§ 118 BGB - Mangel der Ernstlichkeit (Scherzerklärung)

Dieser Artikel wurde bearbeitet von Martin Erhardt, stud.iur. in Leipzig

§ 118 BGB behandelt die sogenannten Scherzerklärungen. Damit sind Willenserklärungen gemeint, die jemand abgibt, die daraus resultierenden Rechtsfolgen jedoch nicht möchte.1 Im Gegensatz zu § 116 BGB geht der Erklärende hier davon aus, dass der Erklärungsempfänger den eigentlichen Willen erkennt und sich nicht auf die abgegebene Willenserklärung beruft.2

Grundsätzlich stellt man dabei auf den Willen des Erklärenden ab. Wenn dieser davon ausging, dass seine Erklärung auch als nicht ernst gemeint erkannt wird, ist sie nichtig. Dies entspricht nicht den Regelungen aus §§ 116 bzw. 117 BGB, bei denen der Wille des Erklärenden für die Wirksamkeit der Erklärung keine Rolle spielt.3 Sollte der Erklärungsempfänger sich auf die Erklärung berufen, besteht für ihn die Möglichkeit den entstandenen Schaden im Rahmen von § 122 I BGB vom Erklärenden ersetzt zu bekommen.4 Danach könne ein Anspruch auf Schadensersatz geltend gemacht werden, wenn der Erklärungsempfänger auf die Ernstlichkeit der Willenserklärung vertraut hat und diese für den entstandenen Schaden ursächlich ist.5

Beispiel:"Drei Finger" Jack (J) und seine Crew sind an einer unbewohnten Insel vor Anker gegangen, um ihre Vorräte aufzustocken. Als sie die Insel betreten, entdecken sie einen ungewöhnlichen Vogel, der sich kopfüber von der Klippe ins Meer stürzt. Belustigt von dieser Verhaltensweise, schlägt J dem Plankenputzer Pius (P) unter großem Gelächter der ganzen Crew vor, ihm doch einen solches Tier zu fangen. Augenzwinkernd ergänzte er: "Wenn es dir gelingt, versorge ich dich dein Leben lang mit Rum." Angesichts dieser Belohnung fackelte P nicht lang und stürzte sich todesmutig hinter der sogenannten Trottellumme6 die Klippe herunter. Wie durch ein Wunder überlebte er den Sprung nicht nur unverletzt, sondern fing dabei auch das Tier. Lediglich sein Holzbein ging bei der Landung zu Bruch.
Nun fordert P gegenüber J seine Belohnung ein. J, der durch die momentan herrschende Rum-Krise nur noch wenig auf Lager hatte, fühlt sich jedoch nicht an seine Erklärung gebunden. Aus seiner Sicht hat er sie nur zur Belustigung der anderen Crew-Mitglieder abgegeben, was auch durch das ständige Gelächter und das Augenzwinkern von J erkennbar geworden ist. Nie hätte er es für möglich gehalten, dass jemand so lebensmüde ist und sich wegen Rum die Klippe herunterstürzt.

Im Beispielfall hatte J eine Erklärung mit diesem Inhalt nich abgeben wollen. Er ging auch davon aus, dass P den Vorschlag nicht ernst nehmen würde. Dies brachte er besonders durch seine Belustigung und das Augenzwinkern zum Ausdruck. Nach § 118 BGB ist die Willenserklärung demnach nichtig.
P vertraut jedoch in dem Moment, in dem er von der Klippe gesprungen ist, auf die Ernstlichkeit der Willenserklärung. Ohne die Aussicht auf solche Unmengen an Rum, wäre er nie ein Wagnis dieser Größenordnung eingegangen. Auch das Holzbein wäre dann nicht zerstört wurden. Sein Schaden hängt demzufolge mit der Erklärung von J zusammen. Gemäß § 122 I BGB kann er Schadensersatz für das zerstörte Holzbein verlangen.

Nach § 122 II BGB sind jedoch jegliche Schadensersatzansprüche ausgeschlossen, wenn der Erklärungsempfänger Kenntnis über die Nicht-Ernstlichkeit der Erklärung hatte. Dies gilt auch, bei fahrlässiger Unkenntnis.7

Problematisch erscheinen außerdem Situationen, in denen der Erklärende bemerkt, dass der Erklärungsempfänger seine Willenserklärung als ernst gemeint auffasst. In diesem Fall hat der Erklärende den Erklärungsempfänger unverzüglich aufzuklären.8 Erfolgt diese Aufklärung nicht, liegt eine Erklärung unter geheimen Vorbehalt im Sinne von § 116 BGB vor. Danach würde die Willenserklärung ihre Wirkung entfalten.9

  • 1. Köhler, BGB AT, 36. Aufl., § 7 Rn. 13; Musielak, Grundkurs BGB, 12. Aufl., Rn. 325.
  • 2. Preuß in Jura 2002, 815 (818); Coester-Waltjen in Jura 1990, 362 (364).
  • 3. Musielak, Grundkurs BGB, 12. Aufl., Rn. 325.
  • 4. Medicus, BGB AT, 10. Aufl., Rn. 596; Köhler, BGB AT, 36. Aufl., § 7 Rn. 13.
  • 5. Coester-Waltjen in Jura 1990, 362 (364).
  • 6. Trottellummen gehören zur Gattung der Lummen und sind im vor allem im Bereich des Nordatlantiks und Nordpazifiks verbreitet.
  • 7. Musielak, Grundkurs BGB, 12. Aufl., Rn. 325.
  • 8. Medicus, BGB AT, 10. Aufl., Rn. 596.
  • 9. ebenda.