Welche Klageart ist bei dem Kommunalverfassungsstreit statthaft?

Überblick

Streitig ist die Frage, welche Klageart bei einem Kommunalverfassungsstreit (oder Binnenrechtsstreit) statthaft ist.

Die Ansichten und ihre Argumente

1. Ansicht - Klageart sui generis1

Nach dieser Ansicht liegt eine eigenständige Klageart sui generis vor.

Argumente für diese Ansicht

Klagearten der VwGO nur für Außenrechtsbeziehungen konzipiert

Die von der VwGO konzipierten Klagearten gelten nur für Außenrechtsbeziehungen. Hier liegt jedoch lediglich ein Innenrechtsverhältnis zwischen den Organen vor.


Argumente gegen diese Ansicht

Ausreichend Rechtsschutz durch andere Klagearten

Die VwGO bietet mit den übrigen Klagearten hinreichenden Rechtsschutz, sodass kein Bedarf für zusätzliche Klagearten besteht. Die VwGO ist insoweit abschließend.

2. Ansicht - Anfechtungs- oder Verpflichtungsklage

Es könnte auch die Anfechtungs- oder Verpflichtungsklage statthaft sein.

Argumente gegen diese Ansicht

Kein VA

Mangels einer Behörde liegt schon kein notwendiger Verwaltungsakt i.S.d. § 35 S.1 VwVfG vor. Die Organe stellen keine Behörde da, da es an einer organisatorischen Selbstständigkeit fehlt.2

Keine Außenwirkung

Auch ist eine Außenwirkung zu verneinen. Außenwirkung kommt nur im Verhältnis Bürger- Verwaltung in Betracht, jedoch nicht zwischen Organen oder Organteilen.

3. Ansicht – Leistungsklage mit kassatorischer Wirkung3

Eine andere Ansicht sieht eine Leistungsklage mit kassatorischer Wirkung als statthaft an.

Argumente für diese Ansicht

Effektiver Rechtsschutz

Dafür spricht der effektive Rechtsschutz aus Art. 19 IV GG, weil dem Kläger mit der reinen Leistungsklage nicht geholfen wäre. Denn diese alleine wird dem eigentlichen Klagebegehren- nämlich der Aufhebung- nicht gerecht.


Argumente gegen diese Ansicht

Wille des Gesetzgebers

Der Gesetzgeber hat jedoch die Gestaltungsklagen abschließend mit der Anfechtungs- und Verpflichtungsklage geregelt, sodass kein Bedarf für weitere Gestaltungsklagen besteht.

4. Ansicht - je nach Begehren Leistungs- oder Feststellungsklage4

Nach überwiegender Ansicht soll nach dem Begehren unterschieden werden. Bei einer Klage gegen ein Handeln, Dulden oder unterlassen soll die Leistungsklage und bei der Rechtswidrigkeit einer bereits getroffenen Maßnahme soll die (subsidiäre) Feststellungsklage statthaft sein.

Argumente für diese Ansicht

Systemgerechte Lösung

Diese Lösung scheint am systemgerechtesten, da bei Fehlen eines Verwaltungsakts und dem Begehren auf ein Tun, Dulden oder Unterlassen, die VwGO die Leistungsklage als statthaft ansieht.
Geht der Kläger hingegen gegen eine rechtswidrige und bereits getroffene Maßnahme vor, so ist auch nach der VwGO die Feststellungsklage vorgesehen, soweit die Voraussetzungen vorliegen.
Dafür ist insbesondere ein Rechtsverhältnis darzulegen, welches gerade keinen Verwaltungsakt darstellen muss und auch keine Außenwirkung benötigt.5

  • 1. OVG Münster, OVGE 17, 261 (265); OVG Lüneburg, OVGE 2, 225.
  • 2. Vgl. Schoch, JuS 1987, 783 (788).
  • 3. BayVGH BayVBl 1976,753; VG Regensburg vom 11.1.2006 Rn 3 K 05.1162.
  • 4. Rennert, JuS 2008, 119 (124).
  • 5. BVerwGE 89, 327, 329.

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