D. Gegenstand des Vorsatzes

Wie bereits einführend erörtert, muss sich der Vorsatz auf alle im objektiven Tatbestand festgestellten Tatbestandsmerkmale, sprich alle Umstände die zum gesetzlichen Tatbestand gehören erstrecken. Dazu zählen insoweit festgeschriebene und auch ungeschriebene Tatbestandsmerkmale wie z.B. die Kausalität und objektive Zurechnung, sowie bestimme Qualifikationen. Zu denken sei z.B. an die Qualifikationen der gefährlichen Körperverletzung gemäß § 224 Abs. 1 Nr. 1-5 StGB.1

Dass der Vorsatz alle objektiven Tatbestandsmerkmale umfassen muss, ergibt sich bereits aus dem Umkehrschluss des § 16 I StGB, der ausdrücklich feststellt, dass bei Fehlen der Kenntnis eines solchen Umstandes der Vorsatz entfällt.2

Ausgeschlossen werden dann jedoch „objektive Bedingungen“ der Strafbarkeit. Auf eben diese muss sich der Vorsatz folglich nicht erstrecken.3 Mit objektiven Strafbarkeitsbedingungen sind im Gesetz festgeschriebene Voraussetzungen gemeint, die zwar zur Verwirklichung des Straftatbestandes vorliegen müssen, auf die sich der Vorsatz jedoch nicht beziehen muss und die folglich von den objektiven Tatbestandsmerkmalen strikt zu unterscheiden sind.4 Diese Strafbarkeitsbedingungen werden insoweit auch als Tatbestandsannexe bezeichnet und sind im Anschluss an den subjektiven Tatbestand zu prüfen.5

Beispielhaft sei an dieser Stelle insbesondere die Begehung einer rechtswidrigen Tat im Zustand des Vollrausches gemäß § 323a StGB sowie die ungeschriebene schwere Folge bei der Beteiligung an einer Schlägerei nach § 231 StGB zu nennen, bei der man für die schwere Folge bestraft werden kann, ohne dass sich der Wille auf die objektive Strafbarkeitsbedingung bezogen haben muss. Dies ist insbesondere unter der Voraussetzung möglich, dass das Risiko der schweren Folge für jedermann erkennbar gewesen ist. Sinnvoll erscheint diese Vorgehensweise speziell bei Massenschlägereien, bei denen im Nachhinein nicht mehr festgestellt werden kann, wer für die schwere Folge ursächlich gewesen ist.6

  • 1. Rengier, AT, § 14, Rn. 37.;Kühl, AT, § 5, Rn. 13.; Heinrich, AT, Rn. 266.; Satzger/Schmitt/Widmaier/Momsen, §§ 15, 16, Rn. 9ff.)
  • 2. Kühl, AT, § 5, Rn. 13.; Heinrich, AT, Rn. 266.
  • 3. Satzger/Schmitt/Widmaier/Momsen, §§ 15, 16, Rn. 13.; Heinrich, AT, Rn. 266 iVm. 133.; Kühl, AT, § 5, Rn. 18.
  • 4. Heinrich, AT, Rn, 133.; Wessels/Beulek, AT, § 5, Rn. 148.
  • 5. Wessels/Beulke, AT, § 5, Rn. 148.; Heinrich, AT, Rn. 133.
  • 6. Wessels(Beulke, AT, § 5, Rn.149.; ähnlich Heinrich, AT, Rn. 133.; Kühl, AT, § 5, Rn. 18.