Kindhäuser - Strafrecht: Allgemeiner Teil

Mit diesem Band zum Allgemeinen Teil komplettiert Kindhäuser die Reihe seiner Lehrbücher zum gesamten Strafrecht. Obwohl diese Titel erst seit wenigen Jahren erhältlich sind, haben sie sich bereits zu einer festen Größe entwickelt und vermitteln so das vollständige examensrelevante Strafrecht "aus einer Hand". Somit kann es eine Grundsatzentscheidung werden, die keinesfalls vorschnell getroffen werden sollte, ob man sein Studium mit Wessels oder Kindhäuser beginnt. Immerhin werden einen die Lehrbücher durch das gesamte Studium bis (hoffentlich) zum Examen begleiten. Diese Rezension soll als Entscheidungshilfe dienen.

Der Allgemeine Teil des Strafrechts zählt wegen seines hohen Abstraktionsgrades und einer nahezu unüberschaubaren Zahl von Meinungsstreitigkeiten zu den kompliziertesten Materien in der juristischen Ausbildung. Wer diesen Teil mit dem einen oder dem anderen Lehrbuch "überstanden" hat, kann sicher sein, die richtige Wahl getroffen zu haben.

Kindhäusers Lehrbuch behandelt alle relevanten Fragestellungen zum Allgemeinen Teil und stellt diese sprachlich überaus verständlich dar. Bezüglich des Aufbaus und der Systematik lassen sich keine Kritikpunkte finden. Die grafische Aufbereitung des Textes ist erstklassig, das Layout sehr modern und zugleich übersichtlich. In diesen Punkten sind allerdings auch beim Wessels/Beulke keine Defizite zu finden.

Wie die meisten Lehrbücher, beginnt auch dieses mit einem Grundlagenteil zum Strafrecht, bevor er sich im zweiten Teil der allgemeinen Straftatlehre zuwendet. Schritt für Schritt führt der Autor in den folgenden Kapiteln durch die Deliktsarten und startet mit einer ausführlichen Darstellung der vorsätzlichen Begehungsdelikte mit objektivem und subjektiven Tatbestand, möglichen Rechtfertigungsgründen, der Schuld, der Irrtumslehre und dem Versuch. Daran anschließend werden fahrlässige Begehungsdelikte und Unterlassungsdelikte besprochen. Nach einem Kapitel zur Beteiligung an Straftaten (u.a. Mittäterschaft, Anstiftung, Beihilfe) werden sehr einprägsam die Konkurrenzen erläutert.

Den einzelnen Abschnitten sind meist sehr kurze Fälle vorangestellt, die dann im Text quasi nebenbei gelöst werden. Trotzdem verdeutlichen sie die zu erörternden Probleme zielgenau. Wesentlich ausführlicher sind die Fälle im Wessels/Beulke, die dann über das ganze Kapitel (ebenfalls sehr ausführlich und vom sonstigen Text abgegrenzt) gelöst werden. Zusätzlich ist noch ein spezielles Fallbuch von Beulke zur Klausurvorbereitung erhältlich, um Falllösungen noch besser einüben zu können. Nach Ansicht des Verfassers sind die Fälle von Kindhäuser aber prägnanter und verleihen dem abstrakten Themengebiet die gewollte Anschaulichkeit. In diesem Zusammenhang sind noch die guten Übersichten hervorzuheben, die insbesondere die unterschiedlichen Theorien zur Kausalität sehr anschaulich darstellen.

Überaus gut gelungen sind auch die Ausführungen zur "actio libera in causa", die einerseits sehr übersichtlich sind und darüber hinaus noch hilfreiche Hinweise enthalten, wie die a.l.i.c. im Gutachten aufgebaut werden kann. Dieser Abschnitt gelingt Kindhäuser deutlich besser als Wessels/Beulke/Satzger.

Eine gute Methode zur Kontrolle seines eigenen Lernfortschritts stellen die Wiederholungs- und Vertiefungsfragen am Ende eines jeden Kapitels dar. Diese sind meist sehr gut gewählt und verweisen auf die jeweilige Randnummer mit der Lösung.

Kindhäuser bietet erfreulicherweise im Anhang ein Verzeichnis der wichtigsten Definitionen zum Allgemeinen Teil. Leider können diese bei genauem Hinsehen nicht restlos überzeugen. So findet man unter Vorsatz (§ 15) nicht etwa die einigermaßen anerkannte Definition "Wille zur Verwirklichung eines Straftatbestandes in Kenntnis aller seiner objektiven Tatumstände" (in Anlehnung an BGHSt 19, 295, 298; ebenso Kühl, Wessels/Beulke, Küper), sondern liest dort "Vorsatz: Gegenstand des Vorsatzes ist die Annahme des Täters, durch sein gewolltes Verhalten das Risiko einer Tatbestandsverwirklung zu schaffen (die nähere Bestimmung der in dieser Definition enthaltenen intellektuellen und voluntativen Elemente ist sehr str.)". Dass dieser Satz zum Lernen ebenso wie in der Klausursituation wenig hilfreich ist, bedarf sicher keiner weiteren Erörterung. Die anderen Definitionen sind teils besser, reichen aber nicht an die eingängigen Definitionen heran, die sonst als Lerngrundlage verwendet werden.

Fazit: Das Buch bietet einen komprimierten Einstieg in den Allgemeinen Teil des Strafrechts. Die Ausführungen sind nie zu theoretisch, stets direkt am Thema und auch nicht übermäßig fallorientiert. Dadurch wird ein häufiger Fehler von Studenten vermieden, die zu sehr in Fällen denken und Klausurfälle nur nach ihnen bekannten Fällen zu lösen versuchen. Wer also ein vorlesungsbegleitendes Buch für den leichten Einstieg in das Strafrecht sucht, ist mit dem Kindhäuser in jedem Fall gut beraten. Derjenige, der schon jetzt an die erste Hausarbeit und ein intensives Falltraining denkt, sollte überlegen, einige Euro mehr für ein Lehrbuch mit einer Entscheidungssammlung auf CD-ROM auszugeben bzw. später noch ein Buch extra für das Klausurtraining dazuzukaufen.

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