Ist das Tatbestandsmerkmal der „gemeinschaftlichen“ Begehung so zu verstehen, dass die Täter in Mittäterschaft agieren müssen?
Überblick
Umstritten ist, ob die gemeinschaftliche Begehung im Sinne des § 224 I Nr. 4 erfordert, dass die Täter als Mittäter nach § 25 II StGB handeln müssen, oder ob es genügt, dass ein Täter nur als Gehilfe oder Anstifter mit dem anderen zusammenwirkt.
Die Auffassungen und ihre Argumente
1. Ansicht - Gemeinschaftliche Begehung iSd. § 224 I Nr. 4 StGB bedeutet Mittäterschaft nach § 25 II StGB1
Argumente für diese Ansicht
Wortlaut „gemeinschaftliche Begehung“
Der Wortlaut der gemeinschaftlichen Begehung erfordert bereits dem Sprachgebrauch nach eine Begehung in Täterschaft. Der Gehilfe „begeht“ nicht – er leistet Hilfe.2
Hoher Strafrahmen des § 224 StGB
Die bloße Teilnahme kann die hohe Strafandrohung nicht rechtfertigen.3
Kein normative Gleichstellung mit § 224 Nr. 5 StGB
Zudem kann allenfalls durch täterschaftliche Beteiligung zweier Akteure die Legitimation für einen normativen Gleichstand mit einer lebensgefährdenden Behandlung iSd. § 224 I Nr. 5 StGB erreicht werden.4
2. Ansicht - Für die Verwirklichung des Tatbestandsmerkmals der gemeinschaftlichen Begehung genügt auch ein Zusammenwirken mit einem Anstifter oder Gehilfen.5
Es ist ausreichend, dass mindestens zwei Beteiligte am Tatort bewusst zusammenwirken. Dabei ist eigenhändiges Ausführen von Verletzungshandlungen durch jeden der Anwesenden nicht erforderlich.6
Argumente für diese Ansicht
Wortlaut „mit einem anderen Beteiligten“
Dafür, dass bereits das Zusammenwirken mit einem Gehilfen oder Anstifter genügt, spricht vor allem schon der Wortlaut des § 224 I Nr. 4 StGB. Der Begriff des Beteiligten ist in § 28 II StGB definiert und bezieht auch den Teilnehmer mit ein.7
Die Gefährlichkeit ändert sich aus Opfersicht nicht
Zudem ist es hinsichtlich der Gefahr aus der Sicht des Opfers gleichgültig, ob die Täter als Mittäter agieren, oder nur als Teilnehmer.8
Gesteigerte Gefährlichkeit, die die gemeinschaftliche Begehungsweise im Sinn hat, wird auch durch Teilnehmer erreicht
Die gesteigerte Gefährlichkeit ist insbesondere darin zu sehen, dass das Opfer durch die Anwesenheit mehrerer Personen und ein gemeinsames Vorgehen höheren Gefahren ausgesetzt ist. Die gesetzestechnische Beteiligungsrollen sind insoweit irrelevant.9
- 1. NK/Paeffgen. § 224, Rn.23ff., Aufl. 3.
- 2. Krey/Heinrich, BT I, Rn. 252b, Aufl. 14.
- 3. Dies geht zumindest aus NK/Neumann, § 224, Rn. 24 vor, Aufl. 3.
- 4. NK/Paeffgen. § 224, Rn.24, Aufl. 3.
- 5. BGHSt 47, 383.;Rengier, BT II, § 14, Rn. 47, Aufl. 13.; Fischer, StGB, § 224, Rn. 11, Aufl. 62.
- 6. Fischer, StGB, § 224, Rn. 11, Aufl. 62.
- 7. Satzger/Schluckebier/Widmaier/Momsen/Mosen-Pflanz, StGB, § 224, Rn. 25, Aufl. 2.; Rengier, BT II, § 14, Rn. 47, Aufl. 13.; m.w.N.: Lackner/Kühl, StGB, § 224, Rn. 7, Aufl. 28.; MüKo/Hardtung, § 224, Rn. 31, Aufl. 2.
- 8. Rengier, BT II, § 14, Rn. 47, Aufl. 13.
- 9. MüKo/Hardtung, § 224, Rn. 31, Aufl. 2.
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