§§ 677 ff. BGB - Geschäftsführung ohne Auftrag

Autorin: Kim Alexandra Reichenbach (Referendarin)

I. Allgemeines

Die Vorschriften zur GoA finden sich in den §§ 677 ff. BGB und regeln die Folgen, die sich für die Beteiligten (Geschäftsherr und Geschäftsführer) ergeben, wenn jemand für einen anderen in rechtsgeschäftlicher oder tatsächlicher Weise tätig wird, ohne hierzu – durch Vertrag oder aufgrund eines Gesetzes – berechtigt zu sein. Merke: Geschäftsführer ist derjenige, der für einen anderen tätig wird. Geschäftsherr ist wiederum derjenige, für den der Geschäftsführer tätig geworden ist. Die GoA wird in der Klausur als Anspruchsgrundlage meist übersehen. Damit Dir das nicht passiert, solltest Du beim Erstellen Deiner Lösungsskizze in jeder zivilrechtlichen Klausur zumindest gedanklich (nicht in Deinem Gutachten selbst) alle möglichen Ansprüche in Erwägung ziehen, um zu sehen, ob sie für Deinen Sachverhalt in Frage kommen. Soll heißen: auch wenn der Schwerpunkt des Sachverhalts im Deliktsrecht liegt, schadet es nicht, zumindest kurz auch an vertragliche, quasi-vertragliche, sachenrechtliche und bereicherungsrechtliche Ansprüche zu denken. Kommt ein Anspruch aus der GoA in Betracht, ist dieser natürlich an der richtigen Stelle im Gutachten zu prüfen. Als quasi-vertragliche, d.h. vertragsähnliche Ansprüche, sind sie unmittelbar nach den vertraglichen Ansprüchen zu prüfen.
Aber Achtung: bei Ansprüchen aus dem EBV (§§ 987 ff. BGB), d.h. sachenrechtlichen Ansprüchen, sind aufgrund seiner Abschlussfunktion Ansprüche aus der GoA oft ausgeschlossen. In einem Sachverhalt mit sachenrechtlichem Schwerpunkt empfiehlt es sich daher, die GoA in Deinem Gutachten immer erst nach dem EBV zu prüfen.

II. Die GoA und ihre Voraussetzungen

Bei der GoA sind vier Fallgruppen zu unterscheiden:

Zunächst wird zwischen der echten und unechten GoA unterschieden. Bei einer echten GoA liegen alle Voraussetzungen (s.u.) des § 677 BGB vor. Bei einer unechten GoA hat der Geschäftsführer entweder keine Kenntnis von der Fremdheit des Geschäfts (dann liegt eine irrtümliche Eigengeschäftsführung vor, § 687 Abs. 1 BGB) oder ihm fehlt der Fremdgeschäftsführungswille, d.h. er behandelt ein fremdes Geschäft als eigenes (dann liegt eine angemaßte Eigengeschäftsführung vor, § 687 Abs. 2 BGB).

Das wesentliche Unterscheidungskriterium der echten GoA von der unechten GoA ist der Fremdgeschäftsführungswille.

Die echte GoA unterteilt sich weiterhin in die berechtigte oder unberechtigte GoA. Berechtigt ist sie, wenn die Übernahme des Geschäfts dem Interesse oder Willen des Geschäftsherrn entspricht, vgl. § 683 BGB (der zu den Voraussetzungen des § 677 BGB hinzutritt). Ist das nicht der Fall, liegt eine unberechtigte GoA i.S.d. §§ 677 i.V.m. 684 BGB vor.