Retrospektive - so heißt die neue Blog-Serie, die wir (nahezu) täglich veröffentlichen wollen, um Euch eine kleine Auswahl an aktuellen wichtigen oder auch unwichtigen juristischen Themen an die Hand zu geben. Gleichzeitig wollen wir Euch verstärkt an unserem iurastudent.de - Leben teilhaben lassen. Wir freuen uns natürlich über Kommentare, Tweets und Likes!

Ein langer Tag neigt sich so langsam dem Ende entgegen - recht eigentlich ist bereits ein neuer Tag angebrochen. Wir vom iurastudent.de - Team haben heute eine ganze Menge geschafft: unsere Facebook-Seite hat schon so einige "Gefällt mir" - Klicks abbekommen, wir haben die Sponsoringplanung für dieses Jahr weiter vorangetrieben und nebenbei arbeiten wir an neuen Produkten, die das Studentenleben vereinfachen (einen kleinen Blick auf unser Vorhaben gibt's exklusiv auf unserer Facebook-Page unter dem Beitrag vom Sonntag: »Aus der Reihe "Ein Blick hinter die Kulissen" Was hat ein Bär mit Jura zu tun?«). Und natürlich darf der neue Artikel nicht vergessen werden, den wir von Gesa Max (stud.iur. in Leipzig) zum Thema Unterlassungsdelikte (§ 13 StGB) bekommen haben. Ein ganz herzliches Danke an dieser Stelle dafür!


Aber auch ansonsten war heute an der juristischen Front nicht gerade wenig los . Wie n-tv berichtet, sagte heute die wegen fahrlässiger Tötung angeklagte Narkoseärztin im Fall "Sexy Cora" aus. Die unter dem Namen "Sexy Cora" bekannte Carolin Wosnitza starb vor zwei Jahren bei ihrer fünften Brustoperation offenbar aufgrund von Behandlungsfehlern seitens der Narkoseärztin, die im Rahmen ihrer Aussage die Schuld und die Verantwortung für den Tod der ehemaligen Big Brother Kandidatin auf sich nahm. Unklarheit besteht jedoch weiterhin über die genauen Hintergründe des Behandlungsfehlers. Während die Angeklagte die Ursache, die zum Tod von "Sexy Cora" geführt hat, für unerklärlich hält, geht die Staatsanwaltschaft - gestützt auf ein medizinisches Gutachten - davon aus, dass Fehler bei der Beatmung zum Tod von Carolin Wosnitza geführt haben.


Themenwechsel. Anderenorts gab es sicher vereinzelte Jubelausbrüche als das Ergebnis eines Gutachtens über die Verfassungsmäßigkeit der neuen GEZ - Regelungen über vielfältige Kanäle publiziert wurde (allen voran die FAZ). Das von "dem renommierten Verfassungsrechtler" (FAZ) Prof. Dr. Christoph Degenhardt, Leipzig, im Auftrag des Handelsverbands Deutschland verfasste Gutachten kommt zu dem Schluss, dass der Rundfunkbeitragsstaatsvertrag aus formellen und materiellen Gründen verfassungswidrig sei.

Laut Degenhardt vertoße der Rundfunkbeitragsstaatsvertrag in materieller Sicht "auf Grund seiner unterschiedslosen Einbeziehung aller Betriebsstätten gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG."1 Damit einher ginge eine Verstoß gegen das Grundrecht der allgemeinen Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG) aufgrund einer demzufolge verfassungrechtlich nicht gerechtfertigten Belastung.2 Begründet wird dies von Degenhardt u.a. mit einer unzulässigen Typisierung im Hinblick auf Nutzungsverhalten von Medien - kurz gesagt: Nicht überall dort, wo in einem Unternehmen ein Computer steht, wird dieser auch dazu verwendet, ARD oder ZDF zu gucken bzw. Deutschland Radio zu hören.

Da hat der Prof. aus Leipzig nicht ganz unrecht. Wenn ich an das Büro meiner Mutter denke, dann steht da ein alter Windows 95 - PC, der allein dazu da ist, das alte DOS - Kalkulationsprogramm aufrecht zu erhalten. Musik hören oder ARD und ZDF gucken, ist da eher nicht drin.

Interessant ist aber auch, dass Degenhardt den Rundfunkbeitrag als Steuer klassifiziert, demzufolge die Regelungsmaterie nicht in die Zuständigkeit der Bundesländer fallen würde, sondern in die Zuständigkeit des Bundes. Für alle, die nun denken, dass müsse dann ja auch schon beim alten Rundfunkbeitrag so gewesen sein: Der Grund hierfür liegt laut Degenhardt3 wiederum in den zahlreichen nunmehr aufgenommenen Verallgemeinerungen und Typisierungen, die dazu führen, dass aus dem Rundfunkbeitrag eine Steuer wird.

Das ist - wie ich finde - eine sehr interessante Geschichte. Denn letztlich führt dann die Ausgestaltung der Materie und nicht die Materie per se zur Zuständigkeit der Länder bzw. des Bundes. Wer das Gutachten sich in gekürzter Fassung zu Gemüte führen möchte, der sei auf die diesbezügliche Seite des HDE verwiesen, auf der es die Kurzfassung zum Download gibt.


Auf zum letzten Thema für diesen Eintrag. Eigentlich ist es schon ein alter Hut4, aber wie das in Wahlkampfzeiten so ist - das Steuerrecht muss herhalten! Wie das Handelsblatt berichtet will Rot-Grün die bestehende Lage rund um die Vererbung von Unternehmen ändern und damit insbesondere der reicheren Bevölkerungsschicht an den Kragen.

Worum geht es? Das geltende Erbschaftsteuerrecht priveligiert die Vererbung oder auch Schenkung von Betriebsvermögen im Vergleich zum Privatvermögen. So kann Betriebsvermögen zum Teil steuerfrei vererbt oder auch geschenkt werden, sofern der dazugehörige Betrieb - vereinfacht gesagt - eine gewisse Zeit zu gleichen Bedingungen (Angestellte) weitergeführt wird. Hierdurch ergeben sich gewisse Möglichkeiten zur Steuergestaltung:

Beispielsweise wäre es (noch) möglich, Vermögenswerte (zB Immobilien) die im Privatvermögen gehalten werden, in eine Personengesellschaft gewerblicher Prägung (GmbH & Co. KG) einzulegen. Dann würden die Vermögensgegenstände bzw. Vermögenswerte in das Betriebsvermögen der Personengesellschaft übergehen. Hierdurch entstünde jedoch bei der Personengesellschaft sogenanntes schädliches Verwaltungsvermögen, das nur zu gewissen Anteilen steuerfrei bzw. überhaupt nicht steuerfrei übertragen werden kann. Abhilfe schafft sich der rafinierte Steuerzahler, indem er eine zweite Personengesellschaft gründet und an diese die Vermögenswerte durch die erste Personengesellschaft veräußert. Hiernach bestünden bei der ersten Personengesellschaft nur noch Forderungen gegen die andere Gesellschaft, die dann jedoch nicht mehr zum schädlichen Verwaltungsvermögen gezählt werden. Bei der zweiten Personengesellschaft würde sich ein Saldo der jeweiligen Bilanzsummen von "0" ergeben: auf der Aktiv-Seite stünden die Vermögenswerte und dem gegenüber die Verbindlichkeiten auf der Passiv-Seite. Die Anteile an den Gesellschaften könnten nun (weitestgehend) steuerfrei vererbt bzw. geschenkt werden, da auf der einen Seite begünstigtes Verwaltungsvermögen übertragen werden würde und auf der anderen Seite ein "effektiver" Wert von 0.

Dem ganzen und noch weiteren Konstruktionen (zB "Cash GmbH") soll, wenn es nach Rot-Grün gehen sollte, nun ein Riegel vorgeschoben werden. Ich persönlich wäre dann da sehr auf die Ausgestaltung der ganzen Sache gespannt. Denn mE hat die Priveligierung der Vererbung von Unternehmen bzw. von Betriebsvermögen unter den Voraussetzungen der Weiterführung durchaus ihren Sinn - es hängen an dem Unternehmen letztlich Arbeitsplätze und in gewissen Situationen erscheint es mehr als fraglich, ob der Erbe den Betrieb fortführen würde, wenn ihm die steuerliche Begünstigung genommen würde. Andererseits ist die derartige Umgehung der Erbschaftsteuer bzw. Schenkungsteuer auch nicht gerade eine feine Sache - aber es gibt da ja auch noch § 42 AO.


Ich hoffe, Euch hat der erste Beitrag in der Reihe "Retrospektive" gefallen. Kommentare (auch auf Facebook), Likes und Tweets würden für Freude sorgen!

Eine gute Nacht oder einen guten Morgen (wie man's nimmt),
Euer Paul

  • 1. Degenhardt, Christoph. Verfassungsfragen des Betriebsstättenbeitrags nach dem Rundfunkbeitragsstaatsvertrag der Länder - Kurzfassung, Leipzig 2013, S. 10.
  • 2. Ebenda.
  • 3. Degenhardt (aaO) S.7
  • 4. vgl. hierzu die Pläne des Bundesrates zum Jahressteuergesetz 2013

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