Antragsbefugnis merkwürdig ...

Hallo zusammen!

Ich hätte eine ganz wichtige Frage an die Experten unter uns:

Man nehme an, im Bundestag wurde ein Gesetz beschlossen; bei der Beschlussfassung waren weniger als 50 % der Abgeordneten anwesend (aber keine Abgeordneten der Oppositionen). Die Beschlussfassung geht aber durch, da sich keine Fraktion oder 5 % der Mitglieder des Bundestags nach § 45 II 1 GOBT beschwert hatten. Formell ist sonst alles andere formell verfassungsgemäß geschehen, sodass das Gesetz an sich formell verfassungsgemäß ist.
Ach ja: Die Aussprache im Bundestag zog sich bis tief in die Nacht, da das Gesetz auch während der dritten Lesung im Bundestag von zahlreichen Vertretern der Oppositionsfraktionen als verfassungswidrig gesehen wurde.
Auch die Oppositionsfraktion, welche im Organstreitverfahren ihre einhergehenden verletzten Rechte (diese Rechte müsste man herausfinden; ich weiß jedoch nicht, welche Rechte das sein könnten???) geltend machen möchte, ist der Ansicht, dass das Gesetz verfassungswidrig ist.

Eine Oppositionsfraktion möchte im Organstreitverfahren ihre verletzten Rechte geltend machen, da sie bei der Beschlussfassung nicht mitgemacht hat (es gibt keine Gründe, warum diese Oppositionsfraktion an der Beschlussfassung nicht teilgenommen hat) und weil aufgrund der Abwesenheit der meisten Abgeordneten die Grundsätze der parlamentarischen Demokratie verstoßen wurden.

Welche Rechte kämen für die Oppositionsfraktion bei der Antragsbefugnis in Betracht?
Rechte des Deutschen Bundestags macht sie nicht geltend, sondern sie möchte sich nur auf ihre eigenen Rechte berufen - wären dass dann Teilhaberechte?
Oder wäre das Abstimmungsrecht verletzt, weil die Abstimmung nachts war und es vielleicht nicht allen möglich war, so lange tätig zu bleiben???
Aber Teilhabe- bzw. Abstimmungsrechte sind doch keine Rechte der Fraktion, sondern der Abgeordneten - könnte aber diese Fraktion dann trotzdem diese Rechte geltend machen oder nicht???

Die Rechte der Fraktionen leisten sich ja aus der Gesamtheit der Abgeordnetenrechte nach Art. 38 I 2 GG ab, oder? Was für den einzelnen Angeordneten gilt, gilt glaub ich auch für Fraktionen, wobei Fraktionen auch noch weitere Rechte haben.
Käme da vielleicht eher eine Verletzung des Mandates in Betracht???

Mit ist klar, dass prinzipiell kein Recht verletzt wurde, da keiner die mangelnde Beschlussfähigkeit nach § 45 II 1 GOBT gerügt hatte. Aber man müsste bei der Antragsbefugnis trotzdem begründen, welche eventuellen Rechte für die Oppositionsfraktion in Frage kämen.
Die Antragsbefugnis setzt voraus, dass zumindest die Möglichkeit besteht, dass der Antragsteller in seinen Rechten verletzt ist, es darf also nicht von vornherein ausgeschlossen sein.
Grundsätzlich wäre ja hier eine Rechtsverletzung möglich, da ein faktischer Ausschluss der Fraktion theoretisch denkbar wäre, stimmt's?
Würde man also bei der Antragsbefugnis rausfliegen, weil sich diese Fraktion selbst verschuldet hatte, da es ihr selbst in der Nacht zumutbar wäre, zur Sitzung zu erscheinen? Die Sitzung wurde ja nicht in der Nacht angesetzt, sie hat sich ja nur gezogen ...

Ich weiß nur, dass es sich vorliegend um ein Organstreitverfahren (nur die Zulässigkeit) handeln muss.

Streitgegenstand wäre eine Maßnahme i.S.d. § 64 BVerfGG, also die Beschlussfassung des Bundestages, bei welcher die Abstimmung ohne jegliche Oppositionsfraktionen durchgeführt wurde, wenn ich mich nicht täusche.

Über jegliche Hilfe und Ideen wäre ich sehr dankbar!

P.s.: Vielleicht ist der Antragsteller auch nicht in seinen eigenen Rechten als Oppositionsfraktion verletzt? Als derartige Rechte kommen nur solche im interparlamentarischen Raum, nicht aber im Verhältnis zwischen Parlament und Regierung in Betracht??? ...


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Eine Idee:
In § 63 Abs. 1 BVerfGG steht ausdrücklich, dass sich die Antragsbefugnis nur aus der Geltendmachung einer Verletzung von durch das Grundgesetz übertragenen Rechten und Pflichten ergeben kann.
Ich würde in einem Gutachten unter der Antragsbefugnis wie folgt vorgehen:

- Feststellen, dass nur Rechte und Pflichten aus dem GG relevant sind, dass also die §§ 10 ff. GOBT nicht zu berücksichtigen sind

- Feststellen, dass die Fraktion selbst nicht im GG erwähnt wird

- Drauf eingehen, dass die Fraktion als grundrechtsverpflichtete Art. 1 III, 20 III GG nicht auf die Grundrechte berufen kann

- Auf Art. 21 GG eingehen und kurz auf den Unterschied Partei und Fraktion eingehen und aufgrund dessen die Einschlägigkeit ablehnen

- Überlegen, ob es "Oppositions-Rechte" gibt -> es gibt zwar Rechte zur Stärkung von Minderheiten im Parlament, aber nach meiner Einschätzung nichts, was hier einschlägig ist

- Auf Art. 38 Abs. 1 S. 2 GG eingehen und darauf, dass eine Fraktion die Rechte der Abgeordneten in der Gruppe ausübt. Hierauf würde ich mich dann im Weiteren stützen. Das durch Art. 38 Abs. 1 S. 2 GG alle Rechte geschützt werden, die für die Abgeordneten notwendig sind, um ihrer Aufgabe als Volksvertreter gerecht zu werden, z.B. Antragsrecht, Rederecht aber auch das Recht an der Teilnahme an den Sitzungen.

Beim letzten Teil bist Du ja schon selbst am überlegen gewesen, ob das Recht an der Teilnahme dadurch berührt sein könnte, dass die Sitzung und Abstimmung so spät erfolgte. Das Du darüber nachdenkst, wäre für mich das Signal, dass es tendenziell möglich ist. Also ist gemäß der Möglichkeitstheorie die Antragsbefugnis gegeben.
Hier kommt es stark auf den Sachverhalt drauf an, wie offensichtlich es ist, dass keine Verletzung vorliegt.

Oh, vielen lieben Dank für deine ausführliche Erklärung. Du hast mir gut weiterhelfen können! Danke dir!