Die zivilrechtliche Assessorklausur

Autorin: Rechtsanwältin Vera Oldenburger

Die Klausuren des zweiten Juristischen Staatsexamen unterscheiden sich nicht nur von der Länge her von den Klausuren des ersten Juristischen Staatsexamens, sondern es werden auch andere Anforderungen und Aufgaben an Euch gestellt. Umso wichtiger ist es, sich frühzeitig eine „Klausurtaktik“ anzueignen, um eine Klausur mit einem Umfang von bis zu 20 Seiten innerhalb von fünf Stunden bewältigen zu können.

Im Folgenden zeigen wir Euch, auf welche Punkte bei der Klausurdurchsicht besonders geachtet werden sollte, welche versteckten Hinweise eine Klausur liefern kann und welche Reihenfolge wir für die Niederschrift der Klausur empfehlen.

I. Taktisches Vorgehen bei der Klausurlektüre

1. Lesen des Bearbeitervermerks

Als erstes ist zwingend der Bearbeitervermerk zu lesen. Dies dient dazu, die Klausur „richtig“ zu lesen, also sich beim Lesen bereits erste Gedanken zur Lösung zu machen – oder auch eben nicht. Häufig enthält der Bearbeitervermerk nämlich auch Hinweise, was ggf. bereits unterstellt werden kann (ordnungsgemäße Zustellung; sachliche- und örtliche Zuständigkeiten wurden gewahrt) oder Anweisungen zur Bearbeitung (z.B. § 313 a ZPO nicht anwenden oder die Entscheidung zur Vollstreckbarkeit ist erlassen).

Lest Ihr zuerst die Klausur, verschwendet ihr ggf. unnötig Gedanken zu möglichen Problemen, die keine sind und vernachlässigt die wirklich in der Klausur angelegten Probleme.

2. Lesen der Klausur

Erst nachdem ihr den Bearbeitervermerk gelesen habt und Ihr die Aufgabe richtig erfasst habt, widmet Ihr euch der eigentlichen Klausur.

Häufig wird empfohlen, zunächst das Aktenstück einmal komplett von Vorne bis Hinten durchzulesen, ohne bereits Stichpunkte anzufertigen. Der Vorteil besteht darin, keine unnötigen Notizen zu machen, da sich beim Durchlesen in der Regel auch viele offene Fragen aufklären. Auch bekommt Ihr so bereits einen ersten groben Überblick und könnt beim erneuten Durchlesen auf die richtigen Schwerpunkte setzen.
Probiert am besten anhand der Übungsklausuren in den Arbeitsgemeinschaften aus, womit Ihr selbst (zeitlich) am besten zurecht kommt.

Unabhängig davon, ob Ihr bereits beim ersten oder zweiten Durchlesen der Klausur anfangt Notizen zu fertigen, macht Euch insbesondere Folgendes klar:

  • Sofern ein Urteil angefertigt werden muss, ist dieses auch Entscheidungsreif!

  • Das Aktenstück ist vollständig!

  • Der Sachverhalt ist richtig zu erfassen. (Dies ist wohl der wichtigste Punkt. Ihr müsst besonders darauf achten, den Euch vorliegenden Sachverhalt richtig zu erfassen!)

Solltet ihr das Gefühl haben, dass bestimmte Angaben fehlen, ohne, dass es hierzu einen Hinweis gibt, dann geht davon aus, dass es hierauf nicht ankommt.

3. Die richtigen Notizen machen

Während der Klausurdurchsicht solltet Ihr bereits auf die jeweils zur Lösung der Klausur erforderlichen Informationen achten und Euch hierzu Notizen machen.

In den einzelnen Abschnitten der Klausurakte ist jeweils auf folgende Angaben besonders zu achten:

Rubrum
  • vollständige Anschriften der Parteien (jeweils die Aktuelle. Achtet also auch auf einen Umzug einer der Parteien im Laufe des Rechtsstreits)

  • anwaltliche Vertretung (s.o. auch hier ist ggf. auf einen Anwaltswechsel zu achten)

  • ordnungsgemäße Vertretung bei juristischen Personen / Parteifähigkeit

  • besteht eine Streitgenossenschaft?

  • welches Gericht ist örtlich zuständig?

Klägerantrag
  • Ist der Antrag vollständig und vollstreckungsfähig oder auslegungsbedürftig?

  • Wie hoch ist der Streitwert? (Bestimmung der sachlichen Zuständigkeit)

  • unbezifferter Klageantrag -> wurde der Bestimmtheitsgrundsatz gewahrt?

  • Bei Klagehäufung: welche Art der Klagehäufung liegt vor?

  • Besondere Anträge: z.B. wurde ein Vollstreckungsschutzantrag gestellt?

  • Sofern Zinsen eingeklagt werden: Welche Art von Zinsen? Ist die Zinshöhe plausibel? Für Welchen Zeitraum werden welche Zinsen begehrt?

Klagebegründung
  • sofern Streit über die örtliche Zuständigkeit besteht: Ergibt sich die örtliche Zuständigkeit ggf. aus dem geltend gemachten Anspruch z.B. aus §§ 24, 29, 32 ZPO oder einer Gerichtsstandsvereinbarung §§ 38, 40 ZPO?

  • Ist der Kläger Inhaber des geltend gemachten Rechts und prozessführungsbefugt? (originär oder abgetretenes Recht?)

  • Keine entgegenstehende Rechtskraft §§ 322, 705 ZPO

  • Hat eine Streitverkündung stattgefunden §§ 72 ff. ZPO

  • Im Rahmen von Zwangsvollstreckungsklagen §§ 767, 771, 768, 805 ZPO: Steht dem Kläger das allgemeine Rechtschutzbedürfnis zu?

  • Bei Feststellungsklagen: Hat der Kläger ein Feststellungsinteresse iSv §§ 256, 255, 259 ZPO?

Beklagtenantrag
  • Normaler Abweisungsantrag

  • Besonderheit: (Teil-) Anerkenntnis/ Zug-um-Zug/ Widerklage/ Hilfsanträge/ Antrag auf Verurteilung unter Vorbehalt (Urkundsprozess)

Klageerwiderung
  • Ist die Klageerwiderung rechtzeitig erfolgt §§ 273, 276 ZPO? ( Wegen der Möglichkeit der Zurückweisungsrüge wegen verspätetem Vorbringen nach § 296 ZPO)

  • Werden Rügen erhoben (insbesondere die der fehlenden Zuständigkeit)?

  • Welche Einreden/ Einwendungen trägt der Kläger vor (insbesondere Aufrechnungseinwand)?

  • Einordnen des Sachvortrags in streitig und unstreitigen Teil

Replik des Klägers
  • Gibt es neuen / überholenden Vortrag?

  • Hat eine Klageänderung stattgefunden -> Erledigung/ (Teil-)Rücknahme/ Erweiterung/ Umstellung?

Duplik des Beklagten
  • Bei Klageänderung: Reaktion des Beklagten

  • Neuer Beklagtenvortrag oder Stellungnahme zu neuem Vortrag des Klägers?

Protokoll der mündlichen Verhandlung (sofern vorhanden)
  • Ist rügelos verhandelt worden?

  • Sind angekündigte oder neue Anträge gestellt worden?

  • Hat eine Beweisaufnahme stattgefunden?

  • Gibt es sonst neuen Vortrag/ Reaktion auf letzten Schriftsatz?

Unabhängig davon, worauf Ihr in den einzelnen Klausurabschnitten achten sollt, solltet Ihr auch auf folgende Angaben besonders achten:

Daten

Auf Datumsangaben müsst Ihr insbesondere für folgende Fristen achten:

Prozessuale Fristen
  • § 276 ZPO Klageerwiderungsfrist wegen § 296 ZPO (Zurückweisung verspäteten Vorbringens)

  • § 217 ZPO Ladungsfrist

  • § 132 Abs. 1 ZPO Schriftsatzfrist (gilt analog auch für Antragsänderungen)

  • § 255 ZPO Klage auf zukünftige Leistung

Materielle Fristen:
  • §§ 121, 124, 2082 BGB Anfechtungsfristen

  • §§ 195, 199, 438, 634a, 651 j BGB Verjährungsfristen

  • § 281 Abs. 1 S. 1 BGB Nacherfüllungsfrist

  • §§ 355, 495 BGB Widerrufsfristen bei Verbraucherverträgen

  • § 651o BGB Ausschlussfrist bei Reisemängeln

  • §§ 573c, 574b, 622 BGB Kündigungs- und Widerspruchsfristen

Zahlen und Wertangaben
  • sachliche Zuständigkeit §§ 1 ff. ZPO iVm §§ 23 S. 1 Nr. 1, 71 Abs. 1 GVG

  • Gebührenstreitwert §§ 39, 45 GKG

  • Unterliegensquote bei Haupt- und Hilfsanträgen sowie bei Streitgenossen

II. Versteckte Hinweise in einer Klausur

Aus bestimmten (fehlenden) Angaben oder der (Nicht-) Durchführung einer Beweisaufnahme könnt ihr unter Umständen Rückschlüsse auf die rechtliche Lösung ziehen.

Fehlende Angaben können insbesondere folgende Hinweise liefern:

  • unbezifferter Klageantrag aber keine Angabe zur Höhe des Anspruchs, sodass eine Schätzung nach § 287 ZPO nicht möglich ist: bedeutet in der Regel, dass der Anspruch selbst nicht besteht. (Antrag wäre im Übrigen auch nicht zulässig – kann aber dahinstehen, wenn der Anspruch selbst nicht besteht.)

  • Ist zwischen einem Kaufvertrag + Montageverpflichtung und einem Werkvertrag zu differenzieren, kann die fehlende Angabe zur Abnahme ein Hinweis auf das Vorliegen eines Kaufvertrages mit Montageverpflichtung sein.

  • Ein für Euch relevantes Datum fehlt? Dann ist das Datum auch nicht relevant. (z.B. fehlen Daten für die Berechnung von Prozesszinsen, könnte dies ein Hinweis darauf sein, dass der primär mit der Klage geltend gemachte Anspruch bereits scheitert oder nur eine Zug-um-Zug Verurteilung möglich ist.)

  • Findest Du Angaben zum Wert einer Sache aber nicht zur Höhe des Verkaufserlöses? Dann folgt der Anspruch wohl nicht aus § 816 Abs. 1 BGB. Es kommen dann nur Ansprüche auf SE, aus GoA, §§ 989, 990 Abs. 1 BGB oder §§ 823 ff. BGB in Betracht.

  • Der Beklagte hat die Aufrechnung mit einer Gegenforderung erklärt, allerdings fehlt Vortrag zur Gegenforderung? Dann könnte dies ein Hinweis darauf sein, dass bereits die Klageforderung scheitert.

Durchgeführte Beweisaufnahme

Wurde eine Beweisaufnahme durchgeführt, ist das Beweisthema auch erheblich. Je nachdem worüber Beweis erhoben wurde, könnt ihr bereits erste Rückschlüsse auf die rechtlich favorisierte Lösung ziehen:

  • Findet eine Beweisaufnahme nur auf Antrag einer Partei statt, ist dies ein Hinweis darauf, dass diese auch beweisbelastet ist.

  • Wird Beweis über die Frage erhoben, ob eine „Abnahme“ stattgefunden hat, ist dies ein Hinweis dafür, dass es sich vorliegend um einen Werkvertrag handeln dürfte.

  • Wird über die Forderungshöhe Beweis erhoben, ist dies ein Hinweis darauf, dass der Anspruch selbst jedenfalls besteht.

  • Wird über das Bestehen der „Gegenforderung“ Beweis erhoben, ist dies ein Hinweis darauf, dass die Klageforderung selbst ganz oder jedenfalls zum Teil besteht. Wurde die Aufrechnung nur hilfsweise erklärt, dürften die primär vorgebrachten Einwendungen oder Einreden gegen die Klageforderung keinen Erfolg haben.

  • Wird über Behauptungen, die eine Widerklage oder einen Hilfsantrag begründen sollen, Beweis erhoben, dürfte die Widerklage jedenfalls zulässig und der Hauptantrag unzulässig oder unbegründet sein.

  • Sofern die Beweisaufnahme unergiebig sein sollte, ist die beweisbelastete Partei beweisfällig geblieben.

Nicht durchgeführte Beweisaufnahme

Wurde keine Beweisaufnahme durchgeführt, war die Beweisaufnahme aus unterschiedlichen Gründen nicht erforderlich:

  • Es fehlt an einem Beweisantrag oder nur die nicht beweisbelastete Partei hat einen Beweisantrag gestellt

  • Der Beweisantrag wurde nicht ordnungsgemäß gestellt:

    • Zeuge wird nur als N.N. benannt und Nachbenennung ist nie erfolgt

    • Partei selbst wird als Zeuge benannt + es liegt keine Zustimmung durch den Gegner vor § 447 ZPO

    • Einfacher Streitgenosse soll zu „gemeinsamer Tatsache“ als Zeuge befragt werden

    • Streitgenössischer Nebenintervenient wird als „Zeuge“ benannt

    • Zu späte oder gar keine Zahlung des Gebührenvorschusses § 379 ZPO (in einer Klausur eher nicht relevant)

    • Frist nach § 356 ZPO ist fruchtlos verstrichen

  • Eine Beweisaufnahme wäre unzulässig

    • Vorbringen ist nach § 296 ZPO ohnehin präkludiert

    • Es besteht ein Beweisverwertungsverbot (Zeuge hat ohne Wissen des Gegners heimlich ein Telefonat mitangehört)

    • Der Beweisantrag stellt einen unzulässigen (gegen die Dispositionsmaxime verstoßenden) Ausforschungsbeweis dar. (Beweisaufnahme dient dazu, beweiserhebliche Tatsachen überhaupt erst in Erfahrung zu bringen um den eigenen Anspruch begründen zu können.)

  • Eine Beweisaufnahme ist überflüssig
    • Nach § 287 ZPO kann eine richterliche Schätzung vorgenommen werden

    • Eine Inaugenscheinnahme § 144 ZPO ist nicht erforderlich (z.B. Besichtigung der örtlichen Gegebenheiten zum Verständnis des Geschehensablaufes)

    • Das Gericht sieht die behauptete Tatsache als erwiesen an

    • Es handelt sich um eine offenkundige Tatsache § 291 ZPO

    • Es greift eine gesetzliche (z.B. § 477 BGB) oder tatsächliche (Anscheinsbeweis) Vermutung § 292 ZPO

    • Der Beweis wurde bereits schuldhaft durch die nicht beweisbelastete Partei vereitelt: Tatsache gilt als zugestanden § 242 BGB iVm § 286 ZPO (↔ Bei Beweisvereitelung durch die beweisbelastete Partei ändert sich nichts. Partei bleibt weiterhin beweisfällig.)

    • Indizienbeweis ausreichend (Beweis durch Hilfstatsachen, also Tatsachen, die Rückschluss auf Haupttatsache zulassen – häufigster Anwendungsfall: Beweiserhebung über innere Haupttatsachen wie Vorsatz, Kenntnis oder besondere Absichten)

III. Das Abfassen der Klausur

Nachdem Ihr das Aktenstück gelesen und Euch die wichtigsten Informationen notiert habt, müsst Ihr die Klausur zu Papier bringen. An dieser Stelle kann entweder zunächst mit der Fertigung einer Lösungsskizze begonnen werden (sodass Ihr euch zunächst Gedanken über die rechtliche Lösung machen müsst) oder direkt die Klausur abgefasst werden. Nutzt auch hierfür die Übungsklausuren aus, um für Euch den richtigen Weg zu finden. Was ihr jedoch vermeiden solltet, ist eine Art „Mischkalkulation“ – also zwischen dem Abfassen der Klausur und dem sich Gedanken über die rechtliche Lösung machen während der Klausur wechseln. Das lenkt nur ab und kostet Zeit.

Die zwei wichtigsten Dogmen geltend für beide Varianten:

Vollständiges Arbeiten

Ihr sollt einen praktisch verwertbaren Entwurf erstellen. Die Fertigstellung einer formal vollständigen Arbeit sollte daher oberstes Gebot sein. Es besteht andernfalls das Risiko, für eine unvollständige Arbeit mit weniger als 4 Punkten abgestraft zu werden. Unabhängig davon, dass die richtigen Schwerpunkte gesetzt werden sollen, sollte bei auftretendem Zeitmangel insgesamt besser knapp gearbeitet werden, anstatt die formale Vollständigkeit zu gefährden. Der mögliche Sprung von 8 auf 9 Punkte steht zu dem Erhalt von 3 Punkten wegen formaler Mängel in keinem Verhältnis.

Der Tenor ist das Aushängeschild Eurer Klausur

Der Tenor muss nicht unbedingt das von der Lösungsskizze favorisierte Ergebnis darstellen. Der Tenor muss aber zwingend vollständig und vollstreckungsfähig sein. Ist der Tenor nämlich nicht vollstreckungsfähig, lässt sich das Urteil nicht vollstrecken. Ist der Tenor unvollständig, erwächst nichts in Rechtskraft. Der Prozess war damit wirtschaftlich sinnlos. Es soll Prüfer geben, die Kandidaten nur wegen eines nicht vollständigen oder vollstreckungsfähigen Tenor haben durchfallen lassen.

Variante 1: Lösungsskizze (wird empfohlen)

Wenn Ihr zunächst mit der Anfertigung einer Lösungsskizze bzw. der Erarbeitung der rechtlichen Lösung beginnen wollt, müsst Ihr euch darüber bewusst sein, dass danach weniger Zeit zum Abfassen der Klausur bleibt. Da Ihr dann aber im Idealfall genau wisst, was ihr aufschreiben müsst, sollte die reine Niederschrift auch nicht viel Zeit in Anspruch nehmen.

Prämisse bei der Variante 1 sollte sein:

1. Die Lösungsskizze muss vollständig erstellt werden.
Das bedeutet, ihr sollt die Lösungsskizze bzw. rechtliche Lösung soweit fertig erstellen, dass Ihr beim Abfassen der Klausur nicht erneut in das Gesetz oder die Kommentare schauen müsst, weil Ihr es aufgeschoben habt, einen Punkt „erst später“ lösen zu wollen oder Euch beim Abfassen der Klausur hierzu noch mal Gedanken machen wollt. Ein Blick in den Kommentar oder das Gesetz soll beim Abfassen der Klausur idealerweise nur noch zu Formulierungszwecken erfolgen.
2. Idealerweise fangt Ihr beim Abfassen der Klausur dann auch mit den Entscheidungsgründen an.

Dies hat zwei Vorteile:

  • Für die Entscheidungsgründe werden die meisten Punkte vergeben. Konzentration und Leistungsfähigkeit nehmen im Laufe einer Klausur ab. Ihr dürftet noch nicht unter einem Schreibkrampf leiden, sodass Eure Schrift ist an den wichtigsten Stellen noch lesbar sein dürfte.

  • Für den Tatbestand wisst ihr nach Abfassen der Entscheidungsgründe, worauf es ankommt: Getreu den Grundsätzen des § 313 Abs. 2 ZPO folgend, wonach nur der wesentliche Inhalt in knapper Form dargestellt werden soll, haben unnötige Informationen aufgrund der regelmäßig am Ende einer Klausur eintretenden Zeitnot keine Chance.

Variante 2: direktes Abfassen der Klausur (eher nicht zu empfehlen)

Möchtet ihr direkt mit dem Abfassen der Klausur beginnen, solltet Ihr - anders als bei der Variante 1 - mit dem Rubrum und Abfassen des Tatbestandes anfangen. Insbesondere ist dies bei Klausuren zu empfehlen, bei denen ihr wirklich absolut keine Ahnung habt, wie Ihr an die rechtliche Lösung herangehen sollt. Durch das Abfassen des Rubrums (bis auf den Tenor) und den Tatbestand, bekommt ihr einerseits das Gefühl, schon einen Großteil der Klausur geschafft zu haben und andererseits verschafft es Euch Zeit, über die rechtliche Lösung nachzudenken. Manchmal hilft das Abfassen des Tatbestandes auch dabei, sich den Sachverhalt noch mal vor Augen zu führen und so das „Aha-Erlebnis“ in Bezug auf die rechtliche Bewertung des Falles zu erhalten.

Macht Euch jedoch bewusst, dass das Abfassen des Tatbestandes vor den Entscheidungsgründen dazu führen kann, dass der Tatbestand entgegen § 313 Abs. 2 ZPO auch viele unnötige Informationen enthalten könnte. Allerdings dürfte ein „mehr“ an Informationen weniger schädlich sein, als wenn entscheidungserhebliche Tatsachen keine Erwähnung finden. Dafür spricht bereits die Regelung des § 529 Abs. 1 ZPO, wonach der Prüfungsumfang der Berufung sich nur auf die durch das Urteil festgestellten Tatsachen erstrecken darf. Finden erstinstanzlich bestimmte Tatsachen keine Erwähnung im Tatbestand, können diese Tatsachen im Rahmen einer Berufung auch nicht überprüft werden. Das ist insbesondere dann problematisch, wenn das erstinstanzliche Gericht bestimmte Tatsachen für nicht entscheidungserheblich hält, weshalb es diese im Tatbestand auch nicht erwähnt, das Berufungsgericht aber eine andere Rechtsauffassung hat und die Tatsachen wiederum für entscheidungserheblich hält. Daher dürfte ein „mehr“ an Informationen im Tatbestand nicht zu einem Punkteabzug führen.

Spätestens nachdem Ihr Rubrum und Tatbestand fertig gestellt habt, müsst Ihr euch über die rechtliche Lösung Gedanken machen. Entweder geht Ihr hierbei wie in Variante 1 vor und erstellt zunächst eine umfassende Lösungsskizze, oder ihr hangelt Euch Punkt für Punkt durch die Klausur. Letztere Variante kostet natürlich mehr Zeit und geht auch zu Lasten Eures Schreibflusses, weshalb diese Art der Klausurbearbeitung nicht empfohlen wird. Solltet ihr aber immer noch überhaupt keine Ahnung haben und bietet diese Form der Klausurbearbeitung die einzige Möglichkeit überhaupt etwas zu Papier zu bringen, dann nutzt diese Vorgehensweise.