Referendariat unter Pandemiebedingungen – Chance oder vertane Zeit?
Ein Erfahrungsbericht von Dr. Lukas Fries, MLE.
Die Corona-Pandemie hält Bund und Länder auch nach eineinhalb Jahren noch auf Trapp und stellt die Bevölkerung immer wieder vor neue Herausforderungen. Das öffentliche Leben und die Wirtschaft sind in weiten Teilen noch immer heruntergefahren, auch wenn die Impfgeschwindigkeit zunimmt und erste Öffnungen bevorstehen.
Von den pandemiebedingten Einschränkungen sind nicht nur die Schulen und Universitäten betroffen, sondern auch angehende Assessor*innen, die demnächst in das Referendariat starten oder bereits gestartet sind. Auch mein Referendariat und insbesondere die Zeit der Klausurvorbereitung, der Examensklausuren und der mündlichen Prüfung fielen in die Zeit der Pandemie und waren mit vielen Einschränkungen verbunden. Dieser Beitrag dient sowohl dazu, eigene Erfahrungen zu teilen, als auch einige Tipps zu geben, wie Referendariat und Berufseinstieg trotz Corona gut gemeistert werden können.
Lernen unter Pandemiebedingungen
Die wohl intensivste und stressigste Zeit des Referendariats ist die Phase, in der man sich gezielt auf die anstehenden Examensklausuren vorbereitet. Wieviel Zeit man sich hierfür nimmt und wie man die Vorbereitung im Einzelnen ausgestaltet, bleibt jedem selbst überlassen. Teilweise sind die Unterlagen, die man von seinen Ausbildern erhält so gut, dass man mit ihnen auch für die Examensklausuren lernen kann. In den meisten Fällen kommt man ohne zusätzliche Lehrbücher und Skripten aller dings nicht aus, um die Fülle an Lernstoff abzudecken. Möhrle Happ Luther übernimmt zum Beispiel die Kosten für die Teilnahme an verschiedenen Repetitorien und Klausurenkursen, um ihre Referendar*innen zusätzlich zu unterstützen.
Im Verlauf der Pandemie wurden die (Wochenend-)Seminare – ebenso wie auch die Arbeitsgemeinschaften – zumeist von Präsenz- in Online-Veranstaltungen umgewandelt. Ich persönlich habe das als großen Vorteil empfunden. So musste man an den Wochenenden nicht mehr nach Lübeck oder Hannover fahren, sondern konnte sich einfach von zuhause aus einwählen. Dies spart frühes Aufstehen, unnötige Fahrerei und schlechte Sicht, wenn man nicht früh genug im Kursraum ist und sich mit den billigen Plätzen begnügen muss. Einige Repetitorien bieten zudem die Möglichkeit an, sich die Veranstaltungen nachträglich noch einmal anzuhören. So kann man die letzten Stunden des Seminars, in denen die Konzentration bereits nachlässt, oder auch einzelne Themenbereiche gezielt noch einmal nacharbeiten. Leider fällt bei Online-Seminaren oft die Möglichkeit weg, unmittelbar Rückfragen an die/den Repetitor*in zu stellen. Nach meiner Erfahrung hatten die Referendar*innen aber immer Gelegenheit, im Nachgang aufkommende Fragen per E-Mail zu stellen.
Wie schon für das erste Staatsexamen hatte ich eigentlich vor, mich in der Bibliothek auf die Klausuren vorzubereiten. Hier kann man sich mit Gleichgesinnten austauschen, Lerngruppen in Seminarräumen abhalten und muss sich nicht ums Mittagessen kümmern, sondern kann bequem in die Mensa gehen. Außerdem sitzt man nicht den ganzen Tag alleine in seiner Wohnung über den Büchern. Insofern war es für mich im ersten Moment ein ziemlicher Schreck als die Option wegfiel und mir bewusst wurde, dass ich die kommenden Monate in meinem WG-Zimmer lernen muss.
Die Umstellung aufs „Home-Office“ ist in der Anfangszeit häufig schwer, weil die Ablenkungen in den eigenen vier Wänden doch recht groß sind. Auf einmal fällt einem auf, dass die Fenster dringend geputzt werden müssten oder man schaut „nur noch eine Folge“ seiner Lieblingsserie. So konnte ich mich – wie viele andere auch – nur schlecht auf die Examensvorbereitung konzentrieren. Mit der Zeit fand ich aber immer mehr meinen eigenen Rhythmus zwischen eigenständigem Lernen, dem Schreiben von Probeklausuren, Lerngruppen über Zoom und Aufarbeiten aktueller Rechtsprechung. Hier hilft es wirklich, sich für jeden Tag einen groben Zeitplan festzulegen und Zeiten für bestimmte Lernaktivitäten zu schaffen.
Im Nachhinein und gerade im Vergleich zur Vorbereitung auf das erste Examen muss ich sagen, hat mir das Lernen von zuhause eher gut getan. Natürlich fehlen einem die sozialen Kontakte in der Uni und das Miteinander als Leidensgemeinschaft. Gleichzeitig hält man sich aber von äußerem Druck seiner Mitreferendar*innen oder Kommiliton*innen fern. Man bekommt nicht mehr mit, wann der/die Tischnachbar*in morgens in die Bibliothek kommt oder wie lange er/sie abends noch über den Büchern sitzt, wenn man selbst schon völlig erschöpft ist und nur noch nach Hause möchte. Man bekommt nicht an der Essensausgabe in der Mensa unfreiwillig einen Meinungsstreit aus dem Immobiliarsachenrecht erklärt, von dem man selbst noch nie was gehört hat, was einem automatisch ein schlechtes Gefühl beschert. Im Gegenteil hat man die Möglichkeit ausschließlich auf sich selbst zu hören und sich seinen eigenen Lernrhythmus ohne äußere Einflüsse zu schaffen. Mehr als sechs bis acht Stunden am Tag kann man ohnehin nicht konzentriert lernen und wann und wie man diese Zeit gestaltet, hängt auch individuell vom Lerntyp ab. Warum sollte meine Lernzeit weniger effektiv sein, wenn ich morgens etwas länger schlafe und mich dann konzentriert an den Schreibtisch setze. Oder lohnen sich die zwei Stunden abends extra überhaupt, wenn man sich nur noch durch die Skripte quält und querliest? Diese Fragen muss jeder für sich selbst beantworten und herausfinden, wann, wie und wie lange er/sie am effektivsten lernen kann. Im Übrigen ist es genauso wichtig, seinem Körper ausreichend Zeit zu geben, das Gelernte zu verinnerlichen und abzuspeichern.
Gestrichene Auslandsaufenthalte – die Wahlstation
Unter normalen Umständen bietet die Wahlstation eine gute Möglichkeit noch einmal vor dem Berufseinstieg im Ausland zu leben und neue Eindrücke zu bekommen. So wollte auch ich meine Wahlstation ursprünglich im Ausland verbringen. Pandemiebedingt konnte ich mein Vorhaben natürlich nicht umsetzen. Wie wahrscheinlich viele andere, die wegen Corona umdisponieren müssen, war ich im ersten Moment sehr frustriert. Die Wahlstation im Inland zu absolvieren hat aber auch seine guten Seiten. In vielen Bundesländern bietet diese letzte Station die einzige Gelegenheit ein Berufsbild kennenzulernen, in dem man nach dem bestandenen zweiten Examen tatsächlich arbeiten möchte. Die übrigen Stationen sind hierfür häufig zu verschult und nicht selbstständig gestaltbar. Für mich stand schon früh fest, dass ich später als Rechtsanwalt arbeiten wollte, weshalb ich die (neue) Möglichkeit nutzte, um meine Kenntnisse in einem Fachbereich zu vertiefen. Für mich fiel die Wahl auf Möhrle Happ Luther in Hamburg. Hier hatte ich neben einer praxisnahen Ausbildung die Möglichkeit Aktenvorträge mit erfahrenen Prüfern zu üben und konnte das Büro und die Bibliothek neben der Arbeit zur Vorbereitung auf die mündliche Prüfung nutzen.
Während der Station konnte ich trotz der Pandemie und unter Beachtung des geltenden Hygienekonzeptes in den Kanzleiräumen arbeiten, wo ich ein eigenes Büro hatte. Selbstverständlich hätte ich auch weiter im Home-Office arbeiten können, aber ich wollte – so gut es in der Situation eben ging – die Kolleg*innen und die Aufgaben als Rechtsanwalt kennenlernen. Über die Monate hinweg war trotzdem immer mal wieder Home-Office angesagt, aber auch hier wurde man über Videokonferenzen und digitale Anwalts-Jour-Fixes gut ins Team integriert. So kam nie das Gefühl auf als Referendar im Home-Office vergessen zu werden. Natürlich sind Kanzleien beim digitalen Arbeiten mit eigenem Kanzleilaptop, zweitem Bildschirm und Zugriff auf Online-Datenbanken häufig besser aufgestellt als viele Behörden oder die Justiz, dennoch empfand ich die Einbindung ins Team und die Zusammenarbeit in diesem Maß nicht als selbstverständlich.
Mein Berufseinstieg
Nach der mündlichen Prüfung und dem bestandenen zweiten Staatsexamen steht man vor der schwierigen Entscheidung, wie es weitergehen soll und bei welchem Arbeitgeber man in die Berufswelt einsteigen möchte. Diese Frage muss selbstverständlich jeder individuell für sich beantworten und ein Richtig oder Falsch gibt es hier nicht. Nach wie vor sind natürlich auch die Noten in den beiden Examina ein ausschlaggebender Faktor. Gerade während der Corona-Pandemie hörte man allerdings auch immer wieder, dass die rosigen Aussichten für Jurist*innen erstmal vorbei seien, weil viele Kanzleien mit Neueinstellungen zurückhaltend seien und auch in der Justiz nur wenige Stellen geschaffen würden. Zu meinem Glück wurde mir bereits vor dem offiziellen Abschluss des Referendariats eine Stelle als Rechtsanwalt bei Möhrle Happ Luther in Aussicht gestellt. Mit dieser Situation war ich unter meinen Referendarskolleg*innen nicht alleine; mehrere Kommilitonen*innen wählten ihren Berufseinstieg in einer Kanzlei oder einem Unternehmen, in der sie bereits als Referendar*in waren. Das zeigt, welchen Einfluss die Auswahl der Stationen auf die spätere Berufswahl haben kann und dass neben den Examensnoten auch andere Umstände von Relevanz sein können. Natürlich müssen immer auch die äußeren Faktoren stimmen, also eine Stelle vakant sein oder geschaffen werden. In jedem Fall bietet einem das Referendariat aber die Möglichkeit, sich bei den für einen interessanten Stationen zu profilieren und so den Weg für eine weitere Zusammenarbeit zu ebnen. Das Wichtigste bei einer solchen Entscheidung ist allerdings, dass sich beide Seiten ein gemeinsames Arbeiten vorstellen können. Gerade bei Möhrle Happ Luther werden die Mandate häufig im Team bearbeitet, weshalb die Chemie unter den Kolleg*innen stimmen muss. Für mich wäre nichts schrecklicher gewesen, als die Vorstellung morgens bereits mit Bauchschmerzen ins Büro zu gehen.
Neue Chancen ergreifen
Auch wenn die Pandemie viele Pläne durchkreuzen mag, die man sich für das Referendariat oder die Zeit danach gemacht hat, sollte man optimistisch bleiben. Denn wie immer im Leben, ergeben sich häufig an anderer Stelle Chancen, die spannende Möglichkeiten auftun und neue Türen öffnen.
Wie man am besten durch die stressige Zeit der Examensvorbereitung und der Prüfungen kommt, lässt sich nicht allgemein beantworten. In jedem Fall schafft die Pandemie aber eine Ruhe, die man sich in Lernzeiten häufig wünscht. Spannende Ablenkungen gibt es wenig und man hat nicht ständig das Gefühl durch die Lernerei etwas zu verpassen.
Nicht zuletzt hat die Pandemie auch positive Auswirkungen auf das Berufsleben. Die Digitalisierung wird in vielen Bereichen so zügig wie noch nie vorangetrieben, wodurch viele Arbeitnehmer*innen unter anderem die Möglichkeit haben aus dem Home-Office zu arbeiten. Auch wird beispielsweise vermehrt von der Möglichkeit der „digitalen Verhandlung“ nach § 128a ZPO Gebrauch gemacht, die es zwar bereits vor Corona gab, in der Praxis aber nicht nennenswert genutzt wurde. Diese Entwicklungen ermöglichen ein modernes Arbeiten und werden sicherlich auch über die Pandemie hinaus Bestand haben.
Hier hast Du die Möglichkeit detaillierte Informationen über Möhrle Happ Luther zu erhalten und einen Blick auf die offenen Stellen zu werfen. Einstieg bei Möhrle Happ Luther