Revisionsantrag

Autorin: Rechtsanwältin Vera Oldenburger

Der Revisionsantrag ist das Herzstück Eurer Klausur und stellt das Äquivalent des Tenors einer Urteilsklausur dar. Auch wenn der Antrag in der Regel immer sehr ähnlich ausfallen wird, gibt es doch einige wichtige Nuancen, die sich von Fall zu Fall unterscheiden und die Auswirkungen auf die Stellung der Anträge haben. Durch einen präzisen und durchdachten Antrag, kann daher eine wirklich gute Klausur von einer nur mittelmäßigen unterschieden werden. Gleichzeitig kann ein grob fehlerhafter Antrag auch schnell zum Scheitern einer Klausur führen. Es mag sogar Prüfer geben, die – wie im Urteil der Tenor – das Bestehen einer Klausur von einem gelungenen Antrag abhängig machen. Also einmal die Antragsbildung richtig verstehen, dann gelingt Dir das auch. Wichtig ist daneben aber vor allem die Kongruenz zwischen Deinem Revisionsprüfungsergebnis und dem Antrag.

Der Revisionsantrag ist essentieller Inhalt der Revisionsbegründung , § 344 I StPO und gibt vor, inwieweit das Urteil angefochten werden soll. Regelmäßig wird Umfang der Anfechtung eines Urteils § 353 II StPO sein:

„Nach allem wird vorgeschlagen zu beantragen,
    das Urteil des AG/LG (Stadt) vom (Datum) zu dem AZ…. wird mit den zugrundeliegenden Feststellungen aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung in der Sache an eine andere Abteilung des AG/ andere große Kammer des LG (Stadt) zurückverwiesen.“

Unterscheide zwischen den unterschiedlichen Anfechtungsmöglichkeiten: §§ 353 II, 354, 355 StPO:

  • § 353 I: vollständige Anfechtung + Aufhebung des Urteil. Die dem Urteil zugrundeliegenden Feststellungen können bestehen bleiben.
  • § 353 II: wie § 353 I, zusätzlichen sollen auch die dem Urteil zugrundeliegenden Feststellungen aufgehoben werden (Regelfall, siehe obiges Formulierungsbeispiel)
  • § 354 I: Eigene Sachentscheidung, wenn „nur“ Gesetzesverletzung vorliegt und die Feststellungen nicht betroffen sind.
  • § 354 II: Zurückweisung an eine andere Kammer/ Abteilung des Gerichts, das das Urteil erlassen hat, wenn auch die Feststellungen des Urteils betroffen sind (Regelfall, siehe obiges Formulierungsbeispiel)
Problem: Feststellungen des Urteils würden eigentlich Freispruch ergeben

In solchen Fällen kann es sinnvoll sein, die Revision auf die Sachrüge zu beschränken.

Beachte:

  • Schuldspruchberichtigungsmöglichkeit § 354 I StPO
    ⇒ „Vernichtung der Urkunde“ statt „Urkundenunterdrückung“ genannt.
  • ggf. Beschränkung der Revisionsprüfung:
    • "1. Das Urteil des AG/LG (Stadt) vom (Datum) wird mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben
      a. soweit der Angeklagte wg. schweren Raubes verurteilt wurde,
      b. im Ausspruch über die Gesamtstrafe.
      2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an eine andere Abteilung/Strafkammer des AG/LG (Datum) zurückverwiesen.“
      Beispiel: bei Vorliegen eines Verfahrensfehlers nach §§ 338 Nr. 5; Nr. 6 StPO (Abwesenheit/Öffentlichkeitsgebot) wurde abtrennbarer Tatkomplex abgeurteilt
  • Nur Rechtsfolgenausspruch fehlerhaft:
    „Das Urteil v. AG/LG (Stadt) vom (Datum) wird im Rechtsfolgenausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben und die Sache insoweit zu neuer Verhandlung und Entscheidung an eine andere Abteilung/Strafkammer des AG/LG (Stadt) zurückverwiesen.“
  • Im Fall von § 52 (Tatmehrheit) fehlen Verfahrensvoraussetzungen für eine der Taten:
  • „Das Urteil des AG/LG (Stadt) vom (Datum) wird mit den Feststellungen aufgehoben. Soweit der Angeklagte wg. XY verurteilt worden ist, wird das Verfahren eingestellt. Im Übrigen wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an eine andere Abteilung/Strafkammer des AG/LG (Stadt) zurückverwiesen.“
  • Im Fall von § 52 StGB (Tateinheit): Grds. auch Schuldspruchberichtigung möglich:
  • „Das Urteil vom …wird (mit den dazugehörigen Feststellungen) aufgehoben. Soweit der Angeklagte hinsichtlich der Tat vom (Datum) verurteilt worden ist, entfällt die tateinheitliche Verurteilung wegen XY. Im Übrigen …“
  • § 355 StPO analog: Verweisung an zuständiges Gericht wenn unzuständiges Gericht entschieden hat (weil wegen § 6a S. 3 StPO die Entscheidung durch unzuständiges Gericht kein Grund für Urteilsaufhebung ist)
  • „…die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das (zuständige) Schwurgericht des LG (Stadt) zurückzuverweisen.“
  • Beantragung der Beiordnung als Pflichtverteidiger für das Revisionsverfahren, wenn die Hauptverhandlung ohne notwendigen Verteidiger stattgefunden hat §§ 140, 338 Nr. 5 StPO.