IV. Die Hemmschwellentheorie
Die Hemmschwellentheorie hat ihren Sinn darin, dass bei bestimmten Delikten insbesondere bei den Tötungsdelikten eine Konkretisierung des Vorsatzerfordernisses von Nöten ist und durch eben diese Theorie erreicht werden soll. Gemeint sind besonders gefährliche Gewalthandlungen. Es wird nach dieser Theorie zwar davon ausgegangen, dass der Täter mit der Möglichkeit der tödlichen Folge rechnet und diese auch billigend in Kauf nimmt. Aus der objektiven Gefährlichkeit lässt sich folglich auch auf Eventualvorsatz schließen. Dennoch sei angesichts der höheren Hemmschwelle bezüglich derart schweren Gewalthandlungen auch die Möglichkeit in Betracht zu ziehen, dass der Täter die Gefahr des Erfolges nicht erkennt oder zumindest auf das Ausbleiben der Tatbestandsverwirklichung vertraut. Von einem solchen Vertrauen ist jedoch grundsätzlich dann nicht auszugehen, wenn der von dem Täter vorgestellte Geschehensablauf einem tödlichen Ausgang derart nahe kommt, dass der Erfolgseintritt nur noch durch einen Zufall verhindert werden kann. Bei der Hemmschwellentheorie kann insbesondere der Grundsatz „in dubio pro reo“ relevant werden. Gerade auch bei Handlungen, die in spontaner, unüberlegter, affektiver Erregung ausgeführt werden , kann nicht von vornherein davon ausgegangen werden, dass neben dem Wissenselement auch gleichzeitig das Wollenselement der Vorsatzes gegeben ist.1
- 1. BGH NStZ 09, 629 (630).; BGH NStZ 10, 511 (512).s. auch BGHSt 36, 1 (15):, Heinrich, AT, Rn. 303.