Roxin / Schünemann - Strafverfahrensrecht

Dieses von Claus Roxin begründete "Kurzlehrbuch" setzt sich in der mittlerweile 28. Auflage äußerst dogmatisch und zugleich kritisch mit den Entwicklungen im Strafverfahrensrecht auseinander. Es hat sich konzeptionell dafür entschieden, die Strafprozessordnung und deren Konkretisierung durch die höchstrichterliche Rechtsprechung nicht bloß nachzuerzählen, sondern unter Einbeziehung von historischen, rechtsvergleichenden sowie sozialwissenschaftlichen Aspekten zu reflektieren und vielleicht zu hinterfragen. Damit bewegt sich dieses Studienbuch abseits des Mainstreams und fordert Studierende wie Referendare auf, sich tiefgreifend mit der Materie zu beschäftigten.

Der Verfasser Prof. Bernd Schünemann verweist schon in seinem Vorwort auf die "kapitalen legislatorischen Fehlleistungen wie etwa das Verständigungsgesetz" und vertritt die Ansicht, dass die Intensivierung der Gesetzgebung seit den Antiterrorgesetzen in den 1970er Jahren die Strafverfahrenskultur nachhaltig beschädigt hat - nicht zuletzt durch die Verpolizeilichung und Vergeheimdienstlichung des Ermittlungsverfahrens. Der Aufbau des Lehrbuchs folgt einem üblichen Schema: Einleitend werden Begriff und die Aufgabe des Strafverfahrensrecht und dessen Stellung in der Verfassungsordnung erläutert sowie eine Übersicht über die Rechtsquellen und den Einfluss des Europarechts gegeben. Der vierte Abschnitt dieser Einleitung gibt dann einen Überblick über den ordentlichen Gang des Strafverfahrens. Erläutert werden weiterhin u.a. das Strafgerichtsverfassungsgesetz, Beteiligte am Strafverfahren, das Beweisrecht, Zwangsmaßnahmen, Urteil und Rechtskraft sowie die einschlägigen Rechtsbehelfe.

Rein optisch wirkt das Lehrbuch teils erschreckend textlastig. Auf den Seiten wechseln sich normaler Fließtext und Kleindruck ab - es gibt verhältnismäßig wenig Absätze sowie ebenso selten Zwischenüberschriften. Dagegen ist über weite Strecken vom eben schon erwähnten Kleindruck Gebrauch gemacht, der vermutlich vertiefende Einschübe markieren soll, durch die schlechte Lesbarkeit solch langer Absätze jedoch geradezu zum Überspringen dieser Passagen verleitet.

Inhaltlich lässt das Buch hingegen keine Fragen unbeantwortet: Es werden Stück für Stück alle Bereiche des Strafprozessrechts abgearbeitet und relevante Streitstände erläutert und vergleichend gegenübergestellt. Nachteilig für Referendare wirkt sich leider aus, dass der Verfasser der Rechtsprechung des Bundesgerichtshof meist recht kritisch begegnet und die Gegenansicht einnimmt - in der zweiten juristischen Prüfung bleibt allerdings keine Zeit für juristische Streitstände. Nichtsdestotrotz kann die gut begründete Argumentation des Autors teilweise überzeugen und die Ansichten des BGH infragestellen.

Fazit: Für die eilige Vorbereitung auf das bevorstehende Staatsexamen ist dieses Lehrbuch denkbar schlecht geeignet, da es vom Leser einen kritischen Erkenntnisprozess fordert, der in dieser Phase des Studiums nicht geleistet werden kann. Zu empfehlen ist es Studierenden oder Doktoranten, die sich schwerpunktmäßig mit dem Strafprozessrecht beschäftigen und dieses rechtstheoretisch und rechtssoziologisch aufarbeiten wollen.

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