Das Wissen in die Prüfung bringen – Lerngrundsätze (Teil 2)
von Jörn · am Do, 04/07/2013 - 17:32 · Lernbeiträge
I. Vom Koch, der alle Rezepte kannte…
Es war einmal ein Koch. Dieser hatte in dutzende Kochbücher geschaut und konnte mittlerweile jedes Rezept auf Anhieb wiedergeben. Er wusste, wie viele Eier in einen Pfannkuchen gehören, wie man die perfekte Schnitzelpanierung macht, ja sogar wie man es hinbekommt, dass ein Soufflee nicht zusammenfällt. Eigentlich hätte er sich einen Michelin-Stern ergattern müssen, doch er hatte ein Problem: Immer wenn er am Herd stand, scheiterte er. Er wusste nicht wie man die Platten anstellt, ob man besser einen Topf oder eine Pfanne nimmt, ob so viel Öl dem Essen wirklich noch gut tut oder wie man vernünftig anrichtet. Kurz: Der Koch wusste theoretisch wie man kocht, aber er konnte es nicht umsetzen.
Ganz ähnlich ist es in eurem Jurastudium: Ihr könnt noch so viel abstraktes Wissen angehäuft haben, zig Definitionen oder Prüfungsschemata kennen: Solange ihr nicht wisst, wie man diese Kenntnisse in der Klausur oder Hausarbeit unterbringt, werdet ihr nicht gut abschneiden können. Ihr habt totes Wissen angehäuft!
In der Klausur ist – was den Wissenstransfer anbelangt – dreierlei verlangt: Zunächst einmal müsst ihr in der Lage sein, die Probleme des Falls zu erkennen, damit ihr wisst, wo der Schwerpunkt der Klausur liegt, d.h. wo man punktebringende Akzente setzen muss. Zum Erkennen dieser Probleme eignet sich das Normalfalldenken besonders gut (II.). Habt ihr die Klausurprobleme erkannt, müsst ihr passendes Wissen aufrufen können. Dazu ist es wichtig, dass es abrufbar gespeichert ist. Dies ist nur dann der Fall, wenn ihr den Stoff ins Langzeitgedächtnis gebracht habt. Genau dieses erreicht ihr, indem ihr das Wissen fortwährend wiederholt (III.). Um sicherzustellen, dass die Inhalte, an die ihr euch erinnert, auch wirklich klausurtauglich und nicht (nur) bloßes Lehrbuchwissen sind, muss man dafür sorgen, dass man stets mit Blick auf die späteren Klausuren lernt (IV.).
II. Regel 4: Denke gesund! – Normalfalldenken
Diese Lernmethode geht auf Fritjof Haft: „Einführung in das juristische Lernen“ zurück.
1. Was ihr von eurem Arzt lernen könnt
Wenn du Hufe hörst, dann denke an Pferde, nicht an Zebras! (Dr. Cox, Scrubs).
Was haben Ärzte und Jurastudenten gemeinsam? Richtig, sie müssen Probleme erkennen. Bei den Ärzten sind dies vorwiegend Krankheiten oder sonstige Beschwerden; bei uns Studenten sind es Streitigkeiten und Auslegungsprobleme. Glaubt ihr, dass euer Arzt alle Krankheiten auswendig lernt, um später in der Lage zu sein, die richtige Diagnose zu stellen? Wohl kaum. Ein späterer Arzt lernt in seinem Studium zunächst wie der gesunde Körper funktioniert und wie er aufgebaut ist. Kennt er den Knochenbau und die Organfunktionen, fällt es im leicht(er), bei einem Patienten eine dessen Beschwerden entsprechende Krankheit zu diagnostizieren oder – wenn die Einschränkungen des Patienten unerheblich sind – auch gar nicht oder mit nur schmalen Mitteln zu reagieren.
In eurem Jurastudium ist es genauso: Ein Student, der alle Klausurprobleme („Diagnosen“) kennt, aber um den Normalfall einer Anspruchsvoraussetzung oder eines Tatbestandsmerkmals nicht weiß („gesunder Körper“) wird sie schlimmstenfalls nicht erkennen können oder zumindest an den falschen Stellen nach ihnen suchen. Ersteres führt in der Regel zum Nichtbestehen, letzteres immerhin zum erheblichen Zeitverlust.
Diese Methode hilft insbesondere bei der Ausbildung eines Problembewusstseins und der richtigen Schwerpunktsetzung. Der Arzt ist zunächst einmal bemüht, so wenig wie möglich einzugreifen und den Patienten (sofern möglich) besehen, aber unbehandelt nach Hause zu schicken, eben weil er gesund ist. Für eure Klausur bedeutet das: Immer dann, wenn sich in eurer Klausur keine Probleme auftun oder diese unentschieden bleiben können, dann behandelt ihr sie in der gebotenen Kürze. Es gilt die Regel:
Probleme wegschaffen, statt sie zu schaffen!
Nun gibt es aber Diagnosen, die ein Arzt sehr ernst nehmen muss, weil sie eine lange Behandlung oder die sofortige Verlegung auf die Intensivstation erfordern. Erkennt ihr in eurer Klausur ein solches „existenzielles Problem“, müsst ihr ähnlich wie euer Arzt reagieren: Ihr solltet auf das Problem sehr viel Zeit und Mühe verwenden, um dem Korrektor zu signalisieren, dass ihr um die Bedeutung dieser Schwierigkeit wisst. Natürlich versucht der Arzt trotzdem, den Patienten so schnell wie möglich wieder auf die Beine zu bekommen, auch damit er sich auf andere behandlungsbedürftige Personen konzentrieren kann. So ist es auch in eurer Klausur: Ihr dürft euch niemals in ein einzelnes Problem verbeißen, sondern müsst – sobald es gelöst ist – sofort auf ein anderes umschwenken. Vergesst dabei aber nicht die vielen „leichten Diagnosen“ – bei ihnen gibt es sicher nicht so viele Punkte zu ergattern wie bei den Kernproblemen. Nachlässigkeiten machen aber auf Dauer einen schlechten Eindruck!
Um das Arztbeispiel abzuschließen: Denkt dran, dass ihr genauso wie ein Arzt nicht darum herumkommt, einige besonders wichtige Diagnosen (sprich: Klausurprobleme) zu lernen! Ein Mediziner muss wissen wie sich ein Herzinfarkt, ein Schlaganfall oder Diabetes äußert, um bei einem entsprechenden Verdacht sofort die notwendigen Maßnahmen treffen zu können. Ihr als Studenten müsst Standardstreitigkeiten ohne großes Zögern erkennen. Der Grund ist der gleiche: Genauso wie dein Arzt, musst auch du Denkaufwand und vor allem Zeitverlust durch zu lange „Untersuchungen“ vermeiden. Zwei Beispiele für solche Klassiker, die sitzen müssen, sind die Frage nach dem materiellen Prüfungsrecht des Bundespräsidenten oder der Streitpunkt, ob die §§ 253, 255 StGB eine Vermögensverfügung voraussetzen oder nicht.
2. Wie geht es nun, dieses „Normalfalldenken“?
Ein einführendes Beispiel:
A hat ständig Finanzprobleme. Da er glücklicherweise aber nicht nur klamme Kassen, sondern auch einen reichen Erbonkel hat, legt er diesen kurzerhand um und erhascht dessen gesamtes Geld.
A hat sich ziemlich unproblematisch eines Mordes aus Habgier schuldig gemacht. Denn die Bereitschaft einen Menschen zu töten, nur um Finanzmittel zu erlangen, die man sich auch redlich (z.B. durch eine Arbeit oder ein Darlehen) hätte beschaffen können, ist ein unnatürliches Streben nach Gewinn und kennzeichnet die Tötung deshalb als besonders verwerflich.
Nun das Gegenbeispiel:
O hat gegen den A eine Forderung in Höhe von 10.000 €. O plant diese gerichtlich geltend zu machen. Damit ist A nicht einverstanden, denn er liebt doch sein sauer verdientes Geld. Er fackelt deshalb nicht lange und erschießt den O vor dessen Haus mit einer Schrotflinte.
Irgendwas an diesem Fall ist anders, oder? Aber was? Nun hilft euch das Normalfalldenken: In obigen Beispiel haben wir den Normalfall der Habgier: Jemand benötigt Geld, ein anderer hat Geld und der Täter ist bereit den anderen Menschen zu töten, um in den Besitz dieses Geldes zu kommen.
Der unten stehende Fall passt nicht so recht in den Normalfall. Denn A erstrebt nicht auf unnatürlichem Wege Geld, sondern will vielmehr die Geltendmachung einer Forderung, sprich einen Vermögensverlust vermeiden. Wir haben es hier also mit einer Abweichung der Klausursituation vom juristischen Normalfall, kurz: mit einem Problem zu tun. Nun muss man sich fragen, ob diese Abweichung erheblich ist oder nicht. Eine Subsumtion unter die Norm kann in der Regel nur bei einem unerheblichen situativen Unterschied erfolgen. Der Begriff der Habgier legt zwar nahe, dass der Täter Vermögensgewinne erstreben muss. Allerdings kann auch die Nichtgeltendmachung einer Forderung einen indirekten Gewinn (ausgebliebener Verlust) bedeuten. Zudem kann der Wortbestandteil „Hab“ auch so verstanden werden, dass der Täter bereit ist, für seinen Wunsch, weiterhin zu „haben“, Menschen zu töten. Der Unrechtsgehalt eines Gewinnstrebens ist mit dem der Verlustvermeidung (jeweils erzielt durch den Preis eines Menschenlebens) vergleichbar, sodass auch der zweite Fall unter die Habgier fallen muss.
Das Normalfalldenken hilft euch also, Probleme im Fall zu erkennen, diese zu bewerten und schließlich eine Entscheidung (Subsumtion oder Prüfungsabbruch) zu treffen.
III. Regel 5: Wiederhole und erhole! – Zyklisches Lernen
1. Wiederhole…
Bei diesem Lerngrundsatz muss einer der Autoren umgehend an einen – zur Schulzeit total nervigen – Spruch denken, den sein Lehrer in fast jeder Stunde gebracht hat: „Steter Tropfen höhlt den Stein!“. Klar, der Lehrer wollte uns zu kontinuierlichem Arbeiten und Wiederholen anhalten. Aber so recht ernstnehmen kann man das in der Schulzeit ja nicht. Spätestens im Studium müsst ihr diese Einstellung jedoch ad acta legen! Wir wollen euch daher an dieser Stelle deutlich machen, warum der Lehrer mit seiner Lebensweisheit Recht hatte, und zwar nicht nur was das Studium, sondern das Leben an sich anbelangt.
Damit schließt sich auch der Kreis zum ersten Lerngrundsatz, nach dem man sein Lernen aktiv gestalten sollte. Denn beim Wiederholen erntet man die Früchte dafür, dass man sich zuvor mühsam und schweißtreibend eigene Karteikarten oder Computer-Skripte angefertigt hat: Diese kann man nun innerhalb kürzester Zeit mehrmals wiederholen. Da man sie in eigener Sprache abgefasst hat, geht dies sogar schneller als eine vergleichbare Stoffmenge in einem Lehrbuch oder Skript.
Sehr effektiv ist das sog. „exponentielle Wiederholen“: Der Stoff wird dabei an einem Tag gelernt und dann nach dem Potenzierungsprinzip ins Gedächtnis verbracht, also das erste Mal einen Tag später wiederholt, dann zwei Tage später, dann nach vier Tagen usw. Das Gedächtnis des Menschen funktioniert nach einer Art „Trichterprinzip“ – während ins Ultrakurzzeitgedächtnis noch sehr viele, häufig nicht bewusst verarbeitete Eindrücke gelangen, wird es spätestens beim Langzeitgedächtnis dünn – genau dorthin soll aber euer Klausurwissen! Diese Wiederholungsstrategie passt gut zu diesem Merksystem des Gehirns, weil es nach und nach die Wiederholungsphasen ausdehnt und so dem Umstand gerecht wird, dass sich euer Gehirn nicht sofort alles, aber mit der Zeit immer mehr einprägt. Achtet dabei unbedingt darauf, dass zwischen dem ersten und zweiten Wiederholen nicht mehr als 24 Stunden liegen.
Macht euch zudem die Kniffe und Tricks aus der kognitiven Psychologie zu Nutze, mit denen sich euer Gehirn in die richtige Richtung lenken lässt:
a) Primär- und Resenzeffekt: Lernt die Sachen, die besonders schwierig sind oder die ihr euch unbedingt merken müsst, am Anfang oder am Ende eurer Lerneinheit. Der Effekt, dass sich das Gehirn frühe Dinge besonders gut merkt, nennt sich „Primäreffekt“; sein Gegenstück am Ende der Aufnahmephase „Resenzeffekt“. Man kennt dies aus dem Alltag: Der „erste Eindruck“ und die Art, wie man sich verabschiedet, bleiben oft am besten haften. Die Effekte helfen auch in der Klausur: Die erste und letzte Seite sollten in eurer bestmöglichen Schrift verfasst sein. Achtet auch darauf, dass ihr – wenn möglich – bei den einzelnen Prüfungspunkten Schlüsselbegriffe entweder direkt an den Anfang oder ans Ende setzt (ideal: sowohl als auch), damit der Korrektor von eurer Arbeit sofort einen positiven Eindruck gewinnt (und behält) und den restlichen Textkörper – so hart es klingt – auch mal überlesen kann.
b) Flow: Dieses Phänomen der Glücksforschung geht auf den Psychologie-Professor Mihaly Csikszentmihalyi zurück. Es bezeichnet ganz allgemein das völlige Aufgehen in einer Tätigkeit, bei dem sich Produktivität und Aufnahmefähigkeit erheblich steigern. In einen solchen Zustand kommt man am besten hinein, wenn man sich eine ruhige Atmosphäre schafft und aktiv mitdenkt (oder besser: schreibt, siehe den ersten Lerngrundsatz!) und dabei möglichst ohne Druck oder Stressfaktoren vorgeht. So einen Zustand zu erreichen, ist nicht immer leicht, aber wenn man ihn einmal hat: Möglichst nicht unterbrechen!
c) Peak-End-Rule: Diese Heuristik hat der Nobelpreisträger Daniel Kahneman erstmals beschrieben. Ihr kennt sicher den Spruch „Man soll aufhören, wenn es am schönsten ist“. Diese Binsenweisheit ist nicht so gehaltlos, wie man zunächst denken könnte. Tatsächlich werden Erinnerungen an Geschehnisse vom Gehirn gefiltert: Es erinnert sich vor allem an den Höhepunkt und an das Ende der Erfahrung. Ist das Ende positiver als der Höhepunkt (der also auch ein negativer Höhepunkt, sprich ein Tiefpunkt sein kann), dann wird die Erinnerung pauschalisiert und als positiver empfunden, als sie tatsächlich war. Natürlich gilt dies auch umgekehrt!
Heißt für euer Lernen: Schließt durchaus mal mit einem Erfolgserlebnis ab! Es bringt nichts jedes produktive Lernen mit einer unheimlich zähen letzten Stunde abzuschließen, weil die Erinnerungsverblassung durch das Gehirn euren Lernerfolg negativer bewertet als er tatsächlich war. Genau dies schadet eurer Langzeitmotivation oder schmälert schlicht den Spaß am Studium.
2. …und erhole
Natürlich dürft ihr beim ganzen Lernen eines nicht vergessen: Ihr seid keine Maschinen und braucht ab und an Erholung! Wichtig ist dabei, dass dem Gehirn durch einen erholsamen Schlaf die Möglichkeit gegeben wird, die Informationen zu verarbeiten und speichern zu können. Laut einer Studie ist es besonders effektiv, unmittelbar vor dem Schlaf zu lernen. Das Gehirn geht dann gewissermaßen die „Lernroute“ in der Nachtruhe noch einmal ab und prägt den Stoff auf diese Weise tiefer ins Gedächtnis.
Ebenso wichtig ist aber, dass ihr euch bei der Wiederholung und generell beim Lernen gut behandelt: Es bringt nichts, wenn ihr euch zum Lernen zwingen müsst. Wenn ihr merkt, dass ihr für diesen Tag nichts mehr an Wissen aufnehmen könnt, sei es, weil ihr gesundheitlich angeschlagen seid, die Studentenparty des vorherigen Abends zu lange gedauert hat oder euch andere Dinge belasten, dann legt die Skripte oder Karteikarten zur Seite und widmet euch etwas anderem! An solchen Tagen würdet ihr lerntechnisch ohnehin ineffizient sein. Zudem werdet ihr die Energie brauchen, um euren Körper zu regenerieren oder einfach die Seele baumeln zu lassen.
Findet euch damit ab, dass es Tage gibt, an denen es heißt: Rien ne va plus – nichts geht mehr. Und unter uns: Man muss auch nicht an jedem Tag lernen, um erfolgreich zu sein!
IV. Regel 6: Lerne für den Fall! – Fallorientiertes Lernen
Vielleicht kommt euch die folgende Begebenheit, wie sie beide Autoren schon häufiger erlebt haben, bekannt vor:
„Na, wie bereitest du dich auf die Klausur im Sachenrecht morgen vor?“ „Ich lerne primär die Grundlagen und versuche mir dann anhand dieses Wissens die Klausur zu erschließen.“ „Glaubst du wirklich, dass das reicht? Ich habe bisher schon zwei Lehrbücher und den Medicus zum Thema gelesen sowie zehn umfangreichere Probleme gelernt und werde mir gleich noch die 10. Mindermeinung zu einem Meinungsstreit auf diesem Gebiet reinhämmern müssen. Es kommt ja auf die Details an. Mit Grundlagen wirst du die Klausur nicht bestehen!“
Natürlich haben auch uns diese Aussagen unserer Kommilitonen etwas verunsichert – gerade in den Anfangssemestern. Jedoch blieben wir unserer Linie treu und sorgten dafür, dass das Fundament sicher saß und man von dem einen oder anderen (Standard-)Problem zumindest gehört hatte. Damit sind wir ziemlich gut gefahren und der Kommilitone, mit dem einer der Autoren die obige Unterhaltung hatte, fiel mit Sang und Klang durch die Klausur, weil reines Grundlagenwissen gefragt war.
Das Jura-Studium besteht zu einem großen Teil daraus sich den Stoff auf eine geeignete Weise zu erarbeiten, ihn zu durchdringen und langfristig abzuspeichern, um ihn jederzeit wieder abrufen zu können. Dies stellt aber auch nur eine Seite der Medaille dar, denn ebenso wichtig ist, dass das Lernen auch auf den konkreten Fall ausgerichtet ist.
Ihr solltet allerdings nicht ausschließlich für den Fall lernen, sondern auch von den Fällen. Damit meinen wir, dass ihr alte Klausuren auf typische Fehler untersuchen solltet, um sie beim nächsten Mal zu vermeiden. Um euch etwas Recherche zu ersparen, bieten wir euch im nächsten Artikel eine Übersicht über die 10 schwerwiegendsten Klausurfehler an!
Um fallorientiertes Lernen zu erreichen, gibt es verschiedene Möglichkeiten:
Möglichkeit 1: Die Fallsammlung
Der juristische Büchermarkt bietet dazu eine schier unüberschaubare Masse an Lehrbüchern. Jedoch sollte man die Wahl selbst in die Hand nehmen und in jedes Buch einmal persönlich hineingeschaut haben, da diese hinsichtlich der Struktur der Fälle, dem Aufbau und der Tiefe der Bearbeitung mitunter stark variieren. Je nach eurem Ausbildungsstand könnt ihr euch ein passendes Buch auswählen.
Doch auch hier gilt, dass ihr aktiv werden solltet. Ihr solltet die Fälle nicht nur „konsumieren“, d.h. die Falllösung lesen, sondern versuchen, den Fall soweit wie möglich selbst zu lösen. Viele Fallbücher sind genau nach diesem Modell aufgebaut: Auf einer Seite steht der Sachverhalt und der Rest der Lösung ist erst einmal nicht ersichtlich. Dies ermöglicht es euch, eigene Gedanken zum Fall zu entwickeln und dann eure Lösungsideen mit dem Vorschlag abzugleichen. Das Wort „Vorschlag“ haben wir bewusst gewählt: Die Vorgabe des Fallbuches sollte für euch nicht in Stein gemeißelt sein. Traut euch ruhig einmal etwas anders zu sehen als der Buchautor. Stempelt eigene Ideen, die in der Fallsammlung nicht auftauchen, nicht sofort als abwegig ab. Denn wenn man irgendwo im Jurastudium seine Kreativität zeigen kann, dann bei Klausuren. Wenn ihr nicht völlig daneben liegt, werden Ideen außerhalb der Vorgabe hochpunktig honoriert werden!
Möglichkeit 2: Klausuren schreiben
Den gleichen Lerneffekt erzielt das Schreiben von Klausuren. Dort könnt ihr überprüfen, ob ihr das erlernte Wissen auch wirklich in der Klausur anwenden und umsetzen könnt. Es spielt dabei keine Rolle, um was für eine Klausur es sich handelt (Grundstudiumsklausur, Fortgeschrittenenübung oder Examensklausurenkurs) – wichtig ist, dass ihr unter (möglichst) realen Bedingungen die Klausuren schreibt. Insbesondere die „Stresserfahrung“, wenn die Zeit knapp wird oder euch partout nichts sinnvolles einfallen mag, ist wichtig und bereitet euch auf den späteren Ernstfall vor. Weiterer Vorteil der Klausuren: Anders als bei Fallsammlungen kosten sie (nahezu) kein Geld und werden professionell bewertet. Der kleine Selbstbetrug „Das hatte ich doch quasi genauso!“ klappt – anders als bei Fallbüchern – bei den schriftlichen Prüfungen nicht. Klausuren schreiben funktioniert dabei von „oben nach unten“ aber nicht umgekehrt. Heißt: Als Examenskandidat könnt ihr eine BGB-AT-Klausur für das erste Semester schreiben, nicht aber als „Erstie“ eine Klausur für Fortgeschrittene. Dafür ist Jura ein zu schweres Fach.
Möglichkeit 3: Fallbearbeitung in der Uni
Eine weitere gute Möglichkeit, die ebenso dem Grundsatz des aktiven Lernens gerecht wird, ist die Falllösung in den vorlesungsbegleitenden AGs der Uni. Primär sei auf den vorherigen Artikel verwiesen, der auch dieses Thema aufgreift. Bereitet die Fälle für die Arbeitsgemeinschaft der Uni soweit wie möglich vor, um zu sehen, ob ihr den behandelten Stoff richtig verstanden und in eure Lösung gebracht habt. Dann könnt ihr eure Lösung mit derjenigen des AG-Leiters vergleichen und eventuell mit ihm darüber diskutieren, ob euer Weg nicht auch gangbar ist.
Das besonders effektive Lernen in einer privaten AG werden wir euch in drei Wochen vorstellen.
Voraussetzung für den Erfolg dieser Methode ist, dass ihr zuvor über das notwendige Fundament verfügt. Eine Erarbeitung des Stoffes ist anhand dieser Methode nur sehr schwer möglich und auch nicht als sinnvoll zu erachten. In einer Falllösung können Streitigkeiten nur in gebotener Kürze dargestellt werden. Das Wissen wird also nicht weiter vertieft, obwohl genau dieses für eine fundierte Auseinandersetzung wichtig wäre. Merkt euch also:
Erarbeitet euch den Lernstoff zunächst durch ein Lehrbuch und überprüft erst dann den Lernerfolg durch eine Fallsammlung.
V. Was hängenbleiben sollte…
An dieser Stelle geben wir euch noch einmal eine kurze Zusammenfassung für alle sechs Lerngrundsätze. Diese solltet ihr euch unbedingt einprägen:
1. Lerne aktiv!
Um den größtmöglichen Gewinn aus euren Lernanstrengungen und eurem Studium zu ziehen, müsst ihr die Initiative ergreifen und beim Lernen aktiv werden. Dies erzielt ihr durch die Elemente Reden und Schreiben.
2. Lerne mit Struktur!
Sich die Struktur hinter einem Problem zu erarbeiten und zu verinnerlichen, bringt euch wesentliche Vorteile bzgl. der Effizienz eures Lernens.
3. Lerne mit Hilfe der Rechtsmethodik!
Ist man in der Lage, den Wortlaut einer Norm zu deuten oder ihren Zweck zu bestimmen, kann man sich vor allem im unbekannten Fall besser zurechtfinden und sich selbst gewissermaßen einen „Rettungsanker“ verschaffen.
4. Lerne anhand des Normalfalls!
Problembewusstsein entwickelt ihr am besten, wenn ihr euch zu jedem Sachverhalt zunächst den Normalfall hinzudenkt und – sollte bei dem Vergleich eine Abweichung herauskommen – prüft, ob diese erheblich ist oder nicht. So gelingt auch die Schwerpunktsetzung!
5. Lerne zyklisch!
Lernen gelingt durch die richtige Mischung aus Wiederholungs- und Erholungsphasen. Lernt dabei niemals entgegen eures eigenen Gefühls oder Befindens und nutzt die von uns vorgestellten psychologischen Phänomene und Tricks!
6. Lerne für den Fall!
Versucht schon bei der Erarbeitung des Stoffes darauf zu achten, ob ihr das erworbene Wissen in die Klausur bringen könnt (oder ihr euch „totes Lehrbuchwissen“ angeeignet habt). Überprüft euren Lernerfolg regelmäßig durch Fallsammlungen, Klausuren oder AGs.
Empfehlung:
Wenn Dir der Beitrag gefallen hat, möchten wir Dir auch die weiteren eBooks des gleichen Autorenteams zum Thema "Lernen lernen", "erfolgreich Klausuren schreiben" sowie der "perfekten Hausarbeit" sehr empfehlen:
Zu den e-Books
Hol Dir den gesamten Stoff vom ersten Semester bis zum zweiten Examen kostenlos für drei Tage auf Jura Online!
Das könnte Dich auch interessieren
Und Deine Meinung zu »Das Wissen in die Prüfung bringen – Lerngrundsätze (Teil 2)«
Hausarbeiten erfolgreich schreiben:
Zum eBook DownloadKlausuren erfolgreich schreiben:
Zum eBook Download3.000 Euro Stipendium
Zur AnmeldungEvent-Kalender
Aktuelle Events für Jurastudenten und Referendare in Deutschland!
Kommentare
Leute ich bin euch so dankbar für euere Tipps ! Es hilft wirklich und ich bin so froh zu sehen, dass es bei den Jura - Studenten diesen Zusammenhalt gibt und jemand freiwillig seine Erfahrungen und Tipps online stellt. Vielen lieben Dank dafür. Ich bin mir sicher, dass ihr vielen Studenten damit weiterhelft. Falls ich etwas anmerken darf: Ich habe jetzt bei euch schon öfter gelesen, dass man eben die Zusammenhänge verstehen soll ( "gedankliche Querverweise etc.") und dass man eben die Struktur dahinter kapieren muss, um die Definitionen anwenden zu können. Ein "Top 10" - Ranking über Tipps, wie man die Struktur erfasst wäre absolut klasse. Ich weiß, dass das anspruchsvoll weil abstrakt ist aber ich glaube damit kann man vielen Jura - Studenten erheblich helfen.
Liebe Grüße an das IURA - Team
Das freut uns natürlich sehr
Ich hoffe, dass Dir die anderen Artikel ebenfalls so gut helfen konnten, wie dieser!
Viele Grüße
Dein iurastudent.de - Team