IV. Der Schutzanspruch aus dem Patent (§ 14 PatG)
„Der Schutzbereich des Patents und der Patentanmeldung wird durch die Patentansprüche bestimmt. Die Beschreibung und die Zeichnungen sind jedoch zur Auslegung der Patentansprüche heranzuziehen.“
(§ 14 PatG)
Die Patentansprüche (engl.: claims) bilden den zentralen Teil eines Patents als Schutzrecht. Nur Vorrichtungen, die durch die Ansprüche geschützt sind, fallen unter das Verbietungsrecht des Patentinhabers. Aus diesem Grund sind die Patentansprüche typischerweise sprachlich und inhaltlich sehr allgemein gehalten, damit der Schutzbereich des Patents möglichst groß ist.
Liest man derartige Patentansprüche, so stößt man unweigerlich auf allgemeine oder abstrahierende Beschreibungen. Zur Verdeutlichung des Vorteils dieser abstrakten Sprache ist ein viel verwendetes Beispiel die Formulierung „Befestigungsmittel“, wenn eine Erfindung an einer Stelle Schrauben, Nägel oder dergleichen aufweist. Der Vorteil ist nun, dass beispielsweise auch Klebeverbindungen unter die „Befestigungsmittel“ und damit in das Schutzrecht fallen, was bei einer Formulierung wie „Schrauben, Nägel und dergleichen“ gegebenenfalls nicht der Fall wäre.
Arten von Schutzansprüchen aus dem Patent
Eine allgemeine Unterscheidung der Schutzansprüche lässt sich nach
- Vorrichtungsansprüchen und
- Verfahrensansprüchen
treffen.
Vorrichtungen beschreiben dabei Geräte oder – allgemeiner - Vorrichtungen aller Art, die einem bestimmten technischen Zweck dienen, der in den Ansprüchen näher angegeben ist. Ein Verfahren kann dabei jedes technische Verfahren sein, beispielsweise ein Förderverfahren oder ein Herstellungsverfahren.
Einen Sonderfall bilden die chemischen Patente. In ihrem Fall lassen sich
- Stoffschutzansprüche,
- Verwendungsschutzansprüche und
- Verfahrensschutzansprüche
unterscheiden. Dabei bildet der Stoffschutzanspruch den umfassendsten Schutz, da er einen chemischen Stoff in jeglicher Hinsicht schützt (von der Herstellung über jedwede Art der Verwendung). Der Verwendungsschutzanspruch schützt einen Stoff bezüglich einer Verwendungsart und bildet deshalb ein deutlich weniger umfassendes Schutzrecht. Der Verfahrensschutzanspruch schützt einen Stoff nur hinsichtlich der Verwendung in einem definierten Verfahren und bildet damit den geringsten Schutz.
Bei medizinischen Patenten erfolgt der Schutz gemäß der medizinischen Indikation.
Patentansprüche lassen sich nach abhängigen und unabhängigen Ansprüchen klassifizieren. Jedes Patent muss zwingend einen unabhängigen Anspruch enthalten. Es darf dabei zusätzlich einen oder mehrere abhängige Ansprüche sowie weitere unabhängige Ansprüche enthalten – wobei letztere besondere Anforderungen erfüllen müssen.
Der wichtigste Anspruch eines Patents ist der erste unabhängige Anspruch, der sogenannte Hauptanspruch. Dieser enthält bereits die wesentlichen Merkmale der Erfindung. Die sprachliche Formulierung des Hauptanspruchs ist strikt geregelt: Zunächst ist anzugeben, ob es sich um einen Vorrichtungs- oder einen Verfahrensschutzanspruch handelt. Anschließend müssen die wesentlichen Merkmale der Erfindung, die mit dem Stand der Technik übereinstimmen genannt werden. Erst danach erfolgt eine Abgrenzung vom Stand der Technik durch Angabe der wesentlichen neuen und erfinderischen Merkmale. Dabei sind die beiden Teile der Merkmaldarstellung durch die Formulierung „dadurch gekennzeichnet, dass“ oder „gekennzeichnet durch“ zu trennen.
Beispiel: EP 2 441 701 (A1) (Transportvorrichtung)
1. Vorrichtung für den Transport mindestens zweier Fahrzeuge übereinander, dadurch gekennzeichnet, dass die Vorrichtung eine Grundpalette und eine Deckpalette enthält, wobei die Deckpalette mittels individuell in der Höhe verstellbarer Galgen mit der Grundpalette derart verbun-den ist, dass die Deckpalette in Längsrichtung geneigt angeordnet sein kann.
Zusätzlich kann das Patent weitere unabhängige Ansprüche enthalten. Diese werden Nebenansprüche genannt. Eine zentrale Bedingung an Nebenansprüche ist die Einheitlichkeit der Patentanmeldung. Dies bedeutet, dass die Nebenansprüche einen direkten Bezug zur erfindungsgemäßen Idee haben müssen. Beispielsweise ist es üblich mit dem Hauptanspruch ein Verfahren zu beanspruchen, das durch eine Vorrichtung, die in einem Nebenanspruch beansprucht wird, Anwendung findet.
Beispiel für einen Nebenanspruch: EP 2 441 701 (A1) (Transportvorrichtung)
15. Transportmittel, dadurch gekennzeichnet, dass das Transportmittel die Vorrichtung aus einem der vorhergehenden Ansprüche enthält.
Abhängige Ansprüche zeigen stets einen Bezug auf einen vorhergehenden unabhängigen Anspruch (Hauptanspruch oder Nebenanspruch). Sie dienen dazu, vorteilhafte Ausgestaltungen der Erfindung zu beanspruchen sowie als Rückzugsposition für eventuelle Einsprüche oder Nichtigkeitsklagen gegen das Patent. Wird in einem Verfahren beispielsweise nachgewiesen, dass der Hauptanspruch eines Patents nicht rechtsbeständig ist, so kann das Patent in Folge des Verfahrens durch eine Aufnahme der Merkmale aus mindestens einem abhängigen Anspruch in einen neuen, geänderten Hauptanspruch als kleineres Schutzrecht aufrechterhalten werden.
Beispiel für einen abhängigen Anspruch: EP 2 441 701 (A1) (Transportvorrichtung)
2. Vorrichtung nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass die Deckpalette von den Galgen gelöst werden kann und die Galgen flach auf die Grund-palette geklappt werden können, wobei die Deckpalette wiederum flach auf die geklappten Galgen gelegt werden kann.
[…]
14. Vorrichtung nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass die Vorrichtung aus einer Aluminiumlegierung besteht.