Leserbrief eines Jurastudenten: Die juristische Bibliothek - Der Vorhof zur Hölle

von iurastudent ·

Vorbemerkung der Redaktion: Wir haben heute einen Leserbrief erhalten, den wir hiermit an Euch, liebe Lesende, durch die Veröffentlichung weiterreichen möchten. Wir haben etwas länger überlegt, ob wir diesen Brief veröffentlichen wollen, bietet er doch eher explosives Material, zumal der Autor wünscht, anonym zu bleiben. Wir haben uns schließlich für eine Veröffentlichung entschieden, weil wir erstens ein Portal sein möchten, auf dem jeder die Chance bekommen soll, seine Meinung frei zu äußern, und weil wir zweitens der Auffassung sind, dass der Leserbrief eine Thematik behandelt, die gerne öffentlich diskutiert werden darf; wenn nicht gar sollte! Hierzu möchten wir Euch ermuntern. (Für die Redaktion, PM)

"Ich bin mir vollkommen im Klaren darüber, dass ich nur einer von weit über 100.000 Jura-Studierenden in Deutschland bin. Aber mir steht´s bis oben hin (zeigt mit seiner Hand hoch bis auf Höhe seines Halses). Ich habe in meinen 8 Semestern viel erlebt, selbstverständlich Schönes und auch Schlechtes.

Aber wenn mal eins ganz klar ist - was man über den Jurastudenten wissen muss, dann, dass er nicht zu Unrecht klischeebelastet ist:

Es ist eine abartig anwachsende Ellbogengesellschaft unter den Juristen, die sich wie ein Virus unter uns ausweitet und selbst denjenigen, der mit Idealvorstellungen, vielleicht mal etwas zu bewegen, anderen helfen zu können, in die Knie zwingt..

Ich ertappe mich schon selber bei dem Gedanken, obwohl es nach meinem Empfinden absolut verwerflich ist, dass ich gerne das ein oder andere Urteil, die ein oder andere Zeitschrift oder auch Kommentare gerne für eine Woche in der Bibliothek verstecken würde. Damit ich einfach die Möglichkeit habe, mit diesem Schriftstück arbeiten zu können.

Dieser Gedanke ist aber nicht aus dem Wunsch heraus entstanden, dass ich anderen Schaden möchte, sondern aus den Bedenken, das eine passende Urteil, oder vor allem die passenden Seiten einer Zeitschrift oder Kommentares nicht mehr einsehen zu können. Das ist höchst abtrünnig, spiegelt leider aber genau meinen Gedankengang wieder, der mich in jeder Hausarbeitenphase begleitet hat.

Was ist nun die Lösung? Zu sagen, hört bitte alle auf damit, lasst es bitte bleiben, sodass alle den gleichen wissenschaftlichen Standard abrufen können?! Drauf gesch…. ! Es hat ohnehin keinen Sinn angehenden Juristen moralische Werte anzuvertrauen, oder vielmehr ihnen auferlegen zu wollen.

Denn durch das rechtswissenschaftliche Studium werden sie Teil eines Clubs, der schon im Studium sein Spuren hinterlässt und mit der Zeit die Ellbogen seiner Mitglieder immer weiter anwinkeln lässt. Es wird einander mit Misstrauen begegnet und sich untereinander nicht weiter vertraut, als die zur Elle gebeugten Arme reichen.

Denen, welchen gelehrt wird, jeden Blickwinkel eines Raumes zu durchleuchten, denen Misstrauen und menschliche Tücke aufs alltägliche Brot geschmiert wird, denen möchte man mit dem Argument der Fairness und Solidarität kommen?! Daran glaube ich  nicht… Vielmehr glaube ich, dass es unter 100 Studierenden der Rechtswissenschaft lediglich Einen braucht, um mindestens 40 Andere - ähnlich wie mich - zu vergiften und das Misstrauen zu säen….

Ich glaube nur noch an die eigene Entscheidung, die jeder von uns treffen muss. Entscheidet selber, wie ihr euch in der Bibliothek verhalten möchtet, ob ihr bereit seid irgendwann einmal die ausgebrachte Saat zu ernten und euch einzuverleiben.

Wie erkennt man das, was vergiftet wurde, wenn es einem als Normalität vermittelt wird… Die Erstsemester können sich freuen - noch denken sie, dass der Auszug aus dem eigenen Elternhaus ein Sprung ins kalte Wasser ist, bis sie dann merken das es von den Badegästen des Vortages vergiftet wurde..." 

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Kommentare

annbet
Fr, 27/09/2013 - 09:58

Also vorab finde ich dies knallharte Realität und ich habe mich gerade erst vor kurzem auf der Facebook Seite meines "Jahrgangs" darüber gefetzt. Diese ganze Verschleicherung soll doch endlich explodieren!

Zum Leserbrief, ich bin überrascht das diese EInstellung 8 Semester zum Reifen brauchte. In Hamburg wird schon ab dem ersten Semester ein Kampf um Oberschicht und Buch geführt. Erst letzte Woche musste unsere Bibliothek extrem ihre Öffnungszeiten verkürzen, weil kein Buch an seinem Platz stand und ständig versteckte Bücher, gar herausgerissene KAPITEL oder ganz fehlende Werke die Bibliothekare überfordern. Inzwischen bin ich schon seit ein paar Semestern kein 1 Semester mehr. Ich habe Bekannte und ich würde sogar wagen zu sagen "Freunde" in höheren Semestern. Ich erinnere mich an meine erste Hausarbeit- total in den Sand gesetzt- die Person von der ich meine Tipps und Unterstützung bekam hat mit Mosking bestanden und als ich dann endlich irgendwann begriff, dass sie weder Ernst noch Halbherzig half, sondern mit der Absicht blos keine Richtiges Wort auf meinem Blatt zu sehen, war es schon zu spät und ich hatte nur noch 3 Tage. Dies ist deshalb so relevant, weil ich leider nicht die gelegenheit hatte sie damit zu konfrontieren und nach reifer überlegungsphase zu dem entschluss gekommen bin ihr irgendwann eine Falsche Information, vorallem aber Falsche Quellen zukommen zu lassen. Es gibt nichts blamierenderes als einen Kommentrar auf der Hausarbeit der lautet "Nur 4 der verwendeten Gerichtsurteile sind real". Ich bezweifle das es dazu kommt, denn diese Dame ist nicht auf die Bib angewiesen, Papa hats ja... Dies ist nur meine Spitze des Eisbergs, ich habe Storys von Kommilitonen da könnte man von Strukturen in kriminellen Vereinigungen sprechen.
Es hat nach dieser Aktion mit der HA begonnen ich hab zufälllig jemanden getroffen der gerade ein Buch im falschen Stockwerk zurücklegt, bzw ich hab die Person dabei begleitet, dann selbstverständlich mischt sich in mir eine Mischung aus Ignoranz und Wut und Egoismus, aber ich habs dann doch zurückgebracht und weggestellt. Kommentiert habe ich das mit etwa Folgendem. Sinngemäß.

" Mal im ernst man kann nicht nur in Hamburg Jura studieren und wenn man Konkurrenzlos sein möchte dann sollte man das besser mit 15p in beiden Examen. "
"Ja aber so sorgt man dafür das man derjenige mit den 15p ist"
"Naja in diesen 20 Minuten herumdruckserei hättest du lernen können, damit sorgst du für 15p. Sonst sorgst du einfach dafür das du mehr Zeit mit Manipulieren verbringst als selber lernen. DU bekommst dann keine 15p, du sorgst nur dafür das die anderen keine 10 schaffen."
"Ja immerhin"

Sie wollte es einfach nicht begreifen. ....

Aber um auch noch die andere Seite der Medaille zu beleuchten, inzwischen habe ich mich mit einigen wenigen Zusammengeschlossen, das Gute ist, keiner von uns will in eine Topkanzler nach NY jeder ist auf dem Teppich, wir haben auch ältere Studenten dabei. WIr denken uns "wenn schon Konkurrenz" dann wenigstens jemand auf unserer Seite. Und helfen uns Gegenseitig. Klar funkioniert auch nicht immer 100 % aber das liegt einfach daran das es ein Selbststudium ist. Schade das einige Selbststudium mit nur ich Selber darf Studieren verwechseln!!

Mfg

Gast
Mi, 09/10/2013 - 21:06

Sicherlich ist Jura ein Studium, in dem sich viele Karrieristen tummeln und nicht alle spielen mit fairen Mitteln. Da wird gern mal nach links und rechts geboxt, damit man selbst als erster über die Ziellinie huscht. Das hat sicherlich nicht zuletzt mit dem Notendruck zu tun, mag aber bei vielen auch eine Charakterfrage sein.

Allerdings finde ich es relativ schade, dass man sich von ein paar solcher Pfeifen derart verbittern lässt. Denn klar ist jawohl auch, dass man sich - egal was man studiert - an den "guten Leuten" orientieren und immer noch selbst entscheiden kann, was man (moralisch) richtig findet und was nicht. Wir sind schließlich alle erwachsene Menschen mit Abitur. Immerhin haben sehr viele Jurastudenten einen ausgeprägten Gerechtigkeitssinn (das macht das Interesse für das Fach aus), und ich meine keinen Selbstgerechtigkeitssinn, sondern ein Gefühl für die Belange anderer Menschen. Wenn man nicht mehr zwischen den "Ich-Zuerst-Juristen" und den moralisch aufrichtigen Studenten unterscheiden kann (oder will?), dann hat das Studium ein Ziel schon mal verfehlt: alle Seiten zu beleuchten und die Perspektive wechseln zu können.

Um das Image der Juristen ist es wegen der besagten Deppen nicht gerade gut bestellt. Deswegen tun wir Normalos gut daran, nicht in eine müde Opferdevise zu geraten, sondern aktiv zu sagen: "Hey, pass auf. Die Leute gibt es leider, aber nicht alle sind so. Viele studieren, weil sie Menschen helfen wollen und weil sie wollen, dass hier jeder in Frieden und (Rechts)Sicherheit leben kann"

Ich jedenfalls werde stets den Gegenpol spielen, der das eine nicht leugnet, aber das andere nicht gedankenlos dazumengt.

Und eine Anmerkung noch zu Annbet: Dein letzter Satz ist klasse, denn das ist das was ich meine. Einige sind auf dem Egotrip, aber längst nicht alle.

Aber: Ist es nicht auch etwas blamierend, wenn man eine andere Person für den eigenen Misserfolg alleinverantwortlich macht? Mag ja sein, dass die Tipps Schikane oder schlicht sch**** waren. Aber man kann doch auch selbst versuchen, die Arbeit zu einer Lösung zu bringen oder vllt mal selbst schauen, ob die besagten Quellen denn überhaupt existieren? Ist es nicht genau das, was hier kritisiert wird: sich einen Vorteil verschaffen, den man eigentlich nicht unbedingt verdient hat? Nur so als kleine Anregung. Ich bin selbst durch erste HA gefallen (ohne Hilfe), hatte aber später auch Arbeiten im Prädikatsbereich. Man muss sich ja auch mal die Chance geben aus Fehlern zu lernen.

Gast
Do, 17/10/2013 - 10:56

Ich mache es zwar selber nicht, kann aber jeden verstehen, der zu solchen Methoden greift.

Das Jurastudium ist ganz einfach auf Konkurrenz angelegt.
Ich glaube es gibt kein anderes Studium im dem die Note so entscheidend ist, wie im Jurastudium.

Aus einem Gutmenschen wird kein guter Jurist - Wer es nichtmal schaft sich im Planschbecken der Uni durchzuschlagen, für den ist das Haifischbecken der juristischen Praxis erst recht nichts!

Hate the game, not the player!

Gast
Di, 26/11/2013 - 22:18

Ich bin andere Meinung,Schuld ist das System, Noten, Grund das die Prüfung bestanden haben sollen Kein Job bekommen, Referendariat ohne Praktische Erfahrung Sinlos

Und Deine Meinung zu »Leserbrief eines Jurastudenten: Die juristische Bibliothek - Der Vorhof zur Hölle«

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