Verzugszinsen

Hallo zusammen,

folgende Fragestellung:
Kaiser bestellt bei dem Onlinehändler Vino eine Kiste seines bevorzugten Rotweins zum Preis von 120 € für seine Geburtstagsparty. Der Wein wird angeliefert und in der beigefügten Rechnung heißt es, dass der Betrag innerhalb von 30 Tagen zu bezahlen sei. Nach Ablauf dieses Zahlungszeitraums träte automatisch Verzug ein. Kaiser vergisst die Rechnung und zahlt erst 2 Monate nach Rechnungserhalt. Kann Vino Verzugszinsen verlagen? Gegebenfalls in welcher Höge und für welchen Zeitraum?

Meine Lösung:
Vino könnte nach §280 BGB Verzugszinsen verlangen. Demnach muss ein Schuldverhältnis vorliegen. Aus dem Kauvertrag liegt ein Schuldverhältnis vor. Nach §286 BGB kommt ein Schuldner in Verzug, wenn auf eine Mahnung des Gläubigers nach dem Eintritt der Fälligkeit keine Leistung erfolgt. Vino hat nicht gemahnt. Allerdings steht dem die Entbehrlichkeit der Mahnung nach §286 Abs 2. BGB gegenüber, sowie der automatische Verzug aus §286 Abs. 3 BGB. Dem automatischen Verzug nach 30 Tagen bedarf es einem besonderen Hinweis gegenüber des Verbrauchers. Kaiser ist nach §13 ein Verbraucher. Der besondere Hinweis liegt ebenfalls nicht vor, da es nach dem Sachverhalt nur heißt „dass der Betrag innerhalb von 30 Tagen zu bezahlen sei“. Dies kann auch als eine Leistung nach dem Kalender aus §286 Abs. 2 S.1 verstanden werden. Demnach könnte wie bereits oben erwähnt, die Mahnung entbehrlich aus §286 Abs.2 S.1 sein. „Betrag innerhalb von 30 Tagen zu bezahlen“, ist eine Leistungsfrist nach dem Kalender. Allerdings bedarf es hier einer beidseitigen Vereinbarung, welche hier nur auf der Rechnung seitens Vino steht. Somit liegt keine beidseitige Vereinbarung vor und Vino hat keinen Anspruch aus Verzugszinsen nach §280 BGB. 

Bin mir allerdings wegen dem automatischen Verzug nicht sicher, ob nach "Ablauf dieses Zahlungszeitraums träte automatisch Verzug ein" auf der Rechnung steht oder nicht. Wenn ja, würde ich sagen, dass automatischer Verzug eingetroffen ist und Verzugszinsen gerechtfertig sind. Oder würdet ihr sagen, dass "dass der Betrag innerhalb von 30 Tagen zu bezahlen sei" auch schon ausreichen würde?

Viele Grüße Smile

Edit:
Ist meine Begründung wegen der beidseitigen Vereinabarung richtig?
 



Hi, grundsätzlich sind die Gedanken, die du dir zu dem Fall gemacht hast korrekt. Meiner Meinung nach solltest du aber etwas vorsichtiger an diesen Anspruch herangehen, teilweise finde ich die Ausführungen etwas missverständlich.

"§ 288 BGB

(1) 1Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen.2Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz. (...)"

Daraus ergeben sich drei Prüfungspunkte. So sähe meiner Meinung nach die Gliederung aus:

Anspruch des V gegen K auf Zahlung von Verzugszinsen aus §§ 288 I, 286 BGB
I. Vorliegen einer Geldschuld (+)
Hier: Anspruch des V auf Zahlung des Kaufpreises, § 433 II BGB
II. Schuldnerverzug, § 286 BGB
1. Fälliger und durchsetzbarer Anspruch
a) Anspruch (+)
b) Fällig (+)
Zeitpunkt, an dem geleistet werden muss, im Zweifel sofort, § 271 BGB. Man kann also davon abweichen, und zwar mit einer Vereinbarung. Relevant sind aber nur solche Vereinbarungen, die Gegenstand des zugrundeliegenden Schuldverhältnisses sind (also des Kaufvertrages). Hier wurde nichts vereinbart, sodass der Kaufpreisanspruch fällig ist.
c) Durchsetzbar (+)
2. Mahnung, soweit erforderlich
a) Mahnung (-)
b) Erforderlichkeit der Mahnung:
- Grundsatz: erforderlich
- Ausnahmsweise entbehrlich?
aa) Bestimmung der Leistungszeit, § 286 II Nr. 1-2 BGB (-)
Die einseitige Bestimmung eines Zahlungsziels in einer Rechnung begründet keinen Schuldnerverzug. Vielmuss muss ein solcher vorab vereinbart werden, was hier aber nicht der Fall war.
bb) Sonderfall: Entgeltforderungen, § 286 III BGB
- § 286 III BGB macht die Mahnung aber nur dann entbehrlich, wenn dessen Voraussetzungen vorliegen.
- Hier ist K Verbraucher i.S.d. § 13 BGB, es gilt daher die in § 286 III BGB geregelte Unterscheidung von Verbraucher und Unternehmerverzug zu beachten.

"§ 286 BGB
(3) 1Der Schuldner einer Entgeltforderung kommt spätestens in Verzug, wenn er nicht innerhalb von 30 Tagen nach Fälligkeit und Zugang einer Rechnung oder gleichwertigen Zahlungsaufstellung leistet; dies gilt gegenüber einem Schuldner, der Verbraucher ist, nur, wenn auf diese Folgen in der Rechnung oder Zahlungsaufstellung besonders hingewiesen worden ist. (...)"

(1) Rechnung (+)
(2) Besonderer Hinweis, § 286 III 1 2. Hs. BGB
K muss also auf die (Rechts-)Folgen der Rechnung hingewiesen worden sein. Das ist hier doch der Fall, V hat ausdrücklich auf das Eintreten des Schuldnerverzugs nach 30 Tagen hingewiesen.
- Zwar hat es V versäumt, explizit und gesondert auf die Verzugszinsen hinzuweisen, aber diese sind ja nur die Rechtsfolge des Verzugs und gehen mit diesem einher.
- Ich verstehe nicht ganz, wieso du die Belehrung des V nur teilweise subsumierst und den Part mit dem Verzug hier nicht prüfst?
c) Zwischenergebnis Entbehrlichkeit der Mahnung (+)
3. Vertretenmüssen, § 286 IV BGB (+)
K hat die Rechnung "vergessen".
4. Rechtsfolge: Schuldnerverzug (+)
III. Höhe der Verzugszinsen, §§ 288 I 2, 247 I 1 BGB.
Anmerkung: Aktueller Basiszinssatz zugrundegelegt
Also hier: -0,88%+5% = 4,12% des Kaufpreisanspruchs pro Jahr. Hier sind wir einen Monat nach dem Eintreten des Verzugs, also insgesamt ~0,34% des Kaufpreises.
IV. Ergebnis:
V hat gegen K Anspruch auf Verzugszinsen i.H.v. ~ 0,34% des Kaufpreisanspruchs aus §§ 288 I, 286 BGB.

LG
Jenny

Hey, danke für die schnelle Antwort. Ich sollte es wirklich ausführlicher machen :/
Ist aber als Wirtschaftsinformatiker kein bisschen meine Materie. Muss aber eben gemacht werden bei uns! 

Nochmals danke Smile
 

"Also hier: 3,62%+5% = 8,62% des Kaufpreisanspruchs pro Jahr. Hier sind wir einen Monat nach dem Eintreten des Verzugs, also insgesamt ~0,72% des Kaufpreises."

Der aktuelle Basiszinssatz beträgt aktuell jedoch -0,88  %, deswegen Verzinsung effektiv nur mit 4,12 % p.a.

Oh, du hast vollkommen Recht, ich habe mich relativ hastig auf § 247 I 1 BGB gestürzt. Danke für die Korrektur.