Gegen Abofallen im Internet

von admin ·

Abofallen im Internet - Artikel zur Gesetzesänderung

So oder so ähnlich könnte es dann wohl demnächst bei den zahllosen Anbietern von Software-, Zeitungs- oder "Sonstwas"-Abos auf der Internetseite aussehen. Ich rede hier bewusst von könnte, denn tatsächlich funktionierte das System der erschlichenen Verträge auch trotz der Unwirksamkeit bzw. Anfechtbarkeit dieser und trotz der Regelungen in §312c BGB und des TMG wunderbar.

Jetzt hat der Bundesrat einen von der Bundesregierung vorgeschlagenen und vom Bundestag beschlossenen Gesetzesentwurf angenommen - namentlich das Gesetz zur Änderung des Bürgerlichen Gesetzbuchs zum besseren Schutz der Verbraucherinnen und Verbraucher vor Kostenfallen im elektronischen Geschäftsverkehr (zum Download des Gesetzesentwurf auf den Seiten des Bundesrates).

Zweck des Gesetzes - wer hätte es gedacht - ist selbstredend die Bekämpfung der Abofallen und Stärkung des Verbraucherschutzes, was - vereinfacht gesagt - durch eine höhere Informationsdichte auf der jeweiligen Website des Anbieters gewährleistet werden soll. Dies soll nach §312g Abs. 2 n.F. BGB (voraussichtlich ab Sommer / Herbst 2012) durch zwingende Angaben zu den wesentlichen Merkmalen der Ware oder Dienstleistung, zur Mindestlaufzeit des Vertrages (sollte es eine dauernde oder regelmäßig wiederkehrende Leistung geben), zum Gesamtpreis und seiner Bestandteile sowie zu den eventuell anfallenden Liefer- bzw. Versandkosten erreicht werden. Diese Angaben sollen dem Verbraucher vor Abschluss der Bestellung verständlich und in hervorgehobener Weise zur Verfügung gestellt bzw. präsentiert werden.

Interessant erscheint, dass ausgerechnet Finanzdienstleistungen hiervon ausgenommen werden: "Diese Pflicht gilt nicht für Verträge über die in § 312b Absatz 1 Satz 2 [BGB] genannten Finanzdienstleistungen". Dies sind Bankdienstleistungen sowie Dienstleistungen im Zusammenhang mit einer Kreditgewährung, Versicherung, Altersversorgung von Einzelpersonen, Geldanlage oder Zahlung. Warum genau diejenigen Leistungen von der Regelung ausgenommen werden sollen, von denen gerade die im Hinblick auf den Verbraucher größte wirtschaftliche Gefahr ausgeht, erscheint mir nicht begreiflich. Prinzipiell erkenne ich hier lediglich die Pflicht des Anbieters (Unternehmers) vor Abschluss des Vertrages noch einmal alle oben genannten Daten zusammenfassend zu präsentieren oder zumindest diese zur Verfügung zu stellen. Dabei ist nicht zu erkennen, warum diese Pflicht nicht genauso gut für Finanzdienstleister gelten sollte. Etwaige gesetzliche Regelungen scheinen durch §312g Abs. 2 n.F. BGB nicht verdrängt zu werden.

Eine weitere Neuerung ist, dass der Anbieter die Bestellsituation so zu gestalten hat, dass der Verbraucher mit der Bestellung ausdrücklich bestätigt, dass er sich zu einer Zahlung verpflichtet (§312g Abs. 3 S.1 n.F. BGB). Sollte der Bestellvorgang über eine Schaltfläche abgeschlossen werden, ist diese nach §312g Abs. 2 S.2 n.F. BGB desweiteren mit den Worten "zahlungspflichtig bestellen" zu versehen (siehe obiges Bild). Nur dann kommt der Unternehmer seiner Pflicht nach, die Bestellsituation adäquat zu gestalten.

Abzuwarten wird bleiben, ob das nun verabschiedete Gesetz das gewünschte Ergebnis bringen wird. Ich persönlich wage dies eher zu bezweifeln:

Der wirtschaftliche Erfolg der Abofallen ist das Ergebnis einer auf Einschüchterung und Überraschung basierenden Geschäftspraxis. Die Überraschung des Verbrauchers resultiert zwar selbstverständlich aus den nicht vorhandenen oder schwer zugänglichen Informationen bezüglich der vertragswesentlichen Bestandteile und der auf den Bestellvorgang folgenden Rechnungsstellung. Aber unterstellte man dieser Branche eine gewisse kriminelle Energie (was wohl durchaus erlaubt sein dürfte), dann ist nicht erkennbar, warum sie auf einmal ihre Informationspolitik grundlegend ändern sollte. Bei genauer Betrachtung könnte sich nämlich der Verbraucher eigentlich relativ einfach von dem (vermeintlich) geschlossenen Vertrag lösen. Dabei ist bereits fraglich, ob überhaupt ein Vertrag zu Stande gekommen ist, wenn man an das Stichwort der überraschenden Klauseln denkt. Ferner könnte der Verbraucher den Vertrag widerrufen oder anfechten. Mit §312g n.F. BGB würde sich insoweit nur ändern, dass ein Vertrag eindeutig nicht zu Stande kommt, wenn entsprechende Angaben beim Bestellabschluss nicht gemacht werden.
Bei trotz des neuen §312g BGB gleichbleibender Informationspolitik würde mE nur das passieren, was sowieso in der Abofallenbranche Alltag ist - es gibt Menschen, die sich gegen den aufgedrückten Vertrag wehren und solche, die dies eben gerade nicht tun, weil sie zu überrascht sind oder eingeschüchtert werden durch dubiose Inkassounternehmen, die die Forderungen der Abofallenbetreiber (oft sogar noch in ein und derselben Person) beitreiben. Die Möglichkeit Gegenwehr wird durch §312g n.F. BGB - eine gewisse Recherchetätigkeit des Verbrauchers vorausgesetzt - sicherlich erleichtert werden. Ob sie jedoch auch diejenigen erreicht, die trotz der gegebenen Möglichkeiten, sich von dem vermeintlich geschlossenen Vertrag zu lösen, zahlen, wage ich dennoch zu bezweifeln. Wirkliche Eindämmung der Problematik kann mE nur dann gelingen, wenn eine adäquate Aufklärung über den richtigen Umgang mit dem Medium Internet erfolgt, gegebenenfalls in Verbindung mit einer verstärkten strafrechtlichen Verfolgung.

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