Grundfreiheit des freien Warenverkehrs nach Art 28 ff. AEUV

Art. 28 AEUV

(1) Die Union umfasst eine Zollunion, die sich auf den gesamten Warenaustausch erstreckt; sie umfasst das Verbot, zwischen den Mitgliedstaaten Ein- und Ausfuhrzölle und Abgaben gleicher Wirkung zu erheben, sowie die Einführung eines Gemeinsamen Zolltarifs gegenüber dritten Ländern. 

(2) Artikel 30 und Kapitel 3 dieses Titels gelten für die aus den Mitgliedstaaten stammenden Waren sowie für diejenigen Waren aus dritten Ländern, die sich in den Mitgliedstaaten im freien Verkehr befinden.

Schema zur Grundfreiheit des freien Warenverkehrs nach Art 28 ff. AEUV

I. Schutzbereich betroffen 

1. Sachlicher Anwendungsbereich

EU- Ware i.S.v. Art. 28 II AEUV ist grundsätzlich jeder körperliche Gegenstand, der einen Geldwert hat und Gegenstand eines Handelsgeschäfts sein kann.

2. Unionsrechtlicher Anwendungsbereich

Ware stammt entweder aus einem Mitgliedstaat oder aus einem Drittstaat, befindet sich dann aber zumindest gemäß Art. 29 AEUV in einem Mitgliedstaat im freien Verkehr

3. Verkehrspezifisches Merkmal

Grenzüberscheitender Sachverhalt

II. Eingriff

Staatliche Maßnahme oder bei Unterlassen auch Handlungspfilcht 

1. mengenmäßige Einfuhrbeschränkung

2. Maßnahme gleicher Wirkung: 

Gebhardformel: Alle Maßnahmen, die geeignet sind, die Ausübung der Grundfreiheiten zu behindern oder weniger attraktiv zu machen

Dassonville- Formel: Vorliegen einer Maßnahme gleicher Wirkung. Dies ist jede Maßnahme, die unmittelbar, mittelbar, tatsächlich oder potenziell den Binnenhandel behindern kann

Erste Einschränkung durch Keck-Formel: Hier ist zwischen Produktmodalitäten und bloßen Verkaufsmodalitäten zu unterscheiden. Diskriminierungsfreie Verkaufsmodalitäten, beispielsweise Ladenöffnungszeiten, sind vom Anwendungsbereich der Art. 34 ff. AEUV ausgeschlossen, wenn sie für alle Wirtschaftsteilnehmer gelten, die ihre Tätigkeit im Inland ausüben und den Absatz in- und ausländischer Waren in gleicher Weise berühren.
Produktmodalitäten, die das Produkt selbst regeln werden von Art. 34 ff. AEUV umfasst.

III. Rechtfertigung

1. Geschriebene Rechtfertigungsgründe

nur nach Art. 36 AEUV 

2. Verfassungsimmanente Schranken 

Zweite Einschränkung hier durch Cassis-Formel: Danach darf eine Ware, die in einem Mitgliedstaat vorschriftsmäßig hergestellt und in Verkehr gebracht worden ist, nur ausnahmsweise nicht in anderen Mitgliedsstaaten vom Verkehr ausgeschlossen sein

a. unterschiedlos geltende Maßnahme

b. zwingende Gründe des Allgemeininteresses

c. Verhältnismäßigkeit 

3. Ungeschriebene Rechtfertigungsgründe

- Effet utile, Art. 4 III EUV

- zwingende Gründe des Allgemeinwohls

- Verhältnismäßigkeit

- kein Verstoß gegen Unionsrecht (GR- Charta, EMRK, ungeschriebenes Primärrecht)

Vorlesung: 
Europarecht
Rechtsgebiet: 
Öffentliches Recht
Zweittitel: 
Grundfreiheit des freien Warenverkehrs nach Art 28 ff. AEUV
Video URL: 
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