Guten Abend,
Es gibt noch immer eine Sache die ich nicht genau verstehe. Halten wir fest:
Verpflichtungsgeschäft und Verfügungsgeschäft wirken UNABHÄNGIG VONEINANDER, sofern ich das richtig verstanden habe? Heißt also, dass die Fehlerhaftigkeit des einen Rechtsgeschäfts nicht die Wirksamkeit des anderen Rechtsgeschäfts berührt, ist dies korrekt?
Ich greife mal ein klassisches Beispiel auf: Person A ist betrunken und schließt mit Person B einen Kaufvertrag über As Auto ab. Am nächsten Tag übereignet A, wieder nüchtern, Person B das Auto.
Ich lese sehr oft - gerade bei so einem Fall - dass gem. § 812 I der A sein Auto vom B zurückverlangen kann wegen Nichtigkeit des Kaufvertrags. Jetzt verstehe ich nicht, wieso? Verpflichtungsgeschäft ist unwirksam, also gleich auchVerfügungsgeschäft unwirksam? Mir wird das Trennungsprinzip jetzt doch wieder undeutlich.
Hi! Also in Deinem Beispiel wir das Verfügungsgeschäft nicht unwirksam, gerade weil es das Abstraktionsprinzip gibt.
Das Auto bleibt also im Eigentum von B. Aus § 812 Abs. 1 S.1 Alt. 1 BGB ergibt sich lediglich ein Anspruch des A auf Herausgabe des Autos gegen B, da der Leistungsgrund wegen der Nichtigkeit des Verpflichtungsgeschäftes weggefallen ist. Wenn dem Anspruch ansonsten nichts entgegenstehen sollte, hat der A also einen Anspruch auf Herausgabe des Autos an ihn - und das läuft dann erneut über ein Verfügungsgeschäft nach § 929 BGB
Um es deutlicher zu machen:
Das Abstraktionsprinzip sagt nicht, dass das Verfügungsgeschäft unabhängig vom Verpflichtungsgeschäft ist, sondern, dass Rechtsmängle des letzteren nicht automatisch das erste nicht automatisch unwirksam macht. In anderen Rechtssystemen würde ein unwirksames Verfügungsgeschäft dazu fürhren, dass auch das Verpflichtungsgeschäft unwirksam war und damit B nie Eigentümer des KFZ geworden wäre. Dann braucht man keine Rückabwicklung und damit auch keinen §812, weil man das Auto über den Herausgabeanspruch zurück erhält.