Die Strafstation im Referendariat: Staatsanwaltschaft

Wie bereits erwähnt, ist die Ausbildung bei einem Staatsanwalt in einigen Bundesländern Pflicht. Bundesländerabhängig kannst Du ggf. auch zwischen der Staatsanwaltschaft und der Ausbildung bei einem Strafrichter wählen. Im Falle des „Wahlrechts“ lass Dir gesagt sein: Du hast – wie immer – keinen Anspruch auf eine Zuteilung zu einem bestimmten Dezernat oder Ausbilder. Es kann also sein, dass Du entgegen Deinem Wunsch einem Strafrichter zugewiesen wirst, sollten bei der Staatsanwaltschaft nicht genügend Ausbildungsplätze zur Verfügung stehen.

Die Strafstation und die Ausbildung bei der Staatsanwaltschaft ist für viele Referendare wohl die herausforderndste und gefürchtetste Station im Referendariat. Als Vertreter der Staatsanwaltschaft übernimmst Du den sog. Sitzungsdienst. Sitzungsdienst bedeutet, dass Du an (meistens) einem Tag der Woche mehreren Hauptverhandlungen als Vertreter der Staatsanwaltschaft beiwohnen wirst. Das heißt, dass Du als Staatsanwalt auftrittst und die Aufgaben eines Staatsanwaltes übernimmst. Hierzu gehört, dass Du zu Beginn der Hauptverhandlung die Anklage verliest und zum Schluss Dein Plädoyer bzw. Deinen Schlussvortrag hältst.

Das klingt beängstigend. Und das geht wohl jedem Referendar vor seinem ersten Sitzungsdienst so. Allerdings sagen auch alle Referendare im Nachhinein, dass der Sitzungsdienst halb so schlimm ist und es sogar Spaß macht endlich einmal etwas praktisch Relevantes tun zu dürfen.

Den Schrecken kann Dir nur die Erfahrung nehmen, allerdings hilft es vielleicht, vorher einige Dinge zu wissen: Zum einen bekommst Du die Anklage, die Du verlesen musst, vorgefertigt ausgehändigt. Du musst also weder einen Sachverhalt beurteilen noch eine Anklage selbst formulieren. Zusätzlich zu der Anklage erhältst Du von Deinem Ausbilder ggf. noch den Bundeszentralregisterauszug; dieser ist in Bezug auf etwaige Vorstrafen wichtig für die Strafe, die Du im Rahmen Deines späteren Plädoyers beantragst. Neben dieser sog. Handakte erhältst Du keine weiteren Unterlagen. Der Sachverhalt ist also bereits aufgearbeitet und „zusammengefasst“.

Zudem wirst Du die Fälle bzw. Anklagen mit Deinem Ausbilder vor dem Sitzungsdienst besprechen, ebenso wie die hierfür vorgesehene Strafe. Du wirst also in der Regel nicht in die Situation geraten selbst eine Strafzumessung durchführen zu müssen (die unter Umständen recht komplex sein kann).

Das bedeutet, dass Du Dich in den meisten Fällen gut auf den Sitzungsdienst vorbereiten kannst. Die Anklage musst Du lediglich vorlesen (das bedeutet, Du musst hier nichts auswendig lernen). Für das gefürchtete Plädoyer gibt es Formularsammlungen und Textbausteine, die Dir beim Formulieren helfen. Auch das Plädoyer kannst Du vorbereiten und musst es lediglich vortragen – oder Du liest es einfach ab, wie viele Staatsanwälte es auch tun.

Sollten sich der Sachverhalt und damit Deine Bewertung und oder die angesetzte Strafe doch einmal im Laufe der Hauptverhandlung ändern, beantragst Du die Unterbrechung der Hauptverhandlung. Auch hier kann es sinnvoll sein, sich vorher damit zu befassen, wann und wie Du welche Anträge stellst (so z. B. die Unterbrechung der Hauptverhandlung). Allerdings wird der Richter Dir in der Regel Hilfestellung geben und Dir den Antrag „in den Mund legen“.

Während der Unterbrechung der Hauptverhandlung kannst Du Deinen Ausbilder anrufen und die geänderten Umstände mit ihm besprechen. Achte deswegen darauf stets alle wichtigen Telefonnummern parat zu haben.

Danach kannst Du in aller Ruhe in einem Nebenraum Dein Plädoyer umschreiben. Setze Dich nicht unter Druck – Gottes Mühlen mahlen langsam und die Mühlen der Justiz mahlen noch langsamer; hier ist man es gewöhnt, das alles seine Zeit braucht.

Neben dem Sitzungsdienst bekommst Du in der Regel einmal wöchentlich eine weitere Akte, zu der Du die Anklageschrift verfassen musst. Auch diese Arbeitsergebnisse besprichst Du mit Deinem Ausbilder. Inwieweit Du unmittelbar Noten für Deine Ausarbeitungen erhältst und wie umfangreich das Feedback sein wird, divergiert je nach Ausbilder. Doch auch hier gilt: Dein Ausbilder hat einen Ausbildungsauftrag! Es ist daher völlig in Ordnung, Feedback (höflich) einzufordern.

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