AG im Schlafanzug? – das etwas andere Referendariat während Corona

Es ist Anfang März.
Ich warte eigentlich schon gespannt auf den Beginn meines Referendariats im April in Bayern, doch dann schießen die Zahlen der Covid-19-Infizierten rasant in die Höhe und es kommt zu Ausgangsbeschränkungen. Na super, dachte ich mir, ausgerechnet jetzt, wo ich doch vor einem neuen Lebensabschnitt stehe, auf den ich so lange hingearbeitet habe.

Mir gehen tausend Gedanken durch den Kopf: Wird der Beginn des Referendariats verschoben? Muss ich vielleicht noch Wochen oder sogar Monate warten, bis es endlich losgehen kann? Wie wird jetzt alles ablaufen? Allerdings haben die Justizbehörden in Bayern, wie ich finde, eine sehr gute Lösung gefunden, damit das Referendariat doch wie gewohnt im April starten kann.

Gegen Ende März meldete sich unser Arbeitsgemeinschaftsleiter mit der Info bei uns Referendaren, dass unsere Ausbildung planmäßig starten werde, jedoch zu anderen Bedingungen. Die Verpflichtung und Einstellung als Referendar erfolgte in Kleingruppen, alle Arbeitsgemeinschaften würden vorerst online abgehalten werden und die praktische Ausbildung beim Zivilgericht sollte dann jeder Ausbildungsrichter mit dem Referendar selbst regeln. Da das Zivilgericht bei uns aber bis auf Weiteres für den Publikumsverkehr geschlossen wurde, wurden auch dementsprechend keine Sitzungen abgehalten, sodass mein Ausbildungsrichter mich erst einmal gar nicht groß vereinnahmt hat.

Natürlich war das schade, da gerade die Sitzungen für mich ja das Spannendste an der ganzen Sache waren, aber so hatte ich wenigstens mehr Zeit, den Stoff aus der AG vor- und nachzuarbeiten (wir müssen ja schließlich nicht immer nur die negativen Dinge sehen ...). Zwischenzeitlich habe ich auch eine Akte eines Originalfalls von meinem Ausbildungsrichter erhalten, für die ich dann zur Übung ein Urteil abfassen sollte.

Ende Mai war es dann soweit: Die Präsenzveranstaltungen gingen wieder los und unsere AG wird seitdem, je nach Verfügbarkeit eines Raums, in dem die Abstandsregeln gewährleistet werden können, teils online und teils präsent abgehalten. Ich muss sagen, da ich vorher keinen Vergleich zu Arbeitsgemeinschaften in Präsenzform hatte, habe ich mich sehr gut an die Online-Geschichte gewöhnt und komme auch bisher ganz gut mit. Natürlich hängt das auch entscheidend vom jeweiligen Leiter der Arbeitsgemeinschaft ab. Unser Leiter gibt sich auf jeden Fall sehr viel Mühe, die AG auch online so verständlich wie möglich zu machen und erzählt nicht etwa nur in einem Podcast über das jeweilige Thema, sondern gibt uns auch die Gelegenheit während der Online-Veranstaltung mit ihm zu interagieren.

Die Online-AG ist bei uns natürlich eine Pflichtveranstaltung, an der wir teilnehmen müssen. Viele von uns werden vermutlich erst kurz vor Beginn der Online-AG überhaupt aufstehen und eventuell sogar noch im Schlafanzug vor dem PC sitzen. Das bleibt jedem selbst überlassen ;) Dies ändert aber nichts daran, dass unser AG-Leiter uns auch online zur Mitarbeit verpflichtet. Wir Referendare haben zwar während des Vortrags unsere Kameras und Mikros aus, jedoch kann unser AG-Leiter jederzeit jemanden aufrufen und Fragen stellen, die wir dann sogleich durch Einschaltung unseres Mikros beantworten. Umgekehrt können auch wir ihm jederzeit Fragen stellen, sodass sich die Online-Veranstaltung nicht ganz so passiv anfühlt, wie ich zunächst befürchtet hatte.

Mittlerweile durfte ich auch schon an einigen Sitzungen teilnehmen, da das Zivilgericht inzwischen wieder regulär geöffnet wurde. Die Maskenpflicht gilt zwar grundsätzlich im ganzen Gerichtsgebäude, jedoch können wir während einer Verhandlung auf eigene Verantwortung die Maske absetzen.

So endet für mich bald die Zivilstation und es nähert sich langsam alles ein bisschen mehr der Normalität an. Meine Angst, dass das Referendariat ein völliges Desaster wird, hat sich zum Glück nicht bestätigt.

Nun freue ich mich erst mal auf die Strafstation, aus der ich Euch dann wieder berichten werde.

Autorin: Gabriela Geiger (Referendarin)

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