenn die Friseurin nun 1.300 Euro Nettogehalt absichern möchte muss sie aufgrund der schlechten Berufsgruppeneinstufung für die BU als Beispiel 150 Euro pro Monat zahlen. 

Isolierte Variante
Bei einer selbstständigen Berufsunfähigkeitsabsicherung bedeutet dies einen Beitrag von 150 Euro, der in der Steuererklärung faktisch keine begünstigende Berücksichtigung findet.
 
Kombinierte Variante
Bei einer Basisrente mit Berufsunfähigkeitszusatzversicherung müsste die Friseurin bspw. 150 Euro für die BU-Absicherung und 150 Euro für die Basisrente sowie 20 Euro für den Airbag bezahlen. Insgesamt müsste sie dann bspw. 320 Euro Monatsbeitrag (3.840 Jahresbeitrag) für die Basisrente mit Berufsunfähigkeitszusatzversicherung zahlen und hätte mit dem Grenzsteuersatz von ca. 30 % einen jährlichen Steuervorteil von lediglich ca. 1.152 €.
(12 Monate x 320 € x 0,30 (30%) ≈ 1.152 €)
 
Der Steuervorteil, den eine Friseurin hätte ist zu gering, so dass die tatsächlichen Kosten zu hoch sind, als dass sie sich diese Versicherungsvariante leisten könnte. Das Problem ist nur, was macht die Friseurin im Alter, wenn die Berufsunfähigkeitszusatzversicherung nicht mehr zahlt?! Auf diese Frage muss es eine politische Antwort geben.
 
 

Bsp. 2: Jurist/in

Das Gehalt unserer Juristin liegt bei 60.000 Euro brutto Jahresgehalt. Damit hat die Juristin einen Grenzsteuersatz von 42 % und erhält von der Berufsunfähigkeitsversicherung eine sehr gute Berufsgruppeneinstufung, weil sie einer über 90 % Bürotätigkeit nachkommt.
 
Wenn die Juristin nun 3.000 Euro Nettogehalt absichern möchte muss sie aufgrund der sehr guten Berufsgruppeneinstufung für die BU bspw. „nur“ 150 Euro pro Monat zahlen. 
 
Isolierte Variante
Bei einer selbstständigen Berufsunfähigkeitsabsicherung bedeutet dies einen Beitrag von 150 Euro, der in der Steuererklärung keine begünstigende Berücksichtigung findet.
 
Kombinierte Variante
Bei einer Basisrente mit Berufsunfähigkeitszusatzversicherung müsste sie bspw. 150 Euro für die BU-Absicherung und 150 Euro für die Basisrente sowie 14 Euro für den Airbag bezahlen. Insgesamt müsste sie in dem Beispiel also 314 Euro Monatsbeitrag (3.768 € Jahresbeitrag) für die Basisrente mit Berufsunfähigkeitszusatzversicherung zahlen und hätte mit dem Grenzsteuersatz von 42 % einen jährlichen Steuervorteil von rund 1.582 €.
(12 Monate x 314 € Beitrag x 0,42 (42%) ≈ 1.582 €)
 
Tatsächliche Kostenbelastung
3.768 € Jahresbeitrag – 1.582 € Steuervorteil ≈ 2.186 € tatsächliche Kostenbelastung
Tatsächlich liegt damit der Kostenblock für den Versicherungsnehmer bei 2.186 Euro, wovon 1.800 Euro in die Basisrente geflossen sind die für die Altersvorsorge gespart sind.
 
Der Steuervorteil liegt bei 42% des Beitrages und macht damit einen sehr großen Teil aus, wodurch schnell ersichtlich ist, dass die Kombination aus Basisrente mit Berufsunfähigkeitszusatzversicherung sinnvoll ist und das ganze Leben absichert, indem die Berufsunfähigkeitsrente bis zum 67. Lebensjahr ausgezahlt würde und ab dem 67. Lebensjahr die Altersrente beginnt, die zuvor von der Versicherung während der Bezugszeit der Berufsunfähigkeitsrente weiter bespart wurde.
 
Vorsicht! Nicht alle Versicherungsvertreter können diese Absicherung mit allen beschriebenen Feinheiten anbieten, weshalb schnell versucht wird die kombinierte Variante schlecht zu reden. Meistens werden dabei zwei Argumente angeführt:
 
1. Es wird argumentiert, dass die BU-Rente bei der kombinierten Variante stärker besteuert wird
 
Meine Antwort dazu:
Es ist richtig, dass die BU-Rente bei der Auszahlung stärker besteuert wird, wenn sie an eine Basisrente gekoppelt ist. Bei genauer Betrachtung ist jedoch schnell erkennbar, dass das Verhältnis zwischen eingezahltem Euro und ausgezahltem Euro in der Leistungsphase ein besseres Verhältnis haben, als bei der isolierten BU-Absicherung.  Daher sollte nicht das Modell, der kombinierten BU-Absicherung, angezweifelt werden, sondern lediglich die Absicherungshöhe der Rente etwas angehoben werden.
 
2. Es wird argumentiert, dass zwei so wichtige und große Bausteine wie die Basisrente und die BU-Absicherung nicht miteinander kombinieren werden sollten
 
Meine Antwort dazu:
Doch sollten sie auf jeden Fall, denn die meisten Versicherungen lassen in Ihrem Bedingungswerk eine nachträgliche Trennung der Bausteine zu. Eine Trennung wird auch nur dann relevant, wenn man selbst einmal so sehr in Zahlungsnot kommen würde, dass man den Sparbaustein für das Alter (Basisrente) runterfahren wollte. Bis dahin – sofern es überhaupt einmal dazu kommen sollte - sollte man sich aber unbedingt den Steuervorteil sichern.
 
Das Themengebiet um die Berufsunfähigkeitsabsicherung ist sehr umfangreich und es gibt viele „Finanzberater“ die den durchschnittlichen Planungsbedarf eines Deutschen von rund 35.000 Jahreseinkommen mit dem eines Juristen von 50.000 – 120.000 Euro (und mehr) gleichsetzen. Daher lohnt es sich dabei auf professionelle Juristenberater zurückzukommen. Es gibt im Übrigen die kombinierte Absicherungsvariante schon für Studenten, natürlich auch zu günstigeren Preisen, das führt viel zu weit, wenn ich darauf ebenfalls noch eingehe. 
Die wenigsten Finanzberater sind auf Juristen spezialisiert und wenn auch Du mehr Informationen zu dem Thema bei Dir vor Ort erhalten möchtest, dann schreib uns an info@iurastudent.de und wir stellen Dir kurzerhand einen Kontakt her.

Autor: Alexander Sperber 

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