Referendariat: 5 Tipps für die erste eigene Verhandlung

Tipp Nr. 1: Der mögliche Verfahrensausgang

Mir hat es ungemein geholfen, mir jeden absehbaren und naheliegenden Verfahrensausgang vor Augen zu führen. Denn auch die beste Vorbereitung ist für die Katz, wenn einer der Parteien zur Verhandlung nicht erscheint und ein Versäumnisurteil ergehen muss, man aber Voraussetzungen, Antragserfordernisse und Tenor nicht kennt. Oder die Parteien einen Vergleich schließen wollen, man aber nicht weiß, dass der Vergleich nicht nur diktiert, sondern den Parteien nochmals vorgespielt und von diesen genehmigt werden muss. Daher ist es hilfreich, vorab zu wissen, wie man in den verschiedenen Situationen zu reagieren hat. Allerdings ist es zeitlich oftmals gar nicht möglich, den – manchmal auch sehr komplexen Fall – so zu durchdringen, dass vorab jeder Verfahrensausgang ersichtlich wird, zumal sich die jeweilige Beendigung des Prozesses oft erst aus der Verhandlung selbst und damit spontan ergibt. Aber auch hier gilt: Der Ausbilder sitzt immer neben euch. Und es ist keine Schande, wenn man darauf angewiesen ist, Fragen zu stellen oder den Ausbilder übernehmen zu lassen. Angenehm für einen selbst, ist es natürlich nicht. Dafür schämen sollte sich allerdings niemand.

Tipp Nr. 2: Das Diktiergerät

Die ZPO regelt in den §§ 160ff., was protokolliert werden soll, muss und was entbehrlich ist. In der Praxis ist die vorläufige Protokollierung mittels Tonbandgerät üblich. Insbesondere bei Zeugeneinvernahme ist es erforderlich, die Aussagen so genau und präzise wie möglich und zudem in den Worten des Zeugen, widerzugeben. Das allein ist schon eine Herausforderung. Auch wenn man es nicht meinen mag, stellt auch das Diktiergerät selbst eine nicht zu unterschätzende Hürde da. Im Eifer des Gefechts drückt man schon mal die falsche Taste, spult zurück und überspielt bereits diktierte Verfahrensgegenstände. Daher ist es ratsam, sich das Diktiergerät vorher auszuleihen und ein paar Mal im Gerichtssaal oder zu Hause zu üben und sich mit den einzelnen Funktionen vertraut zu machen.

Tipp Nr. 3: Aufmerksam sein

Nein. Man wird nicht direkt ins kalte Wasser geschmissen. Zumindest nicht im Normalfall. In der Regel gehen der ersten eigenen Verhandlung genügend Verhandlungstage voraus, bei denen man entweder neben seinem Ausbilder auf dem Podium oder im Zuschauerraum sitzt und den Ablauf der Verhandlung beobachten und verinnerlichen kann. Aufmerksam sein zahlt sich hier also aus. Besonders bei immer wiederkehrenden Sätzen und Abläufen ist es sinnvoll, sich diese zu notieren und vor der eigenen Verhandlung ggf. auswendig zu lernen. Wenn zum Beispiel der „Beginn“ der mündlichen Verhandlung, also der Aufruf der Sache und die Feststellung der anwesenden Personen – und das Diktieren dieses Vorgangs – schon mal sitzt, ist die erste Hürde geschafft. Fehler in diesem Bereich sind einfach nur unnötig und bringen euch aus dem Konzept.

Tipp Nr. 4: Protokollierung von Zeugenaussagen üben

Da Zeugenaussagen möglichst wörtlich wiedergegeben werden müssen, ist die vorläufige Protokollierung mittels Diktiergerät das Herzstück der Verhandlung und damit wohl die für Referendare größte Herausforderung. Da euch als Zeuge in der Regel kein Rechtsanwalt gegenüber sitzen wird, sondern viel wahrscheinlicher Tante Emma von um die Ecke, solltet ihr euch darauf gefasst machen, dass Zeugen viel, schnell und alles andere als stringent reden und erzählen. Hier ist höchste Konzentration gefordert. Sinnvoll ist, sich währenddessen Notizen zu dem Gesprochen zu machen, den Zeugen nach nicht allzu langer Zeit höflich zu unterbrechen und anhand der Mitschrift das Gesagte zu diktieren. So unterteilt man die Aussage in kleine, übersichtliche Häppchen und vermeidet, dass man am Ende nicht mehr genau weiß, was der Zeuge anfangs erzählt hat.
Wer das ganze vorher üben möchte, kann sich auch einfach einen Monolog eines Freundes zu einem beliebigen Thema anhören und diesen diktieren.

Tipp Nr. 5: Ruhe bewahren

Eigentlich überflüssig, zu erwähnen und doch kann man es nicht oft genug sagen. Vor allem nicht sich selbst. Versucht Ruhe zu bewahren. Zumindest ich habe erst einmal ein Brett vor dem Kopf, wenn etwas Unvorhergesehenes passiert, ich ungemein nervös bin und dann noch von Richter, gestandenen Anwälten und sowieso schon skeptischen Jura-Muggeln erwartungsvoll angeblickt werde. Erfahrungsgemäß tritt man weitaus seriöser auf, wenn man in diesen Saal hereinspaziert als wäre es sein gottgegebenes Recht. Sein tägliches Brot. Innere Ruhe entspringt einem Selbstbewusstsein, das wir uns schon durchs Studium mehr als nur verdient haben sollten; nutzt es!
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