Berücksichtigung von außergewöhnlichen Belastungen

AutorIn: k.A. · Universität: Osnabrück · Note: 14 Punkte

Außergewöhnliche Belastungen im Krankheitsfall

Erwachsen einem Steuerpflichtigen Kosten, gegen die er sich nicht erwehren kann, zum Beispiel zur Behandlung einer Krankheit, dann mindert sich als Konsequenz daraus seine Möglichkeit, über das von ihm erwirtschaftete Einkommen zu verfügen. Die Einkommensteuer, die ja aber gerade das disponible Einkommen als Ausdruck der Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen erfassen will1, muss  mit dieser Situation umgehen.

Mit den §§33, 33a und §33b EStG reagiert das Einkommensteuerrecht auf die so verminderte Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen, indem es solche außergewöhnlichen Aufwendungen von der Bemessungsgrundlage abzieht, die ihm dem Grunde und der Höhe nach zwangsläufig erwachsen und soweit sie einen bestimmten Prozentsatz der eigenen Einkünfte übersteigen (§33 I, III EStG).

Zu der Frage, was im Einzelnen als agB anzuerkennen ist, hat sich eine umfangreiche Kasuistik entwickelt, wobei hier die Krankheitskosten einen der wichtigsten Anwendungsbereiche darstellen.2 Die Diskussion um die Berücksichtigung von Krankheitskosten ist dabei von „einem steten Ringen um die Abgrenzung von echten Krankheitskosten und allgemeinen Kosten der Lebensführung geprägt“3. Hierfür forderte der BFH in Fällen, in denen die medizinische Indikation der Maßnahme nicht offensichtlich war, in ständiger Rechtsprechung ein im Vorfeld der Maßnahme ausgestelltes, amtsärztliches Attest oder ein entsprechendes Gutachten des MDK.4

Mit BFH v. 11.11.2010 – VI R 17/09 verabschiedete sich jedoch  der erkennende Senat von diesem Erfordernis, das seit jeher unter Kritik5 stand. Mit dem StVereinfG von 2011 wurde dieses Nachweiserfordernis vom Gesetzgeber für bestimmte Fälle wieder eingeführt und zur materiell-rechtlichen Anspruchsvoraussetzung erhoben - mit Geltung für alle Fälle, in denen die Einkommensteuer noch nicht bestandskräftig festgesetzt wurde (§33 IV EStG iVm §§64, 84 III EStDV).6 Der Gesetzgeber nutzte damit die Gelegenheit, der unliebsamen Rechtsprechungsänderung einen Riegel vorzuschieben.7 Mit Blick auf diese Gesetzesänderungen drängen sich jedoch Fragen auf, die innerhalb dieser Arbeit untersucht werden sollen:

1. Ist eine derartige rückwirkende Regelung in §84 III f EStDV zulässig?
2. Kann die Berücksichtigung von bestimmten Krankheitskosten davon abhängig gemacht werden, dass der Steuerpflichtige sich im Vorfeld der Behandlung dem Amtsarzt oder dem MDK stellt, wenn auch im Nachhinein die Kosten als echte Krankheitskosten zweifelsfrei bestätigt werden können?

Zur Beantwortung dieser höchst aktuellen8 Fragen, erscheint es angebracht zunächst den Begriff der agB jedenfalls insoweit kurz darzustellen, als dass es für den weiteren Gang der Analyse notwendig ist. Sodann soll sich die konkrete Untersuchung der obigen Fragen anschließen, die sich an dem – auch vom BFH entschiedenen – Fall des an Legasthenie leidenden und auswärtig untergebrachten Kindes orientieren wird.

  • 1. Seiler FR 2010,114; Jakob/Jüptner StuW 1983,206; Tipke/Lang §9 Rn. 1.
  • 2. Tipke/Lang §9 Rn. 726; Haupt DStR 2010, 960; Steger S.39; zu den verschiedenen Topoi der Aufwendungen und ihrer Berücksichtigung: Schmidt/Loschelder §33 Rn. 35ff.; Stache S. 67ff.
  • 3. Geserich FR 2011, 1067.
  • 4. BFH DStR 2001, (1114) 1115; BFH DStRE 2001, (131) 132; BFH DStR 1995, 1383.
  • 5. cf. etwa Rößler INF 2005, 296ff.; H/H/R/Kanzler (173. Lfg.) §33 Anm. 26.
  • 6. Kanzler NWB 2011, 2325.
  • 7. Haupt DStR 2011, 2443.
  • 8. Nach FG Münster v. 18.01.2012 – 11 K 317/09 ist eine entsprechende Revision beim BFH anhängig (Az.: VI R 13/12).

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