Epping - Grundrechte

Auch wenn am Pieroth/Schlink als Standardliteratur auf dem Gebiet der Grundrechte quasi kein Weg vorbei führt, kann es jedoch nicht schaden, auch mal nach links und rechts zu blicken und den Markt zu sondieren. Schnell wird man dann auf das Lehrbuch von Volker Epping aufmerksam, das er in Zusammenarbeit mit Sebastian Lenz und Philipp Leydecker verfasst hat und das kürzlich in 5. Auflage im Springer Verlag erschienen ist. Dieses richtet sich an Studierende, die entweder einen Einstieg in den Bereich der Grundrechte suchen oder aber die Grundrechte zwecks Vorbereitung auf die Übungen bzw. das Staatsexamen wiederholen möchten.

Das Werk ist konsequent auf die Anforderungen zugeschnitten, mit denen die Studierenden in Klausuren, Haus- und Studienarbeiten konfrontiert werden. Alle Grundrechte mitsamt ihren europarechtlichen Bezügen sowie der Prüfungsaufbau der Verfassungsbeschwerde werden ausgehend vom Verfassungstext systematisch erschlossen. Im Gegensatz zu den meisten anderen Lehrbüchern behandelt das vorliegende die Artikel nicht nach ihrer Reihenfolge im Grundgesetz, sondern beginnt mit Art. 8 GG (Versammlungsfreiheit), da sich bei diesem der Schutzbereich anschaulich und zugleich praxisnah erläutern lässt und die generelle Struktur der Abwehrrechte, insbesondere die Schrankenproblematik, exemplarisch verdeutlicht wird. Ähnliches gilt für den unmittelbar folgenden Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG, in dessen Rahmen die leistungsrechtliche Seite der Grundrechte eingeführt wird.

Die allgemeinen Grundrechtslehren, die in ihrer Abstraktheit für Studienanfänger häufig nur schwer verständlich sind, werden nicht vorangestellt ("vor die Klammer" gezogen), sondern sind in die prüfungsorientierte Darstellung der einzelnen Grundrechte eingebunden. Dadurch werden abstrakte Erörterungen meist vermieden und die Probleme in den Kontext gestellt, indem sie üblicherweise relevant werden. Um diese allgemeinen Lehren schneller finden zu können, ist dem Inhaltsverzeichnis ein eigenes Verzeichnis des allgemeinen Teils angefügt, das einen direkten Zugriff auf die Erläuterungen im Lehrbuch ermöglicht.

Das Werk orientiert sich streng am jeweiligen Prüfungsaufbau, der dadurch trainiert wird und so aufzeigt, was genau wo geprüft wird. Erfreulich ist zudem, dass das Buch eine Vielzahl von Schaubildern und Prüfungshinweisen enthält sowie im Wortlaut ausgewählte Zitate aus der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts. Wichtige Merksätze sind somit sofort zum Nachlesen verfügbar und müssen nicht extra nachgeschlagen werden. Darüber hinaus sind auch kritische Stimmen aus der Literatur abgedruckt, um durch das Hinterfragen zum wirklichen Verständnis beizutragen. Trotz der deshalb unumgänglichen dogmatischen Tiefe wird nie die Frage "Wie bringe ich es in einer Klausur?" aus den Augen verloren.

Schließlich ist das vorliegende Lehr- und Lernbuch auch als Übungsbuch konzipiert. Zu den besonders prüfungsrelevanten Problembereichen enthält das Buch insgesamt 28 Klausuren, die sich im Niveau zwischen einer Anfänger- und komplexen Examensklausur bewegen. Die Fallkonstellationen basieren größtenteils auf "Klassikern" des Bundesverfassungsgerichts, die jeder Studierende kennen sollte. Aus Platzgründen wurde verständlicherweise auf einen Abdruck der ausführlichen Lösungen im Lehrbuch verzichtet; stattdessen werden diese im Internet veröffentlicht. Damit zeigen die Verfasser hervorragend, wie gut sich tradionelle und digitale Medien ergänzen können und sich dadurch die Lösungen sogar aktualisieren lassen. Leider finden derartige Verknüpfungen noch viel zu selten statt!

Die Neuauflage berücksichtigt Neuerungen in Rechtsprechung und Literatur bis zum Januar 2012. Überarbeitet wurden insbesondere die Ausführungen zu den Grundrechtsberechtigten, und -verpflichteten, der Versammlungs- und Meinungsfreiheit, den Gleichheitsrechten sowie den Grundrechten der Europäischen Union.

Fazit: Die Reihenfolge, die Epping bei seiner Erarbeitung der Grundrechte wählt, ist zwar ungewöhnlich aber nachvollziehbar. Studierende sollten überprüfen, wie der Stoff in ihrer Vorlesung behandelt wird, wenn sie das Buch begleitend lesen möchten. Insgesamt gefallen vor allem die gute Verknüpfung der Fälle mit den ausführlichen Lösungen im Internet und die gute grafische Umsetzung (Übersichtlichkeit, Gliederung, Schaubilder etc.) des Buches.

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