Kaiser / Schöneberg - Der Kurzvortrag im Assessorexamen: Strafrecht
In allen Bundesländern erwartet den Rechtsreferendar im Examen ein ihm/ihr bisher kaum bekannter Prüfungsteil: der Aktenvortrag (oft auch als Kurzvortrag bezeichnet). Dieser stellt den Erstkontakt des Kandidaten mit der Prüfungskommission dar und entscheidet wie so oft beim "ersten Eindruck" über den weiteren Verlauf der Prüfung. Hier kann die Referendarin oder der Referendar erstmals ein selbstsicheres Auftreten, insbesondere aber auch schnelles Auffassungs- und Urteilsvermögen unter Beweis stellen. Dieses Skript ist so abgefasst, dass es direkt vor einem Examenstermin noch einmal zur Wiederholung durchgearbeitet werden kann.
Das Skript beginnt im ersten Abschnitt mit allgemeinen Hinweisen zum Kurzvortrag und der Vorbereitung des Aktenvortrags. Auf gerade einmal ca. 10 Seiten wird so die ganze Theorie erläutert, die ein Examenskandidat zum Aktenvortrag in der mündlichen Prüfung wissen muss. Viele Passagen sind dabei sehr allgemein gehalten ("Übung macht den Meister!") und rutschen so manchmal fast ins plattitüdenhafte ab. Gemessen an den Erwartungen eines durchschnittlichen Lesers wird man von diesen allzu allgemeinen und aus der mündlichen Prüfung des ersten Staatsexamens hinlänglich bekannten Hinweisen eher etwas enttäuscht sein - Neues oder gar Erhellendes sucht man in diesem Kapitel hingegen vergebens.
Zur "Sache" geht es dann endlich im 3. Teil, der den genauen Aufbau eines strafrechtlichen Kurzvortrages behandelt. Leider kratzt auch hier die Darstellung lediglich an der Oberfläche und gibt bedauerlicherweise nur sehr wenige Formulierungsbeispiele. Wer allerdings selbst zum ersten Mal einen Aktenvortrag erarbeitet wird schnell merken, dass es gerade diese Standardformulierungen sind, die dem Anfänger recht schwer fallen. Eine griffige und häufig gebrauchte Einleitung zu einem Sachverhalt mit geständiger Einlassung wird überhaupt nicht angeboten (z.B. "Auf Grund der Ermittlungen, insbesondere der geständigen Einlassung des Beschuldigten, ist von folgendem Sachverhalt auszugehen"). Insgesamt ist das Auslassen solcher Formulierungsvorschläge zu den Standardsituationen, die gerade für den Anfänger unabdingbar sind, zugleich das größte Manko des Skriptes. Eine ganz gute Orientierung mit Formulierungshilfen findet man hier.
Im zweiten Abschnitt des Buches folgen zehn ausgewählte Aktenstücke unterschiedlicher Schwierigkeitsgrade, die jeweils ausführliche Lösungsvorschläge und einige fallbezogene Anmerkungen enthalten. Einen Aktenvortrag "theoretisch" zu lernen ist unmöglich, dies kann nur anhand von Fallbeispielen zum Erfolg führen, um Routine in der Erarbeitung, Rhetorik und Zeiteinteilung zu entwickeln - alles Themen, die man durch stetiges Üben erlernen und verbessern kann. Die Fälle spielen auf den ersten Blick allesamt in Nordrhein-Westfalen; die Auswahl der Fälle ist als mäßig gelungen zu bezeichnen. Die Probleme der Fälle bewegen sich leider meist abseits der "üblichen Verdächtigen", also genau dem, womit ein Referendar hauptsächlich in Berührung kommt (Nötigung, Diebstahl, Raub, Betrug), teilweise sogar mit zivilrechtlichem Einschlag. Nun könnte man anführen, dass dies gerade sinnvoll ist, um den Bearbeiter mit weniger bekannten Problemen zu konfrontieren. Das mag wohl richtig sein, allerdings lernt ein Prüfungskandidat dann gerade nicht die "normalen", ganz überwiegend vorkommenden Themengebiete routiniert abzuarbeiten. Die einzelnen Lösungsvorschläge sind insoweit gut nachvollziehbar und zeigen recht ordentlich worauf es in der Bearbeitung ankommt. Einzelne Kommentarverweise ermöglichen die weitergehende Vertiefung.
Zu guter Letzt, auf der letzten Seite des Skriptes, sind noch einmal die "goldenen Regeln" für den Kurzvortrag zusammengefasst. Das ist die Seite, die man am Vorabend der Prüfung noch einmal lesen kann, um der Aufregung etwas Einhalt zu gebieten.
Fazit: Das Skipt bleibt leider deutlich unter den Erwartungen - bietet so aber für die Zukunft viel Entwicklungspotential. Es fehlen die üblichen Standardformulierungen, die die einzelnen Abschnitte des Aktenvortrags sicher überleiten und an denen sich ein Kandidat orientieren kann. Zudem sollte die Fallauswahl überarbeitet werden, um auch hier "Standardprobleme" besser zu berücksichtigen.
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