Schack - BGB: Allgemeiner Teil

Warum, werden sich Generationen von Studenten gefragt haben, müssen die Lehrbücher für das erste Semester an die 400 Seiten dick sein. Schließlich stehen die StudienanfängerInnen ganz unter dem Eindruck erster Unipartys, Verabredungen zum Kaffeetrinken und anderer sozialer Aktivitäten, die allesamt dem Kennenlernen und Kontakte-knüpfen dienen. Wie könnte da noch ein 400-seitiges Buch gelesen werden? Einen anderen Ansatz verfolgt Schack mit seinem Lehrbuch zum AT des BGB aus der "Schwerpunkte"-Reihe, das mit 170 Textseiten im Gegensatz zu anderen Lehrbüchern des Rechtsgebiets erstaunlich dünn ausfällt. Der Autor Haimo Schack (Universität Kiel) verzichtet bewusst darauf, die gesamte Stofffülle vorzutragen und beschränkt seine Darstellung deshalb, dem Titel der Reihe folgend, nur auf die Schwerpunkte.

Die dargestellten Gegenstände sind nach didaktischen Gesichtspunkten ausgewählt, wobei besonderes Gewicht auf die Themen gelegt wird, deren Kenntnis für ein erfolgreiches Studium erforderlich ist und deren Verständnis zugleich die Voraussetzung für eine eigenständige methodische Arbeitsweise ist. Der Einübung dieser Fallbearbeitung wird sogar ein eigenes Kapitel (§ 22) gewidmet, in dem eine bestimmte Methodik zur Lösung von Rechtsfällen herausgearbeitet wird, die der Studienanfänger in seiner ersten Klausur sowohl beherrschen als auch anwenden können muss.

Das Lehrbuch ist in vier große Teile untergliedert: die Rechtssubjekte, die Rechtsobjekte, die Willenerklärung und die Willenserklärung für andere. Alle einzelnen Kapitel gehen jeweils von einem klausurähnlichen Fall aus, erläutern die dogmatischen Zusammenhänge und kehren schließlich zur Falllösung zurück. Die Stationen der Falllösung sind stets grau unterlegt, was der Übersichtlichkeit sehr zuträglich ist. Zusammenfassende Kapitel zu den Kernbereichen des Personenrechts und zur Rechtsgeschäftslehre dienen der schnellen Wiederholung.

Ein besonderes Augenmerk in der Darstellung gilt den Verbindungen des Allgemeinen Teils zu den anderen Büchern des BGB und zum Wirtschaftsrecht. Leider greift der Autor damit auch immer wieder auf andere Rechtsgebiete vor, was Studienanfänger einerseits schlicht verwirren, andererseits aber überfordern kann. So eröffnet das Buch gleich mit einem Fall zum Deliktsrecht mit Einschlägen des Familien- und Straßenverkehrsrechts; ein mehr als komplexer Einstieg, um absolute Jura-Neulinge in die Thematik einzuführen. Verständlicher wäre sicherlich eine Konstellation aus dem Kaufrecht mit dem Aspekt der Minderjährigkeit, also einer "echten" und lebensnahen Problematik des Allgemeinen Teils gewesen.

Natürlich bleibt der Allgemeine Teil infolge seines Abstraktionsgrades nicht nur für Anfänger eine recht harte Kost. Besonders schwierige Passagen, die sich speziell an Fortgeschrittene richten, werden im Buch mit einem der Randnummer vorangestellten "F" gekennzeichnet. So brauchen sich Leser nicht entmutigen lassen, die gerade erst in das Zivilrecht einsteigen. Examenskandidaten werden hingegen dort vielleicht auch manches Wichtige und Nützliche (wieder-) entdecken.

Insgesamt wirft die Schwerpunktsetzung trotzdem immer wieder Fragen auf. Insbesondere der umfangreiche Abschnitt zum Persönlichkeitsrecht (§ 4) mit dem Recht am eigenen Bild gehört systematisch ins Deliktsrecht und ist in dieser Darstellung zum Allgemeinen Teil fehl am Platze. Die Thematik eignet sich auch wirklich schlecht für Erstsemester, da es auf die komplizierte Struktur der §§ 823 ff. BGB vorgreift und sich nur mit Kenntnis der Grundrechte erklären lässt, die Studierende im ersten Semester im Detail noch nicht haben. Großzügiger hätte dagegen das Kapitel zu den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (§ 14) gestaltet sein können. Hier hätte auch ein systematisches Aufbauschema zur Prüfungsfolge der AGB gut gepasst, weil man hier leicht Gefahr läuft, einen wichtigen Prüfungspunkt zu vergessen.

Im Wesentlichen ist die Schwerpunktsetzung allerdings richtig und der Text sehr verständlich geschrieben. Die grafische Aufbereitung ist sehr übersichtlich, auf Fußnoten wird gleich ganz verzichtet. Diese sind bei einem komprimierten Anfängerlehrbuch durchaus entbehrlich, gibt der Verfasser im Fließtext doch hin und wieder gut ausgewählte Verweise auf weiterführende Literatur und Rechtsprechung.

Die den Allgemeinen Teil nur punktuell berührenden Gesetzesänderungen, u.a. § 31a BGB, § 50 Abs. 2 ZPO, § 5a GmbHG und im WBVG werden in der Neuauflage berücksichtigt.

Fazit: Die Konzeption den Allgemeinen Teil des BGB auf weniger als 200 Seiten komprimiert darzustellen, kann eigentlich nicht hoch genug bewertet werden. Kein Studienanfänger sollte zusätzlich zu Vorlesungen und Arbeitsgemeinschaften noch mit dicken Lehrbüchern gequält werden, die dann doch ungelesen im Schrank verbleiben. Die Umsetzung dessen ist jedoch verbesserungswürdig: mehr Orientierung an Bedürfnissen der Studienanfänger, leichte Fälle für den Einstieg und eine neu gewichtete Themenauswahl, um die wirklich klausurrelevanten Abschnitte ausführlich, die anderen so kurz wie möglich darzustellen. Wenn man um die Kritik weiß, handelt es sich insgesamt aber um ein solides Lehrbuch mit viel Potential, dass eine echte Alternative ist und die Vorlesungen optimal ergänzt.

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