Mehrfachbefristungen und Befristungsketten unter Berücksichtigung der Richtlinie 99/70/EG
AutorIn: k.A. · Universität: Osnabrück · Note: k.A.
Eine der grundlegenden Aufgaben des Arbeitsrechts besteht darin, dem Erwerbstätigen seine Existenzgrundlage zu sichern.1 Der Arbeitnehmer bestreitet mit seiner individuellen Arbeitskraft seinen Lebensunterhalt. Um diesen durch die Arbeit bestreiten zu können, sind verschiedene Aspekte von entscheidender Bedeutung: Zum einen ist der Arbeitnehmer darauf angewiesen, eine seiner Arbeitskraft angemessene Vergütung zu erhalten2, zum anderen sollten durch die Arbeit nicht die Integrität und die Gesundheit des Arbeitnehmers geschädigt werden.3
Gerade der Aspekt der Sicherheit bezüglich des Erhalts des Arbeitsplatzes, den ein Arbeitsverhältnis vermitteln soll4, wird durch die zunehmende Anzahl von befristeten Arbeitsverträgen infrage gestellt. Diese grundsätzliche Unsicherheit von einmal befristeten Arbeitsverträgen wird bei solchen, die mehrfach befristet werden, verstärkt. Dabei sollte laut der Bundesregierung das befristete Arbeitsverhältnis eine „Brücke zur Dauerbeschäftigung“5 darstellen.
Belegt wird dies damit, dass ungefähr 50 % der befristeten Arbeitsverhältnisse in befristete übergegangen wären.6 Erhält der Arbeitnehmer aber mehrere befristete Arbeitsverträge nacheinander, so werden nachfolgende potentielle Arbeitgeber diese Mehrfachbefristung als Zeichen einer eingeschränkten Produktivität des Arbeitnehmers werten.7 Dadurch findet eine Stigmatisierung des Arbeitnehmers durch die Mehrfachbefristungen statt.8 Die Gründe für eine solche Mehrfachbefristung werden häufig nicht beim Arbeitgeber, sondern beim Arbeitnehmer gesucht.9
Es wird übersehen, dass die Unternehmen eigene Motive haben, einen Arbeitsvertrag zu befristen.10 Entgegen dem erklärten Ziel der Bundesregierung ist die Konsequenz, dass die betroffenen Arbeitnehmer nur unter erschwerten Bedingungen unbefristete Arbeitsverträge erhalten. Damit wäre die Mehrfachbefristung treffender als „Brücke zur Arbeitslosigkeit“ zu sehen.11 Da aufgrund dieser bedenklichen Entwicklung das unbefristete Arbeitsverhältnis mehr und mehr zum Normalfall in Deutschland wird (die „Süddeutsche Zeitung“ titelte am 17.03.2010: „Unsichere Arbeitsplätze werden zur Regel“12), will diese Seminararbeit die Möglichkeiten der Ketten- und Mehrfachbefristung von Arbeitsverhältnissen aufgrund der aktuellen Rechtsprechung des BAG darstellen. Da gerade der Einfluss des Europarechts im Befristungsrecht deutlich zu spüren ist13, wird ein wesentliches Augenmerk darauf gelegt, welche Konsequenzen sich aus der Rechtsprechung des EuGH zur Befristungsrichtlinie für die nationale Rechtsprechung zur Mehrfach- und Kettenbefristung ergeben. Abschließend wird überblicksartig die Behandlung von Mehrfach- und Kettenbefristungen in der EU dargestellt.
- 1. Düth/Thüsing, Arbeitsrecht, § 1, Rn. 1.
- 2. BVerfG v. 27.01.1998 – 1 BvL 15/87, BVerfGE 97, 169, 177 (Kleinbetriebsklausel I).
- 3. Junker, Grundkurs Arbeitsrecht, Rn. 8.
- 4. Dütz/Thüsing, Arbeitsrecht, § 1, Rn. 2.
- 5. Dr. Ursula von der Leyen, Weiße Flecken erkunden, in: Der Spiegel, Ausgabe Nr. 12/2010 v. 22.03.2010, S. 94; Kuchenbuch, Zur Problematik der Mehrfachbefristung, S. 7.
- 6. BT-Drucks, 14/4374, S. 12; Meinel/Hein/Herms, TzBfG, Einl., Rn. 14.
- 7. Kröger, Die Befristung von Arbeitsverträgen, S. 66.
- 8. Bielenski/Hartmann/Pfarr/Seifert, Beendigung von Arbeitsverhältnissen, AuR 2003, 81, 89.
- 9. Jahn, Ökonomische Theorie, S. 272.
- 10. Von Klitzing, Ordnungsökonomische Analyse, S. 60 und 173.
- 11. Kuchenbuch, Zur Problematik der Mehrfachbefristung von Arbeitsverhältnissen, S. 7.
- 12. Öchsner, Süddeutsche Zeitung v. 17. März 2010, S. 1.
- 13. Henssler/Braun, Europäisches Arbeitsrecht, Rn. 3.
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