I. Subjektive Sorgfaltspflichtverletzung und subjektive Voraussehbarkeit der Tatbestandsverwirklichung

Aus dem Schuldprinzip ergibt sich, dass man auch die individuellen Fähigkeiten und Kenntnisse des Täters prüfen muss und gegebenenfalls danach fragt, ob er nach seinen persönlichen Fähigkeiten und seinem Können in der Lage gewesen ist, die objektiv gebotene Sorgfalt einzuhalten und den Erfolg vorauszusehen. Fehlen dem Täter solche Fähigkeiten, kann ihm die Tat nicht vorgeworfen werden, auch wenn sie unrechtmäßig war. Kriterien für eine Verneinung der subjektiven Fahrlässigkeit können sein: Gedächtnisschwächen oder Intelligenzmängel, Erfahrungsmängel oder Wissenslücken, Verwirrung, Schrecken oder Altersabbau.1

Weiterhin wird bei der individuellen Fahrlässigkeit auch die subjektive Voraussehbarkeit des Erfolgs gefordert. Nach der Rechtsprechung muss der Täter jedoch nicht alle Einzelheiten der Folgen seines Handelns voraussehen. Für die subjektive Voraussehbarkeit gelten gesetzliche Normvorschriften oder ungesetzliche Verhaltensregeln. Deshalb kann sich der Täter nicht auf seine Unschuld berufen, wenn er sich wissentlich über gesetzliche Vorschriften hinweggesetzt hat und dann in diesem Zusammenhang einen Unfall verursacht.2

  • 1. Rengier, § 52, Rn. 82 ff.; Krey/Eser, Rn. 1365; Schmidt, Rn. 881
  • 2. BGHSt 53, 55, 59; Kühl, § 17, Rn. 92; BeckOK-StGB/Beckemper § 222, Rn. 20.