4. Die Vereinigung von Ernstnahmetheorie und Billigungstheorie

Einer Ansicht zufolge, erscheint eine Zusammenfassung beider Theorien sinnvoll, da sie sich bezogen auf ihren Inhalt nicht unterscheiden würden.1

Es wird abermals begründend angeführt, dass nach der Rechtsprechung das „Billigen“ des für möglich gehaltenen Erfolgseintritt „im Rechtssinne“ zu verstehen sei. Das bedeutet, dass der Täter den Erfolg auch dann billige, wenn er ihm höchst unerwünscht ist, er sich jedoch damit abgefunden hat.2 Der Täter nehme dann den möglichen Erfolg in seinen Tatplan auf und somit auch in seinen Willen - im Ergebnis bestünde demnach kein Unterschied zwischen beiden Theorien. Vielmehr habe sich die Rechtsprechung der h.M. der Literatur auch terminologisch angeschlossen und sei heute nur noch als Variante eben dieser zu begreifen.3

Eine widerstreitende Ansicht konstatiert jedoch, dass eine Zusammenfassung bzw. Gleichsetzung der Ernstnahme- mit der Billigungstheorie zweifelhaft sei. Als Begründung wird insbesondere angeführt, dass die Rechtsprechung entgegen der Literatur andere Maßstäbe an das kognitive Vorsatzelement namentlich das Wissenselement anlegt. So soll laut BGH der Erfolgseintritt von dem Täter für möglich bzw. nicht ganz fernliegend gehalten werden, bei gleichzeitiger Inkaufnahme eben dieser Tatbestandsverwirklichung. Demgegenüber fordert die Literatur nach der herrschenden Ernstnahmetheorie, dass der Täter den Erfolgseintritt ernstlich für möglich halten soll. Darüber hinaus verwendet die Literatur den Begriff des „billigend in Kauf nehmen“ nicht, weswegen eine terminologische Gleichstellung beider Theorien gänzlich abwegig sei.4

  • 1. Satzger, Jura 08, 112 (118).; Kühl, AT, § 5, Rn.85.; Rengier, AT, § 14, Rn. 27ff.; ähnlich auch Roxin, AT I, § 12, Rn. 39.
  • 2. Satzger, Jura 08, 112 (118).; Wessels/Beulke, AT, § 7, Rn. 221.; vgl. auch BGHSt 7, 363.
  • 3. Roxin, AT I, § 12, Rn. 39.
  • 4. Krey/Esser, AT, § 12, Rn. 392.