Retrospektive: Bookstore und Prozesskostenhilfe

von admin ·

Nachdem ich gestern leider mit der alltäglichen Retrospektive aussetzen musste (wir haben bis spät in die Nacht an Erweiterungen für die Seite gearbeitet), kommt hier nun eine aktuelle Version des abendlichen Rückblicks. Den beginnen wir gleich mit den bereits angesprochenen Erweiterungen. Wir haben heute im Laufe des Tages den iurastudent.de - Bookstore online gestellt. Dort könnt ihr ab sofort nach Herzenslust juristische Fachliteratur und solche, die dem nah kommt (Schirach, Grisham & Co), in den Einkaufswagen packen. Abgewickelt wird das ganze sicher und professionell über Amazon. Solltest Du also schon bei Amazon registriert sein, ist das Einkaufen bei uns noch leichter für Dich. Mit jedem Einkauf über unsere Seite unterstützt Du - ohne jeglichen Aufpreis aufgrund der Buchpreisbindung - iurastudent.de und sorgst so dafür, dass wir weiter für Dich da sein können! Kauf doch also ganz einfach Deine Semester-Standard-Ausrüstung oder deine Vorlesungsbegleiter zum selben Preis bei uns im Bookstore und hilf gleichzeitig, dieses Projekt voranzutreiben.

Dann bin ich heute in der Online-Ausgabe der Süddeutschen auf eine Nachricht gestoßen, die anscheinend nicht nur mich etwas erstaunt hat, sondern, wie die SZ berichtet, auch die Bundesrechtsanwaltskammer und den Deutschen Anwaltverein zur Kritik verleitet hat: Das Recht der Prozresskostenhilfe sowie der Beratungskostenhilfe soll reformiert werden und das mit eher negativen Auswirkungen. Ziel der Reform ist es - wär hätte es gedacht -, ein stolzes Sümmchen Geld zu sparen, nämlich 64,8 Millionen Euro in den Länderhaushalten. Der Gesetzesentwurf der Bundesregierung (Bt.-Drs. 17/11472) spricht von einer Begrenzung der in den vorherigen Jahren steigenden Ausgaben der Länder für Prozess- und Beratungskostenhilfe. Gleichzeitig solle sichergestellt werden, "dass der Zugang zum Recht gerichtlich wie außergerichtlich weiterhin allen Bürgerinnen und Bürgern unabhängig von Einkünften und Vermögen eröffnet ist."1


Um welche Neuerungen geht es im Einzelnen? Zum einen soll es den Gerichten ermöglicht werden, die persönlichen und wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Bewilligung der jeweiligen Hilfe besser aufklären zu können. Soweit so gut. Zum anderen geht es aber auch um die Absenkung von Freibeträgen, eine Verlängerung der Ratenzahlungshöchstdauer und um eine Neuberechnung der Raten für die Prozesskostenbeihilfe - insgesamt um eine stärkere Beteiligung der Empfänger an der Finanzierung der Prozesskosten. Ferner soll der Entwurf einen Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (BVerfGE 122, 39) umsetzen, in dem das Gericht dem Gesetzgeber aufgegeben hatte im Sinne der Rechtswahrnehmungsgleichheit Regelungen zu schaffen, die eine Beratungshilfe auch im Gebiet des Steuerrechts ermöglicht.2

Konkret bedeutet dies, dass zum einen durch das Senken der Freibeträge das einzusetzende Einkommen (= Bruttoeinkommen (+ Kindergeld) ./. Sozialaufwendungen ./. Werbungskosten ./. Versicherungsbeiträge ./. Wohnkosten ./. Besondere Belastungen ./. Freibeträge) steigt. Das einzusetzende Einkommen ist dabei der maßgebliche Indikator, ob ratenfreie Prozesskostenhilfe oder Prozesskostenhilfe mit Ratenzahlung (also als Art Darlehen) bewilligt wird. Für Erwerbstätige soll der Freibetrag nach dem Entwurf nun von 50% auf 25% der Regelbedarfsstufe 1 reduziert werden. Das wären aktuell 93,50 €, die als anrechenbarer Freibetrag für einen Erwerbstätigen verbleiben würden. Auch der Freibetrag des Ehegatten oder Lebenspartners soll nunmehr nach dem für ihn sozialrechtlich geltenden Regelsatz (SGB XII) berechnet werden. Zusätzlich kommt es dann noch zu einer Erhöhung der jeweiligen zu leistenden Raten. Diese sollen nunmehr die Hälfte des einzusetzenden Einkommens betragen.

Um es mal etwas platt auszudrücken: Durch das Absenken der Freibeträge wird es entweder mehr Prozesskostenhilfen in Darlehensform oder generell weniger Antragssteller geben, da sie sich die Ratenzahlung nicht leisten können. Im Ergebnis heißt das: Auf jeden Fall schon mal Geld gespart. Diejenigen die sich dann doch für die Ratenzahlung entscheiden, werden dann auch noch verstärkt zu Kasse gebeten - es bleibt vom einzusetzenden Einkommen dann nur noch die Hälfte, die andere Hälfte ist die Rate. Noch mal gespart! Und das entweder drei Jahre oder bis alles abezahlt ist. Noch mehr Geld gespart.

Wie allerorts berichtet wird, sprudeln die Steuereinnahmen momentan doch recht gut. Warum geben wir dann ein wirklich vernünftiges Instrument unseres sozialen Rechtsstaates ein Stück weit auf? Ich sehe es ja noch ein, dass es Kontrollmechanismen geben muss, die regeln, dass Personen, die nicht wirklich bedürftig sind, ihren Prozess selbst finanzieren müssen. Ich sehe es auch ein, dass von vornherein zum Scheitern verurteilte Prozesse nicht noch mit Steuergeld finanziert werden sollten. Was ich aber nicht einsehe ist, dass sich vermutlich eine stolze Anzahl an Menschen überlegen wird, ob sie die zusätzliche Belastung der Prozesskosten - Raten bei eh schon knappem Beutel leisten wollen.

Wie seht Ihr das mit der Prozesskostenhilfe? Sind die Kürzungen gerechtfertigt? Meldet Euch bei uns an und hinterlasst einen Kommentar oder postet Eure Meinung auf unserer Facebook-Seite

Eine gute Nacht oder einen guten Morgen (wie man's nimmt),
Euer Paul

  • 1. Bt.-Drs. 17/11472 S. 1
  • 2. vgl. Bt.Drs. 17/11472 S. 16

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