aa) Pflichtwidriges Vorverhalten
Fraglich ist im Hinblick auf die Qualität des pflichtwidrigen Vorverhaltens, ob das geschaffene Risiko bzw. die eigens gesetzte Gefahr unerlaubt, also rechtlich missbilligt sein muss, oder ob jedes riskante aber dennoch erlaubte Risiko eine Garantenstellung begründet.1
Einer Mindermeinung zufolge, soll ein grundsätzlich zwar erlaubtes, aber trotzdem riskantes Verhalten bereits zur Begründung einer Garantenpflicht aus Ingerenz genügen. Als Begründung wird angeführt, es entspreche dem Verantwortungsgefühl für alle Auswirkungen des eigenen Verhaltens auch einzustehen.2
Nach der h.M. begründet hingegen allein die Schaffung eines unerlaubten Risikos eine Garantenstellung aus vorausgegangenem gefährlichen Tun. Das Vorverhalten muss also (objektiv) pflichtwidrig gewesen sein.3 Die Ansicht des pflichtwidrigen Vorverhaltens lässt sich insbesondere an Hand fahrlässiger oder vorsätzlicher Fehlverhalten erklären, die später eine Gefahrenlage nach sich ziehen und dies besonders dann, wenn die anschließende Gefahrenlage über das hinausgeht, was die Vortat erfasst.4 So z.B. wenn der Kraftfahrer das Opfer „nur“ fahrlässig (oder vorsätzlich) verletzt, dieses dann aber auf Grund des Liegenlassens an den Verletzungen verstirbt. In diesem Fall verdrängt das Unterlassen das vorangegangene Begehen.